Matthias Purkart, Oberstaatsanwalt in der WKStA
APA/Helmut Fohringer
„Ibiza“-U-Ausschuss

WKStA sah sich von SoKo „brüskiert“

Am Dienstagnachmittag ist Oberstaatsanwalt Matthias Purkart von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss befragt worden. Im Fokus lagen dabei aber nicht nur die Ermittlungen rund um die „Ibiza-Affäre“, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen WKStA und „SoKo Ibiza“ – anfangs habe es „Bauchweh“ und Ärger gegeben.

Dass man erst aus den Medien über die Sicherstellung des „Ibiza-Videos“ durch die zuständige Sonderkommission erfahren habe, sei von der WKStA als Leiterin des Ermittlungsverfahrens schon als „brüskierend“ empfunden worden, so Oberstaatsanwalt Purkart. Das sei „nicht vertrauensbildend“ gewesen – schließlich sage der „Hausverstand, dass wir das als Leiterin des Verfahrens hätten erfahren müssen“, so Purkart. Am Montag wurde das „Ibiza-Video“ von der SoKo an die WKStA weitergegeben.

Auch habe ihm die Zusammenarbeit der SoKo zu den „Ibiza“-Ermittlungen mit der WKStA anfänglich „Bauchweh“ bereitet. Die Gruppe aus dem Bundeskriminalamt bestehe zumindest aus 20 Leuten, sagte der Oberstaatsanwalt. Mit drei Beamten bzw. Beamtinnen habe die WKStA Kontakt. Was die anderen machen, wisse Purkart nicht. Mängel gab es zum Beispiel bei der Sicherstellung des Handys von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Das sei das „Herz“ der Sache gewesen, deshalb habe man sogar einen Leitfaden dazu erarbeitet.

„Da waren Ermittlungen wieder am Ende“

Schließlich sei dieser aber überflüssig gewesen, weil Strache zwar ein entsperrtes Handy übergeben hatte, die „SoKo Ibiza“ sich aber darum nicht gekümmert habe. Das Handy wurde deshalb wieder gesperrt. „Da waren die ‚Ibiza‘-Ermittlungen, so kann man sagen, wieder am Ende“, sagte Purkart. Der Ex-FPÖ-Chef habe sich aber kooperativ gezeigt und das Handy später wieder entsperrt. Als Bedingung musste die WKStA die Korrespondenz zwischen Strache und dessen Anwalt löschen. Das sei nur fair gewesen, sagte Purkart. Man habe sich aber geärgert, dass das falsch gelaufen sei, obwohl alles ausführlich besprochen gewesen war.

Matthias Purkart, Oberstaatsanwalt in der WKStA, verlässt das Lokal VII
ORF.at/Carina Kainz
Die Befragung Purkarts war nach etwa drei Stunden beendet

Später erzählte Purkart, dass die IT-Experten der WKStA Nachrichten im Messengerdienst Signal auslesen konnten. Die WKStA habe die SoKo gefragt, ob sie die Signal-Nachrichten selbst entschlüsseln könne. Das hätten sie – Anhänge ausgenommen – nicht gekonnt. „Unsere IT-Experten haben es dann geschafft, auch die Nachrichten lesbar zu machen“, gab Purkart an. Das habe man dann auch der „Soko Ibiza“ mitgeteilt.

„Da hat es uns die Augen rausgehaut“

Bei der ersten Hausdurchsuchungswelle sei auch viel Papier beschlagnahmt worden, schilderte Purkart – die SoKo habe Scans an die WKStA übermittelt. Die Qualität sei schrecklich gewesen, „da hat es uns die Augen rausgehaut“, so Purkart. Den gedruckten Auszug aus Aufzeichnungen von Casinos-Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner, die wegen eines Schattens unleserlich von der SoKo gekommen waren, präsentierte er auch dem Ausschuss.

„Im Original war das aber sehr wohl lesbar“, sagte die Auskunftsperson. Das Verdeckte sei ein Termin zwischen Rothensteiner, dessen Stellvertreter Josef Pröll und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gewesen, sagte der Staatsanwalt aus. Demnach ging es beim Treffen offenbar um eine womöglich angedachte, im Verlauf des Ausschusses aber nicht näher erläuterte Holdinglösung für die Casinos Austria und eine Vorstandsbestellung ohne Ausschreibung.

NEOS-Fraktionsvorsitzende Stefanie Krisper thematisierte weitere unleserliche Unterlagen. Eine „Mappe Sazka“ (Sazka ist Haupteigentümer der Casinos, Anm.) sei gar nicht eingescannt worden von der SoKo. Auch bei Unterlagen zu Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus seien Passwörter auf dem von der SoKo übermittelten Einscannung nicht lesbar gewesen – im Original sei das aber möglich gewesen, hieß es im Ausschuss.

Streit mit SoKo „versachlichen“

Im Ausschuss wollte Purkart den Streit mit der „SoKo Ibiza“, der medial beschrieben wird, aber „versachlichen“. Die Zusammenarbeit mit den drei Personen laufe gut, sagte der Oberstaatsanwalt. Dass ein Beamter, Niko R., allerdings Strache eine SMS schrieb („Lieber HC, ich hoffe auf den Rücktritt vom Rücktritt. Die Republik braucht dich“, Anm.) und dieser Beamte auch noch mit einem weiteren Beschuldigten sprach sowie Beweise entgegennahm, habe das Vertrauen untereinander nicht gestärkt. Die WKStA habe hier „zumindest einen Anschein“ der Befangenheit geortet. „Es reicht der Anschein. Es heißt nicht, dass es so sein muss“, sagte Purkart.

Schmid setzte Handy zurück

Auch bei der Hausdurchsuchung beim Chef der Staatsholding ÖBAG, Thomas Schmid, gab es offenbar ein Problem. Schmid habe sein Handy nicht entsperrt, obwohl er darauf hingewiesen worden sei, dass dies die Untersuchung erleichtern würde. Da Purkart aber nicht bei der Razzia war, konnte er dazu nichts sagen. Dass die Herausgabe eines Sperrcodes verweigert werde, gebe es öfters. „Das ist auch das Recht eines Beschuldigten.“ Später habe Schmid den Entsperrcode über einen Verteidiger bekanntgeben – gegen Löschung privater Daten. Das sei in Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und dem Anwalt von Schmid geschehen.

Schmid habe sein Handy zurückgesetzt und etwa auch WhatsApp gelöscht – warum, müsse man Schmid fragen, so der Staatsanwalt. „Wir haben sehr viele Chatnachrichten wiederherstellen können.“ Im Rahmen der laufenden Auswertung wollte Purkart vor dem U-Ausschuss aber keine Auskunft zu einzelnen Nachrichten, Personen und Sachverhalten geben. „Ich denke, dass dies die einzelnen Ermittlungen gefährden könnte.“ Im Akt finden sich laut SPÖ Chatnachrichten zwischen Novomatic-Chef Neumann und Schmid. Die Einschätzung, ob es für Postenschacher einen Partner brauche, wie Graf fragte, wollte Purkart nicht abgeben.

Auf Nachfragen zu einem Chatverlauf von Strache mit Kurz sagte Purkart, dass dazu Strache zuletzt im U-Ausschuss „nicht gelogen“ habe. Es gebe solche Nachrichten – eine Relevanz wollte der Staatsanwalt mit Verweis auf die Ermittlungen nicht nennen. Dem U-Ausschuss liegen bisher keine Nachrichten des ehemaligen Spitzenduos der ÖVP-FPÖ-Koalition vor.