ABD0122_20150709 – SALZBURG – …STERREICH: Der Aufbau der „Jedermann“-BŸhne und SitzplŠtze fŸr 2.544 Besucher am Domplatz, am Donnerstag, 9. Juli 2015. Heute findet die erste Probe zum heurigen „Jedermann“ am Domplatz statt. – FOTO: APA/BARBARA GINDL
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Salzburger Festspiele

Starkes Krisenprogramm und strenge Regeln

Angesichts der bis vor Kurzem noch so düsteren Prognosen für den Kultursommer fällt das Programm der Salzburger Festspiele heuer viel stärker aus, als für möglich gehalten wurde. So wird es im 100. Jahr des Festivals nicht nur einen „Jedermann“ auf dem Domplatz geben, sondern auch ein einmonatiges Programm an sieben weiteren Spielstätten – durchgehend unter strengen Sicherheitsauflagen.

Die sehr späte Entscheidung darüber, ob und wie die Festspiele heuer aussehen sollten, sei „eine Mischung aus Hoffnung, Traum und vielleicht auch Intuition gewesen“, so Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler – sie selbst habe keine Minute daran gezweifelt, dass das Festival stattfinden werde, sagte sie am Dienstag.

Angesichts der nach wie vor geltenden Coronavirus-Beschränkungen für Veranstaltungen fällt das Programm deutlich schlanker aus, als es im Jubiläumsprogramm geplant war. „Wir werden Festspiele erleben mit deutlich weniger Veranstaltungen, mit einem deutlich geringeren Kartenangebot und damit auch weniger Zuschauern“, so Intendant Markus Hinterhäuser. Es würden jedoch Festspiele, die jedem Sicherheitsanspruch gerecht werden würden.

Eröffnungswochenende statt Festakt

Das Jubiläum zum 100-jährigen Bestand des Festivals beginnt heuer am 25. Juli mit der Eröffnung der Landesausstellung „Großes Welttheater – 100 Jahre Salzburger Festspiele“. Einen offiziellen Festakt zur Eröffnung gibt es nicht – stattdessen gehen am ersten August-Wochenende gleich vier große Premieren über die Bühne. „Elektra“ von Richard Strauss, unter der Regie von Krzysztof Warlikowski und der musikalischen Leitung von Franz Welser-Möst bildet den Auftakt – ein Werk mit „überschaubarer Dauer und überschaubarem Personaleinsatz“, so Hinterhäuser. 14-mal wird Michael Sturmingers „Jedermann“-Inszenierung zu sehen sein, erstmals mit Caroline Peters als Buhlschaft an der Seite von Tobias Moretti in der Titelrolle.

Schauspielerin Caroline Peters
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Caroline Peters wird im Coronavirus-Ausnahmejahr als Buhlschaft zu sehen sein

Erste Frau am Pult einer Salzburger Opernpremiere

Am zweiten Tag des Eröffnungswochenendes wird erstmals in der Festspielgeschichte eine Opernpremiere von einer Frau dirigiert: Joana Mallwitz leitet die Wiener Philharmoniker in der überraschend ins Programm genommenen Oper „Cosi fan tutte“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Anstelle der ursprünglich geplanten Mozart-Opern „Die Zauberflöte“ und „Don Giovanni“ (beide werden auf 2021 verschoben) sei es eine spontane Idee von Hinterhäuser und Regisseur Christof Loy gewesen, eine „Cosi“ ohne große Bühnenmaschinerie und mit deutlich reduzierter Probenzeit auf die Bühne zu bringen.

Opernproduktionen

  • „Elektra“ von Richard Strauss (Premiere: 1. August, Felsenreitschule)
  • „Cosi fan tutte“ von Wolfgang Amadeus Mozart (Premiere: 2. August, Großes Festspielhaus)

Schauspielproduktionen

  • „Jedermann“ von Hugo von Hoffmansthal (Premiere: 1. August, Domplatz)
  • „Zdenek Adamec“ von Peter Handke (Premiere: 2. August, Landestheater)
  • „Everywoman“ von Milo Rau/Ursina Lardi (Premiere: 19. August, Szene Salzburg)

Mit Peter Handkes „Zdenek Adamec: Eine Szene“ im Landestheater inszeniert Friederike Heller die erste von heuer zwei Uraufführungen im Festspielprogramm. Die zweite ist eine Koproduktion mit dem Titel „Everywoman“, stammt von Milo Rau und Ursina Lardi und stellt sich ausgehend von der mittelalterlichen „Jedermann“-Vorlage die Frage, ob es noch Erlösung geben kann.

Fünf Jedermänner, drei Buhlschaften

Das „Jedermann“-Jubiläum wird neben der Domplatzaufführung durch ein Lesungsprogramm gefeiert, für das neben dem amtierenden Jedermann-Buhlschaft-Paar Moretti und Peters gleich mehrere ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger (Senta Berger, Sunnyi Melles, Klaus Maria Brandauer, Peter Simonischek, Cornelius Obonya und Philipp Hochmair) gewonnen werden konnten.

Deutlich reduziert, mit 53 Terminen in einem Monat dennoch wirklich umfangreich ist das Konzertprogramm. Wie im Opern- und Schauspielprogramm sollen die ausfallenden Produktionen – darunter auch die schon traditionelle Auftaktwoche „Ouverture spirituelle“ – im kommenden Jahr nachgeholt werden, so Konzertchef Florian Wiegand.

Im Konzertprogramm finden sich vier Konzerte der Wiener Philharmoniker, die „Berliner“ werden ihre üblichen zwei Auftritte zum Ausklang des Festivals absolvieren, weitere Gastorchester sind das West Eastern Divan Orchestra und das Radio-Symphonieorchester Wien. Während das Beethoven-Jahr vielerorts der Pandemie zum Opfer fiel, wird das für Salzburg ursprünglich geplante Vorhaben auch umgesetzt: der Beethoven-Zyklus, bei dem Igor Levit an acht Abenden alle 32 Klaviersonaten des Komponisten spielen wird.

Der Kaufmännische Direktor Lukas Crepaz, Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und Intendant Markus Hinterhäuser.
APA/Barbara Gindl
Das Direktorium der Salzburger Festspiele – der kaufmännische Direktor Lukas Crepaz, Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und Intendant Markus Hinterhäuser – präsentierten das modifizierte Programm für den heurigen Sommer

Keine Pausen, Schachbrettmuster, Maskenpflicht

Statt der ursprünglich aufgelegten rund 242.000 Karten werden heuer nur rund 80.000 Zuschauerinnen und Zuschauer Einlass finden können – denn obwohl dank der jüngst verkündeten Lockerungsmaßnahmen ein deutlich größeres Publikum zugelassen ist, gilt es die Abstandsregeln einzuhalten. Je nach Spielstätte bedeutet das Schachbrettmuster und „andere Formen der Sitzbelegung“, wenn mehr als ein Meter Abstand zu dahinterliegenden Sitzplätzen verfügbar ist. Anders als theoretisch gesetzlich erlaubt müssen auch Familienmitglieder und gemeinsam in einem Haushalt lebende Personen mit Abstand in den Vorstellungen sitzen.

Außer auf dem Sitzplatz wird eine generelle Maskenpflicht gelten. Pausenbuffets wird es nicht geben – alleine, weil gar keine Pausen vorgesehen sein werden –, genauso wenig wie Bewirtung vor oder nach den Vorstellungen. Mit personalisierten Eintrittskarten und einer Ausweispflicht bei der Ticketkontrolle soll sichergestellt werden, dass im Verdachtsfall im Nachhinein ein schnelles „Contact-Tracing“ erfolgen kann.

Info-Schild mit der Aufschrift: „Anniversary Exhibition Salzburg Museum until 31.10.2021“
ORF.at/Gerald Heidegger
Das Jubiläum beginnt am 25. Juli mit der Eröffnung der Landesausstellung „Großes Welttheater – 100 Jahre Salzburger Festspiele“

Auch hinter der Bühne gelten strenge Auflagen, etwa ein verpflichtender Coronavirus-Test vor Vertragsbeginn. Mitwirkende, die auf der Bühne die Abstandsregeln nicht einhalten können, werden einem durchgängigen PCR-Screening unterzogen.

Geburtstagsüberraschung zum 100er

Der ORF wird zum Jubiläum der Salzburger Festspiele ab Juli eine besondere Überraschung präsentieren: ORF.at hat gemeinsam mit der TV-Kultur und dem ORF-Archiv ein Projekt entwickelt, das ungeahnte Seiten der Geschichte der Festspiele zeigen kann – und einen neuen Blick auf Österreich ermöglicht. Verraten sei so viel: Die Zahl 100 wird einen wichtige Rolle in diesem Digitalprojekt spielen.