Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss mit Gesichtsmaske
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„Ibiza“-Ausschuss

Unterbrechungen überschatten Befragung

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Glücksspielkonzerns, Harald Neumann, hat am Dienstag im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss alle Vorwürfe von sich gewiesen. Weder gab es verdeckte Spenden an politische Parteien, noch habe die Novomatic versucht, Gesetze zu kaufen. Neumann sorgte mit Entschlagungen für mehrere Sitzungsunterbrechungen und Debatten.

„Novomatic zahlt alle“, hatte der damalige FPÖ-Chef und spätere Vizekanzler unter ÖVP und FPÖ, Heinz-Christian Strache, im Sommer 2017 auf Ibiza einer vermeintlichen Oligarchennichte gesagt. Neumann, der als Auskunftsperson den Abgeordneten Rede und Antwort stand, sagte, dass diese Aussage „nur falsch sein kann“. Strache habe sich bei den Verantwortlichen des Glücksspielkonzerns – und auch bei allen anderen, die er als Großspender im „Ibiza-Video“ bezeichnet hatte – entschuldigt. „Ich glaube dem Herrn Strache“, so der ehemalige Novomatic-Chef.

Über Gerüchte, wie Strache seine damaligen Äußerungen in seiner Befragung vergangene Woche im Ausschuss bezeichnet hatte, könne und wolle er sich nicht äußern, so Neumann. Die Auskunftsperson sagte bereits in einer einleitenden Stellungnahme, dass der Konzern keine verdeckten Spenden an politische Parteien tätigte, noch einen „Deal“ über Glücksspiellizenzen aushandelte. Die Kooperationsvereinbarung mit dem Institut für Sicherheitspolitik (ISP) des ehemaligen FPÖ-Nationalratsabgeordneten Markus Tschank kenne er. Die Kooperation gehe noch bis nächstes Jahr, mehr wolle er dazu nicht sagen.

Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss mit Gesichtsmaske
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Ex-Novomatic-Chef Neumann ließ Fragen oft unbeantwortet und machte laufende Verfahren dafür geltend

Keine Antworten auf Termine

Es wird vermutet, dass die Novomatic unter anderem über das ISP an die FPÖ gespendet hat, also am Rechnungshof (RH) vorbei, wie Strache im „Ibiza-Video“ diese legale Variante erklärt hatte. Das ist allerdings nur ein Vorwurf, dem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nachgeht. Der internationale Glücksspielkonzern mit Sitz in Niederösterreich steht im Verdacht, den ehemaligen FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo in den Vorstand der Casinos Austria AG (CASAG), wo Novomatic bis vor wenigen Monaten eine der größten Eigentümerin war, gehievt zu haben. Im Gegenzug sollen der Novomatic Glücksspiellizenzen in Aussicht gestellt worden sein. Alle Beteiligten weisen die Vorwürfe zurück, es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Befragung wurde allerdings von Entschlagungen und Debatten zur Geschäftsordnung überschattet. Neumann wollte wegen laufender strafrechtlicher Ermittlungen auf Fragen, die eben auch Gegenstand der Verfahren sind, nicht antworten. Grundsätzlich stand unter anderem eine „Preisliste“ für Casino- und Onlinelizenzen, die bei einer Hausdurchsuchung im März 2020 gefunden wurde, im Fokus. Ermittler und Ermittlerinnen vermuten zwei Casinolizenzen im Wert von 1,5 Millionen Euro und eine Onlineglücksspiellizenz um den gleichen Betrag. Brisant wird die Notiz, weil auf der ersten Seite „Termin vor Weihnachten Fuchs“ zu lesen ist. Es könnte sich um Hubert Fuchs (FPÖ), Ex-Staatssekretär im Finanzministerium in der ÖVP-FPÖ-Regierung, handeln.

Die Novomatic hat die „Vermutungen und Unterstellungen“ bereits zurückgewiesen. Auf die Frage, ob es einen Termin mit Fuchs gab, wollte bzw. konnte Neumann nicht eingehen. Er habe noch keine Einsicht in die Ermittlungsakten bekommen, so der ehemalige Novomatic-Manager. Angesprochen auf Termine von Novomatic-Gründer und -Alleinaktionär Johann Graf blieb Neumann schweigsam. Aber: „Professor Graf ist ein sehr eigenständiger Mann, der seine Termine alleine organisiert und regelt.“

Befragung mehrmals unterbrochen

Auch bei anderen Chatprotokollen, die laut WKStA den Korruptionsverdacht erhärten würden, entschlug sich Neumann. So etwa Fragen zum Handychat mit dem damaligen Novomatic-Sprecher Bernhard Krumpel aus dem Jahr 2017, in dem es um das Thema Parteispenden geht. Krumpel schrieb, dass KTM-Chef Stefan Pierer alle Wahlkampfspenden an die ÖVP verdoppeln werde. Neumann zeigte sich unbeeindruckt und antwortete: „wir haben noch etwas besseres vor;))hat dir S. (Novomatic-Manager, Anm.) schon erzählt???“ Krumpel antwortete: „Ja FP hat mich angerufen, tschank ist alter freund von mir bin da voll eingebunden: hab u.a. gerade den brief an die Parteien entworfen und geschickt.:-)“

Kai Jan Krainer (SPÖ) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer meldete sich zur Geschäftsordnung, um Neumann zur Beantwortung zu bringen

Nach mehreren Rufen zur Geschäftsordnung und zwei Besprechungen der Fraktionschefinnen und -chefs, des Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) und der Verfahrensrichterin Ilse Huber wurde die Befragung nicht ergiebiger. Als die SPÖ nach seinen beruflichen Zielen für 2018 und 2019 fragte, die auf seinem Handy gefunden worden waren, entschlug sich Neumann abermals. Auf dem Handy fand sich etwa der Eintrag „Österreich eine Kasinolizenz plus Online … in Arbeit“ für 2018. Für 2019 hieß es dann unter anderem „neuer Casag Vorstand … Peter Sidlo erledigt“ und auch wieder „Online Lizenz“.

Neumann entschuldigte sich, dass er sich wegen laufender Verfahren entschlagen müsse, sonst setze er sich einer strafrechtlichen Verfolgung aus. Die Verfahrensrichterin bestätigte diese Begründung, da sich Neumann mit Aussagen im U-Ausschuss belasten könnte. SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer kündigte allerdings an, dass man bei Vorliegen des stenografischen Protokolls die Entschlagungsgründe nochmals prüfen werde. Auch Ausschussvorsitzender Sobotka sagte zu Neumann, dass der U-Ausschuss Beugestrafen verhängen könnte.

Sponsoring und London-Treffen im Fokus

Sobotka war selbst – indirekt – Thema im Ausschuss. Krainer fragte Neumann über Sponsoringaktivitäten der Novomatic aus. Gefragt, ob der Glücksspielkonzern auch mit dem Dr.-Alois-Mock-Institut eine Sponsoringvereinbarung hat, antwortete Neumann mit Ja. Mehr könne er dazu aber nicht sagen, weil Sponsoringaktivitäten nicht in seinen Aufgabenbereich in der Novomatic gefallen seien. Dass der SPÖ-Fraktionschef diese Frage stellte, hat freilich einen Grund: Zuletzt hatten NEOS und SPÖ mehrmals dem Ausschussvorsitzenden Sobotka Befangenheit vorgeworfen. Er ist Präsident des Instituts.

Christian Hafenecker (FPÖ) im „Ibiza“-Untersuchungsauasschuss
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FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker nahm in den Befragungen die ÖVP ins Visier

Auch NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper wollte mehr über das Verhältnis zwischen der Novomatic und Sobotka erfahren. Neumann entschlug sich allerdings mehrmals, auch wenn die Frage anders gestellt wurde. „Jetzt wird es kafkaesk“, sagte Krisper. SPÖ und Grüne pflichteten ihr bei. „Ich kann nicht erkennen, zu welchem Beweisthema diese Frage gehört“, rechtfertigte sich Neumann. Nach einer Beratung mit Verfahrensrichterin Huber entschied der Vorsitz, dass die Entschlagung zulässig ist. SPÖ, Grüne und NEOS reagierten empört.

Die FPÖ lenkte die Befragung hingegen auf eine andere Ebene. Sie frage den Ex-Glücksspielmanager, ob ein Staatssekretär für Glücksspiellizenzen verantwortlich sei. Neumann weiß nach eigenen Angaben nicht, ob dieser zuständig sei, denn eigentlich wäre die Kompetenz beim Finanzminister gelegen. Zu einem Treffen zwischen Novomatic, dem damaligen Finanzstaatssekretär Fuchs und der damaligen Casinos-Vorständin und damaligen ÖVP-Vizechefin Bettina Glatz-Kremsner bei der Londoner Glücksspielmesse im Februar 2019 ging Neumann nicht näher ein. Auf FPÖ-Frage, ob das Treffen Wunsch von Glatz-Kremsner gewesen sei: Man solle sie fragen.

Parlamentarische Anfrage selbst beantwortet?

Wie eng die Verbindungen zwischen Novomatic und politischen Entscheidungsträgern waren, wollte NEOS-Fraktionsführerin Krisper von Neumann wissen. Sie legte mehrere Dokumente vor, die ihrer Meinung nach eine Verflechtung darlegen würden. Eine parlamentarische Anfrage aus dem Jahr 2017 soll zugunsten der Novomatic vom damals ÖVP-geführten Finanzministerium beantwortet worden sein. In der Anfrage von Peter Pilz (damals Grüne) ging es unter anderem um die glücksspielrechtliche Zuverlässigkeit von Novomatic.

NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper im „Ibiza“-Untersuchunsgausschuss
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NEOS-Fraktionschefin Krisper wollte mehr das „Netzwerk Novomatic“ wissen: Es gab dazu wenige Antworten

Als Grundlage diente Krisper eine SMS-Konversation zwischen Neumann und der zuständigen Fachreferentin im Kabinett des damaligen Finanzministers Hans Jörg Schelling (ÖVP). Neumann schrieb laut der NEOS-Abgeordneten, ob das Ministerium Hilfe bei der Beantwortung „bez Casag Kauf durch Novo“ benötige. „Ja, bitte“, kam als Antwort zurück. Neumann schrieb daraufhin: „Lasse Dir die Fragen von unseren RA beantworten und Du entscheidest dann was du nimmst.“ Im Ausschuss entschlug sich Neumann abermals.

Der europäische Markt ist laut Neumann kein Markt für Casinos, mit Casinos sei nicht so viel Gewinn zu machen. Dass die Novomatic trotz dieser Ansicht 2015 in die CASAG, also weiter in das Casinogeschäft in Europa, eingestiegen sei, sei eine strategische Entscheidung gewesen, das könne aber aufgrund von Geschäftsgeheimnissen nicht näher erläutert werden. Dass man letztlich die Anteile an der CASAG verkauft habe, sei wegen der Entwicklungen im teilstaatlichen Unternehmen geschehen.