Euro-Banknote
ORF.at/Christian Öser
„Hohn“ und „Pflanzerei“

Unmut über Einmalzahlung für Arbeitslose

Bei der von SPÖ, FPÖ und Gewerkschaft geforderten Erhöhung des Arbeitslosengeldes hat sich die Regierung nun auf eine Einmalzahlung von 450 Euro geeinigt. Diese soll bei der Regierungsklausur Anfang kommender Woche besprochen werden. Entsprechend groß war die Kritik aber bereits am Samstag.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sprach von „blankem Hohn“: „Mehr als 100.000 Menschen haben aufgrund des Missmanagements der Regierung OHNE Not ihren Job verloren“, twitterte sie. Die angekündigte Einmalzahlung sei „erbärmlich“. Die FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch bezeichnete die Einmalzahlung als „Pflanzerei“. Rückwirkend betrage die Summe 150 Euro pro Monat: „Damit können die meisten Arbeitslosen nicht einmal ihr Konto abdecken.“ Sie fordert nun „echte Lösungen“ und „keine Almosenpolitik“.

SPÖ wie Gewerkschaft bleiben bei ihrer Forderung nach einer Erhöhung der Nettoersatzrate von derzeit 55 Prozent auf 70 Prozent. Auch Belakowitsch betonte, dass die Freiheitlichen die Erhöhung – „jedenfalls bis zum Ende dieses Jahres“ – mehrmals gefordert hätten. Wie ÖGB-Chef Wolfgang Katzian vermisst auch AK-Präsidentin Renate Anderl die Nachhaltigkeit bei der Einmalzahlung.

Ökonomen für temporäre Erhöhung

Unterstützung für diese Forderung kam von mehreren Ökonomen. IHS wie WIFO plädierten vor Kurzem für eine vorübergehende Anhebung des Arbeitslosengeldes. Das würde aus ökonomischer Sicht durchaus Sinn machen, sagte etwa IHS-Arbeitsmarktökonom Helmut Hofer. Selbst das wirtschaftsliberale Institut Agenda Austria hatte für eine vorübergehende Anhebung von derzeit 55 Prozent des Nettoletztverdienstes auf 65 Prozent plädiert. Nach 18 Wochen sollte die Rate nach dem Institut aber wieder auf 55 Prozent, nach 35 Wochen auf 45 Prozent sinken.

Der grüne Sozialminister Rudolf Anschober hatte sich einer Erhöhung des Arbeitslosengelds gegenüber offen gezeigt, aber auf die notwendige Mehrheit in der Koalition mit der ÖVP verwiesen. Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) hielt sich zuletzt bedeckt in Bezug auf das Arbeitslosengeld. Vergangene Woche sagte sie aber in einem „Krone“-Interview, dass es beim Arbeitslosengeld „keine Tabus“ geben dürfe.

Sebastian Kurz und Werner Kogler
APA/Roland Schlager
Die Regierung will bei ihrer Klausur die Unterstützung für Arbeitslose und Familien beschließen

Kogler: Zahlung „kann sich sehen lassen“

Die Regierung entschied sich nun jedenfalls für die Einmalzahlung. Die könne sich „durchaus sehen lassen“, argumentierte der grüne Vizekanzler Werner Kogler am Samstag im Ö1-Morgenjournal. „Was ab Oktober und danach passiert, ist ein eigenes Thema.“ Die Regierung will das Paket rasch auf den Weg bringen. Angepeilter Auszahlungszeitraum ist September.

Neben den Arbeitslosen sollen auch Familien gesondert unterstützt werden. Noch heuer sollen sie pro Kind, für das Kinderbeihilfe bezogen wird, 360 Euro erhalten. Niedrigverdiener, die keine Steuern zahlen, sollen von einem Sozialversicherungsguthaben in Höhe von 100 Euro profitieren. Denn diese Gruppe würde von der ebenfalls teilweise vorgezogenen Steuerreform wenig zu erwarten haben.

Steuerreform teilweise vorziehen

Zur Ankurbelung des Konsums will Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rückwirkend mit Anfang des Jahres den Eingangssteuersatz von 25 auf 20 Prozent senken. Die volle Entlastung von 350 Euro pro Jahr würde laut Berechnungen des linken Momentum-Instituts ab einem Monatseinkommen von 1.808 Euro brutto greifen. Steuerliche Entlastungen soll es auch für die Land- und Forstwirtschaft geben.

Es müssten dafür neue Schulden aufgenommen werden, so die Regierung, aber „alles andere wäre noch teurer“, betonte Kogler. Wie hoch die Kosten tatsächlich sein werden, soll am Dienstag nach Abschluss der Klausur präsentiert werden. Für die zusätzliche Arbeitslosenunterstützung etwa rechnet die Regierung mit bis zu 200 Millionen Euro. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) rechnet mit einem Volumen von 1,6 Milliarden Euro durch die vorgezogene Steuerreform. Er kündigt zudem an, dass Eigenkapital attraktiver und Investitionen erleichtert werden sollen.