Programmiersprache auf einem Bildschirm
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Rassismusdebatte

Ruf nach Änderung von Computerbegriffen

Im Zuge der anhaltenden Proteste gegen Rassismus in den USA wird auch von der IT-Branche ein Umdenken gefordert. Kritik gibt es unter anderem an den Begrifflichkeiten: Seit Jahrzehnten wird etwa zwischen „Master“ und „Slave“ unterschieden – Ausdrücke, von denen sich nun auch manche Giganten der Branche verabschieden wollen.

Kritikerinnen und Kritiker sehen in den Begriffen eine schmerzhafte Erinnerung an die Zeit der Sklaverei. Und tatsächlich verbirgt sich hinter „Master“ und „Slave“ (Dt.: „Herr“ und „Sklave“) kein ausgeklügeltes Konzept, das sich nicht anders benennen lässt, sondern es geht immer um ein Abhängigkeitsverhältnis.

Der „Master“ kontrolliert den „Slave“, egal ob bei Programmiersprachen, in denen eine Komponente eine andere steuert, oder bei Datenbanken, wo der „Master“ Daten erhält und erst dann an die „Slaves“ weitergibt. Auch in anderen Bereichen wird das Begriffspaar verwendet – etwa in der Fotografie, bei der Steuerung von Blitzen.

„Sollte von einem afroamerikanischen Softwareentwickler verlangt werden, Code zu schreiben, in dem ein Master-Prozess Sklaven befehligt?“, fragt der Yale-Student Sinclair Im in einem Gastbeitrag für die „Washington Post“. Im forderte die Industrie dazu auf, „kollektiv die Master/Slave-Terminologie“ aufzugeben.

Auch Kritik an „Blacklist“

Das sind freilich nicht die einzig geschichtlich aufgeladenen Begriffe in der Computerindustrie. So stehen etwa auch „Blacklist“ und „Whitelist“ in der Kritik: Diese kommt etwa bei E-Mail-Anbietern zum Einsatz, in die „schwarze“ Liste werden Absender eingetragen, die man automatisch ablehnt, während Absender aus der „weißen“ Liste automatisch akzeptiert werden.

Und auch die Unterscheidung in „White Hat“- und „Black Hat“-Hacker – jenen, die sich an die Regeln halten, und jenen, die auf Schaden aus sind – wird kritisiert. „Schwarz“ wird damit automatisch mit „schlecht“ gleichgesetzt, so der Vorwurf einiger Kritikerinnen und Kritikern, die Unternehmen in Sozialen Netzwerken zum Handeln aufriefen.

Durch die „Black Lives Matter“-Bewegung in den USA ist das Thema neu aufgeflammt, doch bereits vor einigen Jahren gab es wiederholt Forderungen nach mehr Sensibilität in der Begriffswelt der IT. Schon 2003 forderte etwa die Verwaltung der Stadt Los Angeles ihre Lieferanten dazu auf, nicht mehr die Begriffe „Master“ und „Slave“ bei Computerausrüstung zu verwenden, schrieb das Technologieportal CNET.

„Arbeiter“ und „Nachbildung“

Und einige prominente Teile der Branche kümmerten sich bereits in der Vergangenheit um Änderungen. So verwendet etwa die weit verbreitete Programmiersprache Python seit 2018 die zwei Begriffe nicht mehr. Aus den „Slaves“ wurde daraufhin die „Worker“ (Dt.: „Arbeiter“). Für Datenbanksysteme von IBM, Microsoft und Amazon wird seit einiger Zeit in „Primary“ und „Replica“, also „Primärsystem“ und „Nachbildung“ unterschieden.

In den vergangenen Tagen wurden weitere Schritte gesetzt: So will Google in seinem Chrome-Browser und dem Betriebssystem Android künftig nicht mehr den Ausdruck „Blacklist“ verwenden, stattdessen will man künftig auf die Begriffe „Blocklist“ und „Allowlist“ setzen. Bereits im Oktober veröffentlichte Google ein Dokument, das als Richtlinie für Programmcode im Hinblick auf Inklusivität dienen soll. Auch die Codeplattform Github, die Microsoft gehört, will einen Beitrag leisten und künftig auf das Wort „Master“ zur Kennzeichnung des Hauptentwicklungsstrangs verzichten.

Nur scheinbar kleine Änderung

Was nach kleinen Schritten und Änderungen im Detail klingt, ist dabei ein relativ großes Unterfangen. Denn im Normalfall reicht es nicht, einfach entsprechende Ausdrücke einmalig zu entfernen. Begriffe sind in großen Projekten einerseits oft über unzählige Dateien verteilt. Andererseits hängen häufig auch andere Projekte von diesem Code ab – auch diese müssen dann entsprechende Änderungen vornehmen.

Neben Lob erntete die Aktion auch Spott und Unverständnis in Sozialen Netzwerken und in der Entwicklergemeinde. Viele würden in den Begriffen kein Problem sehen und verweisen darauf, dass diese seit Jahrzehnten eingesetzt werden. Die Gegenseite wiederum weist darauf hin, dass Änderungen die Bedingungen für die ohnehin unterrepräsentierte Gruppe in der IT-Branche verbessern könnte.

Technologiegiganten steigen aus Gesichtserkennung aus

Im Zuge der Rassismusdebatte stoppten erst vergangene Woche große Technologiekonzerne den Verkauf ihrer Gesichtserkennungssoftware. Den Anfang machte IBM, auch Amazon und Microsoft folgten nach und verwehrten zumindest der US-Polizei den Kauf derartiger Systeme. Kritikerinnen und Kritiker werfen der Software vor, Diskriminierung von Schwarzen und Minderheiten zu verschärfen – Studien orten zumindest eine „Voreingenommenheit“.