Ein Taucher hält unter Wasser mehrere Schutzmasken und Einweghandschuhe
Reuters/Operation Mer Propre/Laurent Lombard
„Covid-Müll“

Masken und Handschuhe landen im Meer

Die Weltmeere haben schon jetzt ein Abfallproblem – und die Coronavirus-Pandemie drohe die Lage weiter zu verschärfen, warnen Umweltschutzorganisationen. Einwegmasken, Schutzhandschuhe und leere Desinfektionsmittelflaschen könnten tonnenweise in den Ozeanen landen. Besonders vom „Covid-Müll“ betroffen ist das Mittelmeer.

Bereits Ende Mai schlug die französische NGO Operation Mer Propre Alarm. Die Aktivistinnen und Aktivisten sammeln regelmäßig Müll an den Stränden der Cote d’Azur und bei Tauchgängen vor der französischen Mittelmeerküste ein. Neben den üblichen Abfällen wie Einwegbechern und Aludosen seien die Taucher im Wasser auf Dutzende Handschuhe, Schutzmasken und Desinfektionsmittelflaschen gestoßen, sagte Joffrey Peltier von Operation Mer Propre dem „Guardian“.

Die gefundenen Mengen an „Covid-Müll“ seien zwar nicht übermäßig groß gewesen, sagte Peltier. Die Entdeckung liefere aber Hinweise auf eine neue Art der Verschmutzung, die in den Meeren allgegenwärtig werden könnte, wenn nichts getan werde, so der Umweltaktivist.

Eine Schutzmaske und Einweghandschuhe neben Getränkedosen am Meeresgrund
AP/Operation Mer Propre
Umweltaktivisten warnen vor der zunehmenden Verschmutzung der Meere durch Einwegmasken und Schutzhandschuhe

Frankreichs Regierung will Strafen erhöhen

Rund um den Globus haben sich während der Coronavirus-Pandemie Millionen Menschen mit Einwegprodukten – meist aus Plastik – eingedeckt. Allein die französischen Behörden hätten zwei Milliarden Stück Einwegschutzmasken bestellt. Man laufe Gefahr, „bald mehr Masken als Quallen im Mittelmeer“ zu haben, schrieb ein Aktivist von Operation Mer Propre auf Facebook zu einem Bild, das mit Algen umwickelte Schutzmasken und Handschuhe zeigt, die vor der südfranzösischen Ortschaft Antibes aus dem Meer gefischt wurden.

Die von der NGO veröffentlichen Bilder des „Covid-Mülls“ lösten in Frankreich Empörung aus. Die Regierung kündigte an, die Strafen für das Verunreinigen des öffentlichen Raumes zu erhöhen. Wer seinen Müll auf der Straße entsorgt, soll künftig mindestens 135 Euro Bußgeld zahlen. Die Höchststrafe soll bei 750 Euro liegen. „Plastikmüll in Verbindung mit der Covid-19-Krise erinnert uns daran, dass wir, wenn wir saubere Meere haben wollen, mit sauberen Straßen beginnen müssen“, twitterte das Regierungsmitglied Brune Poirson.

Acht Mio. Tonnen Plastik landen jedes Jahr in den Meeren

Schätzungen des UNO-Umweltprogramms (UNEP) zufolge landen weltweit jedes Jahr acht Millionen Tonnen Plastik in den Meeren. Für mehr als die Hälfte der Menge sind laut einem Bericht der Organisation Ocean Conservancy fünf Staaten in Asien verantwortlich – China, Indonesien, die Philippinen, Vietnam und Thailand.

Auch im Mittelmeer ist die Müllmenge in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Laut einer im Vorjahr vom französischen Meeresforschungsinstitut Ifremer veröffentlichten Langzeitstudie lag die Belastung in den 1990ern bei hundert Müllteilen pro Quadratkilometer, 2015 wurden 300 Müllteile pro Quadratkilometer verzeichnet. Plastikmüll mache mehr als 60 Prozent dieser Abfälle aus. Bei einer vergleichbaren Studie in der Nordsee wurden nach Angaben von Ifremer 50 Müllteile pro Quadratkilometer festgestellt.

Eine Schutzmaske auf einem Strand
APA/AFP/Christina Assi
Schon jetzt gelangen jährlich acht Millionen Tonnen an Plastikabfällen ins Meer

Plastikmüll stellt im Mittelmeer ein besonderes Problem dar. In dem Binnenmeer konzentrieren sich laut einem Bericht des WWF sieben Prozent des globalen Mikroplastiks, obwohl das Mittelmeer gerade einmal ein Prozent der weltweiten Wasserfläche ausmache. Das größte Problem sei mangelhaftes Recycling in den Anrainerstaaten, so der WWF. Nur ein Drittel der jährlich anfallenden 27 Millionen Tonnen Plastikmüll werden laut der NGO wiederverwertet.

Masken auf unbewohnten Inseln angeschwemmt

Auch in Asien werden nicht fachgerecht entsorgte Masken zunehmend zum Problem. Die NGO OceansAsia berichtete bereits Ende Februar von Masken, die auf den zu Hongkong gehörenden, größtenteils unbewohnten Soko-Inseln angeschwemmt wurden. „Auf einem Strandabschnitt von 100 Metern Länge haben wir 70 Masken gefunden“, sagte Gary Stokes von OceansAsia. Eine Woche später seien weitere 30 Masken entdeckt worden, „und das auf einer unbewohnten Insel mitten im Nirgendwo“, so Stokes weiter.

Der Umweltschützer vermutet, dass die Masken nicht nur durch menschliche Unachtsamkeit ins Meer gelangen, sondern auch vom Wind dorthin getragen werden. Die Masken seien nichts anderes als eine weitere Form von Treibgut, sagte Stokes, ähnlich wie Plastiksackerln oder Plastiktrinkhalme. Nichtsdestoweniger seien sie eine Gefahr für Meerestiere.

In den Gewässern rund um die Soko-Inseln kommen Delfine und Schweinswale vor. In regelmäßigen Abständen würden tote Exemplare dieser Meeressäuger an Land gespült werden. Seine Organisation rechne damit, bei einer Untersuchung der verendeten Tiere früher oder später Masken in deren Mägen zu finden, so Stokes: „Es ist unvermeidlich.“