Demonstranten tanzen auf Straße in Beverly Hills
AP/Chris Pizzello
Getanzter Protest

„Electric Slide“ gegen Rassismus

Eine Bewegung in Bewegung: Bei den US-weiten Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt wird der Protest auch getanzt. Mit dem „Electric Slide“, Voguing, dem „Cupid Shuffle“ oder selbst der Macarena machen die Demonstrierenden ihrem Unmut auf friedliche Art und Weise Luft.

Vergangenen Sonntag versammelten sich im New Yorker Viertel Harlem Hunderte Menschen zu einer besonderen Kundgebung: Unter dem Titel „Dance for George“ wurde für George Floyd getanzt. Der Afroamerikaner war am 25. Mai in Minneapolis bei einem Polizeieinsatz getötet worden. Die Tötung des 46-Jährigen durch einen Beamten löste in den Vereinigten Staaten die größten Anti-Rassismus-Proteste seit jenen der Bürgerrechtsbewegung in den 1960ern aus.

In Harlem boten die Versammelten – darunter zahlreiche professionelle Tänzerinnen und Tänzer, den „Electric Slide“ dar, einem Formationstanz, der in den 1970ern für Bunny Wailers und Marcia Griffiths’ Song „Electric Boogie“ choreografiert wurde. Immer wieder bildete die wogende Menge einen Kreis und habe Platz geschaffen für die Soloeinlagen, berichtete eine „New York Times“-Reporterin. Videos der Tanzeinlage verbreiteten sich in den Sozialen Netzwerken.

Nach dem gemeinsamen Tanz knieten die Anwesenden für fast neun Minuten schweigend nieder. Acht Minuten und 46 Sekunden – so lange war ein Polizist auf dem Nacken des mit Handschellen gefesselten Floyd gekniet, obwohl dieser mehrmals „Ich kann nicht atmen“ flehte.

Tanzen mit der Nationalgarde

Tanzen in Verbindung mit dem „Black Lives Matter“-Protest ist kein auf New York beschränktes Phänomen. In Atlanta im US-Bundesstaat Georgia griff das Tanzfieber dabei sogar auf die Mitglieder der Nationalgarde über. Kurz vor Beginn der nächtlichen Ausgangssperre tanzten die Soldaten in Kampfmontur mit Demonstrierenden die Macarena.

Auch andernorts in der Innenstadt von Atlanta wurde ebenfalls mit Tanz protestiert, und auch hier schlossen sich die Mitglieder der Nationalgarde an. Die Stimmung bei den Demonstrationen sei düster gewesen, Demoteilnehmer hätten einander angeschrien und die Polizei beschimpft, sagte eine Organisatorin des Tanzprotests einem lokalen Fernsehsender.

Um die Proteste in eine positive Richtung zu lenken, habe man eine Wand eingerichtet, auf der Demonstranten ihre Gedanken verewigen können. Und man habe begonnen, Musik zu spielen. Am Anfang hätten noch wenige Leute getanzt, mit der Zeit seien es immer mehr geworden, und schließlich hätten die Mitglieder der Nationalgarde mitgemacht.

Voguing im Blaulicht

In Dutzenden anderen US-Städten wurde ebenfalls protestiert und getanzt, wie in vielen Videos in Sozialen Netzwerken zu sehen ist. In der kalifornischen Kleinstadt Temecula legte der Sheriff eine Tanzeinlage mit der Organisatorin der örtlichen Kundgebung hin. In Newark im US-Bundesstaat New Jersey tanzte die Menge Ende Mai den „Cupid Shuffle“. Ein Videoclip davon wurde auf Twitter bisher fast 13 Millionen Mal aufgerufen.

In Tanzschritte gegossener Protest ist auch Voguing, das seinen Ursprung in der afroamerikanischen Schwulen- und Transpersonencommunity in New York hat. Bei den Protesten in Chicago vogueten Künstlerinnen zwischen der Menge der Demonstrierenden und der Polizei. Bilder der Aktion im Blaulicht machten im Netz die Runde.

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Mit der Aktion habe man auch ein Zeichen für die LGBTI-Community innerhalb der „Black Lives Matter“-Bewegung setzen wollen, sagte Amya Jackson, einer der Organisatorinnen der Aktion, der „New York Times“. Am Rande von Protesten in Minneapolis hatte eine Gruppe Afroamerikaner eine Transperson angegriffen und schwer verletzt. „Wir wollten auch für unsere Rechte einstehen“, so Jackson.