Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im ORF.at-Interview während Coronavirus-Krise
ORF.at/Carina Kainz
Anschober im Interview

„Herbst wird die große Hürde“

Er sei Optimist – doch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigt sich am Rand der Regierungsklausur realistisch, dass das ganze Land eine gemeinsame Kraftanstrengung braucht, um in Sachen CoV über den Herbst zu kommen. Für den Sommer sähen die Zahlen gut aus. Doch um gut durch die Zeit bis zu einem Impfstoff zu kommen, brauche es ein Land, „das an einem Strang zieht“. Schon für Anfang Juli kündigt Anschober im Gespräch mit ORF.at den Start eines neuen Testprogramms an.

„Wir stehen zur Politik der Lockerung, aber es wird für alle Szenarien das große gemeinsame Commitment der Gesellschaft brauchen“, sagt Anschober im Gespräch mit ORF.at, in dem die Frage nach den Erwartungen an den Sommer und Herbst im Zentrum stand. Verbreiterung der Screenings, Hygienemaßnahmen, die alle nun „intus“ hätten, und nicht zuletzt die Option für Bezirksbehörden, besser auf lokale Gegebenheiten zu achten, sollen helfen, für diverse Szenarien im Herbst gerüstet zu sein.

Angesprochen auf die Perspektive zum Sommer sagt Anschober: „In Wirklichkeit ist es zweitrangig, ob ich mich mit Verantwortung in Berlin, im Salzkammergut oder in Caorle bewege. Das Entscheidende ist, wie ich mich bewege: Es geht um den Mindestabstand, die Hygienemaßnahmen.“

Lehren aus der Krise

Anschober spricht von „vielen Learnings“, lobt aber die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Behörden, gerade in den Ländern, bei der Bewältigung der Pandemie. Jetzt müsse man darauf achten, dass aus der Gesundheitskrise keine soziale Krise werde.

„Je professioneller wir auf kleinere und größere Cluster reagieren können, desto wahrscheinlicher ist es, dass man dann nicht wieder mit irgendwas herunterfahren muss und irgendeine Lockerungsfrage infrage stellen muss“, so Anschober zum großen Thema Planbarkeit. Befürchtungen, dass die Wien-Wahl die von Anschober gelobte Kooperation zwischen Niederösterreich und Wien stören werde, teilt der Minister nicht. Zwischenrufe werde es schon geben – aber auch auf den Koalitionspartner müsse er nicht therapeutisch einwirken, sagt Anschober angesprochen auf das Klima in der Regierung.

Man werde den Mut haben, im Fall schlechterer Zahlen zu reagieren, so Anschober. Das sei die klare Linie der Regierung, so der Gesundheitsminister, der dabei betont, „kein Angstpolitiker“ zu sein. Wichtig, so unterstreicht Anschober, sei das schnelle Reagieren. Als nächsten Schritt will der Minister schon Anfang Juli ein neues Testprogramm fertiggestellt haben und es in den folgenden Wochen umsetzen. Es solle helfen, dorthin zu schauen, wo Menschen den Lenkungsmaßnahmen der Regierung nicht folgen oder nicht folgen können, so Anschober.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im ORF.at-Interview während Coronavirus-Krise
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ORF.at wollte von Anschober wissen, auf welchen Sommer und Herbst man sich einstellen müsse

Das Interview

Seit Montag gilt die Lockerung der Maskenpflicht. Wie werden Sie selber damit umgehen, wo werden Sie noch Maske tragen?

Anschober: Ich nehme schon meine eigene Empfehlung ernst. Und bin ein Mensch, der da eher auf der sicheren Seite bleibt. In bestimmten Bereichen wie dem Supermarkt werde ich die Maske auflassen. Die Grundidee ist, schrittweise wegzukommen von den Verpflichtungen in allen Lebensbereichen und hin zur Eigenverantwortung. Und Eigenverantwortung beinhaltet, nicht auf die Maske zu verzichten, sondern sich selbstständig dafür zu entscheiden. Zum Beispiel überall dort, wo es ein bisserl enger wird.

Was sagen Sie den Menschen, die ein bisschen Angst haben, dass es zu schnell geht mit der Lockerung?

Anschober: Dass eine gewisse Sorge auch bei mir da ist. Aber ich habe ja die Kritik von beiden Seiten. Die einen sagen, es geht viel zu schnell, die anderen sagen mir, es geht viel zu langsam, und die Dritten sagen: Warum geht es nicht bei mir? Ich habe am Beginn noch ziemliche Sorge gehabt, ob die Lockerungen funktionieren. Wir haben dann 14 Tage zurückgeschaut und analysiert. Nach 14 Tagen müssten Infektionsreihen in der Statistik sichtbar sein. Das ist bis zum heutigen Tag ausgeblieben. Das stimmt mich eigentlich optimistisch und zuversichtlich, dass es so stabil bleibt. Was wir als Fragezeichen, als Unsicherheitsfaktor dazubekommen werden, sind der Tourismus und die Frage der Grenzöffnungen. Gerade auch wenn es um die Drittstaaten geht. Denn was unsere Nachbarstaaten betrifft, haben wir generell eine sehr gute Situation.

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Anschober versucht das Prinzip Eigenverantwortung zu erklären. Auch anhand eigener, persönlicher „Learnings“.

Sie haben vergangene Woche gesagt, dass alle zwei Wochen auch die Lage in den einzelnen Ländern evaluiert werden soll. Und Sie haben gesagt: Wenn die Zahl der Neuinfektionen über zehn pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen steigt, dann müsste etwas passieren. Was könnte das sein?

Anschober: Es kann beides passieren. Es kann eine Aufnahme einzelner Regionen in die Risikowarnung geben. Das wäre die eine Möglichkeit. Das schaut derzeit überhaupt nicht danach aus. In den einzelnen italienischen Regionen ist die Situation derzeit sehr stabil. Und vice versa gibt es die Möglichkeit, dass die Lombardei wegkommt von der Risikowarnung und wir damit in Italien gesamthaft Normalität unter Anführungszeichen haben. Das werden wir uns wöchentlich anschauen, alle zwei Wochen vertiefend. Wir sind auch mit den italienischen Gesundheitsbehörden in einem sehr guten und engen Dialog.

Sie schauen sich die Regionen an. Aber müsste man das Raster manchmal noch eine Spur kleiner machen? Es ist ja nicht undenkbar, dass sich Vorfälle wie Ischgl auch in anderen Urlaubsländern ereignen. Gibt es da Ideen, sich konkret einzelne Orte anzuschauen und ein zweites Ischgl – zum Beispiel auf den Balearen – zu verhindern?

Anschober: Jens Spahn (deutscher Gesundheitsminister, Anm.) hat das in Deutschland kommuniziert, Stichwort „Ballermann vermeiden jetzt im Sommer“. Das kann man ja nur jedem dringend raten. Die Reisemöglichkeit ist das eine. Aber das andere ist eben die Eigenverantwortung, das Reisen mit Verantwortung. In Wirklichkeit ist es zweitrangig, ob ich mich mit Verantwortung in Berlin, im Salzkammergut oder in Caorle bewege. Das Entscheidende ist, wie ich mich bewege: Es geht um den Mindestabstand, die Hygienemaßnahmen.

Und wir haben zwar diesen Parameter mit den zehn Fällen als Grundindikator hergenommen. Aber wir schauen natürlich präzise auf andere Indikatoren hin. Das Entscheidende ist die enge Kooperation mit den Gesundheitsbehörden vor Ort. Wir alle – die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Expertinnnen und Experten, die Behörden, die Politikerinnen und Politiker – haben hier einen fünfmonatigen Lernprozessen hinter uns, der uns auch hat professioneller werden lassen. Das haben die Behörden zum Beispiel in der Lombardei natürlich genauso gelernt. Das heißt, wir können uns auch auf deren Informationen gut verlassen.

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Dezidiertes Lob kommt von Anschober für die Zusammenarbeit der Behörden. Auf regionaler heimischer Ebene ebenso wie auf europäischer. Auch mit der Lombardei arbeite man sehr gut zusammen.

Es gibt also Austausch und Kommunikation auf europäischer Ebene?

Anschober: Das große Dach ist ECDC, die Europäische Gesundheitskontrollbehörde, die eine hervorragende Arbeit macht. Ich bin wirklich froh darüber, dass als eine der Konsequenzen ECDC auch massiv ausgebaut wird. Sie kriegt mehr Budget auch als zukünftige Krisenvorsorge. Und unter diesem Dach gibt es bilaterale Kooperation. Das läuft auf der politischen Ebene ab und/oder auf der Fachebene der einzelnen Behördenbereiche.

Sie haben die Lernerfahrungen angesprochen. Glauben Sie, dass das auch für den Herbst das bringen wird, was gerade alle verlangen: Planungssicherheit – dass man ein bisschen mehr Perspektive hineinbekommt, was Maßnahmen anbelangt?

Anschober: Wir bereiten uns derzeit mit aller Kraft auf einen schwierigen Herbst vor. Viele Virologen sagen uns vorher, dass, wenn es wieder kälter wird, wenn die Menschen nicht mehr draußen sein können, noch einmal eine sehr schwierige Phase kommen kann. Darauf bereiten wir uns mit aller Kraft vor: Es wird eine Art Testprogramm zusätzlich zu unserer Teststrategie geben. Wir wollen dorthin schauen, wo Menschen unseren Lenkungsmaßnahmen – wie der Beratung bei der Gesundheitshotline 1450 – nicht folgen oder nicht folgen können. Sei es, weil sie eine schwierige Arbeitssituation haben; weil sie es sich nicht leisten können, zwei Wochen in Quarantäne zu gehen, da sonst der Job wackelt; weil sie vielleicht eine schwierige aufenthaltsrechtliche Situation haben.

Internationale Forschungsarbeiten zeigen uns: Das sind die Bereiche, wo man besonders hinschauen soll. Das neue Testprogramm soll Anfang Juli fertig sein und in den kommenden Wochen richtig anlaufen. Und wir werden alles daransetzen, dass wir unser Containment verstärken. Vor allem das Kontaktpersonenmanagement soll massiv ausgebaut werden. Davon hängt dann auch diese Planbarkeitsfrage ab. Je professioneller wir auf kleinere und größere Cluster reagieren können, desto wahrscheinlicher ist es, dass man dann nicht wieder mit irgendwas herunterfahren muss und irgendeine Lockerungsfrage infrage stellen muss.

Verstehe ich Sie richtig, dass es auch eine Perspektive wäre, auf lokaler Ebene strengere Maßnahmen zu ergreifen?

Das kann sich in Einzelfällen, in Akutsituationen aus konkreten Ausbreitungsclustern ergeben. Es ist kein Plan von uns, 50 unterschiedliche Regelungen zu machen. Ich sehe auch die Schwierigkeiten, die man in Deutschland hat. Das föderalistische Modell kann manchmal an die Grenzen der Verständlichkeit stoßen. In konkreten Einzelfällen wird man dort vor Ort reagieren müssen, aber hauptsächlich mit dem klassischen Kontaktpersonenmanagement und den entsprechenden Folgemaßnahmen.

Wie sieht es aus mit dem Verhältnis von Zentralismus und Föderalismus, um gut in einer Krise wie dieser Pandemie agieren zu können?

Anschober: Es war total gut, dass in unserem föderalistisch aufgestellten Gesundheitssystem die Landeshauptleute am Beginn gekommen sind und gesagt haben: „Wir wollen eine möglichst gemeinsame Vorgangsweise.“ Das war professionell und richtig und hat uns in einer schwierigen Ausgangssituation das Arbeiten erleichtert. Grundregeln sollen schon bundesweit bleiben. Es sollen aber regionale Entscheidungskompetenzen bei bestimmten Lockerungsschritten möglich sein. Wir haben das bei größeren Kulturveranstaltungen etwa so vorgesehen, dass Präventionskonzepte den Bezirksbehörden vorgelegt werden müssen, und die können dann auch nach regionalen Parametern entscheiden und die Schutzmaßnahmen danach ausrichten.

Weil Sie das Testen angesprochen haben: Sind wir für einen Herbst vorbereitet, wo alle, die husten und ein Kratzen im Hals spüren, 1450 anrufen und dann getestet werden? Oder gibt es noch alternative Modelle in der Schublade?

Anschober: Genau darauf wollen wir uns vorbereiten, durch ein Testprogramm, das mehr Automatisierung und Verbreiterung der Screenings bringen soll. Ich glaube auch, dass wir bisher aus der Coronavirus-Krise gelernt haben, dass sich Hygienemaßnahmen bei uns allen automatisieren. Ich merke es bei mir: Ich war früher kein Verfechter des „zwölfmal Hände waschen“, mittlerweile haben wir das aber alle intus, und das kann uns auch im Herbst bei verschiedenen Infektionskrankheiten helfen. Aber es stimmt, dass der Herbst eine Herausforderung wird, wenn Erkältungskrankheiten zunehmen und wir viel indoor sind. Ich bin Optimist und glaube, dass wir den Impfstoff in den erforderlichen Mengen im ersten Quartal 2021 haben werden. Das heißt als Signal, wir müssen über diese paar Monate gemeinsam gut rüberkommen. Es ist absolut nicht vorbei.

Ist das auch das Kommunikationsziel der Regierung: gemeinsam über den Herbst drüber?

Anschober: Der Herbst ist die große Hürde, und ich bin absolut optimistisch, dass wir diese zweite Welle vermeiden können, wenn wir das Contact-Tracing professionalisieren und ganz schnell unterwegs sind. Als Regierung müssen wir auch den Mut haben, bei ernsten Zahlen die Notbremse zu ziehen, Stichwort Sinuskurve. Das ist in der Regierung absolut offen ausgesprochen. Und wir brauchen das Mitmachen der Bevölkerung. Ich spüre, wir haben im März, April 95 Prozent der Bevölkerung, die mitgezogen haben und sich solidarisch engagiert haben. Das war ein großes Comeback der Solidarität. Jetzt merke ich, dass die fünf Prozent, die nicht so dahinter waren, schon etwa 20 Prozent geworden sind. Eine große Mehrheit ist immer noch hinter den Maßnahmen, aber 20 Prozent können bei einer Pandemie ein Thema darstellen. Wir müssen also Richtung Herbst schon sichtbar machen, dass wir vor einer großen Hürde stehen. Ich bin kein Vertreter der Politik der Angst, aber seriös und sachlich müssen wir sagen: Der Herbst wird eine Herausforderung. Wir stehen zur Politik der Lockerung, aber es wird für alle Szenarien das große gesellschaftliche Commitment brauchen.

Ist dieser Sommer dann so etwas wie das kollektiv-energetische Durchschnaufen?

Es kann natürlich theoretisch was im Sommer passieren, und deswegen müssen wir, gerade wenn ein Cluster über Bundesländergrenzen hinweg entsteht, etwa wie bei Wien/Niederösterreich, eng kooperieren. Das war zuletzt, auch mit der AGES im Boot, eine super Kooperation. Je früher wir mit dem Feuerlöscher dran sind, desto besser ist es. Genau davon, vom schnellen Reagieren und Kooperieren, wird es abhängen. Aber insgesamt: Wenn viele draußen sind, ist die Situation eine weniger riskante, aber auch da kann etwas passieren.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im ORF.at-Interview während Coronavirus-Krise
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Gerald Heidegger und Martin Steinmüller-Schwarz im Interview mit Fragen, die in den letzten Wochen oft gegenüber ORF.at geäußert wurden

Weil Sie die gute Zusammenarbeit angesprochen haben zwischen Wien und Niederösterreich: Haben Sie Angst, dass der Wahlkampf zur Wien-Wahl die Kooperationsbereitschaft dämpfen könnte?

Wir haben aus der sachlichen Ebene mit der Wiener Stadtregierung und der niederösterreichischen Landesregierung eine extrem gute Zusammenarbeit – und so werden wir das weiter halten. Dass es da den einen oder anderen Zwischenruf geben könnte, ja, soll sein.

Und im Zweifelsfall würden Sie auf den Koalitionspartner therapeutisch einwirken?

(Lacht) Der hat das nicht nötig. Es zeigt sich ja, dass wir auf der Sachebene sehr gut kooperieren können. Und es zeigt sich, dass Niederösterreich, das ja politisch gesehen doch etwas schwärzer ist als Wien, hervorragend mit dem rot-grünen Wien zusammengearbeitet hat. Und das spricht ja auch dafür, dass wir da ein Team geworden sind, mit der Herausforderung dieser größten Pandemie zurechtzukommen. Und da ist es zweitrangig, wer wo parteipolitisch steht.

Sie haben ja viel von transparenter Kommunikation gesprochen. Wie sieht es da mit den Expertenberatungen aus? Was ist da abgelaufen? Werden Mitschriften veröffentlicht? Gibt es da einen neuen Stand?

Die Mitschriften sind jetzt fertig runtergetippt worden, und jetzt gehen sie zur Freigabe an die Teilnehmer, und dort können auch Anmerkungen gemacht werden. Und sobald das fertig ist – ich denke, das könnte kommende Woche sein –, werden wir das auf der Homepage des Ministeriums veröffentlichen.

Soll das in Zukunft auch entsprechend transparent aufgearbeitet und dargestellt werden?

Ja. Man muss aber auch sehen: Man ist in einer Krise angekommen, schafft sich einen Beraterstab, der ehrenamtlich für uns tätig ist und uns das Know-how zur Verfügung stellt. Und in der Transparenzfrage, das ist sicher ein Bereich, in dem wir das gelernt haben. Und das müssen wir auch auf neue Beine stellen. Das geht hin zu den Daten.

Das ist gleich unsere nächste Frage: Wann bekommen wir Zahlen, die einander nicht andauernd überholen und eine Vergleichbarkeit von Tag zu Tag herstellen?

Ich glaube, man kann erklären, dass das Einmeldesystem sehr punktgenau und zeitnah für den Zeitpunkt der Einmeldung funktioniert – und das Epidemiologische Meldesystem ist einfach abhängig davon, wann genau eine Bezirksverwaltungsbehörde XY ihre Daten einspeist. Und ich weiß, dass manche Bezirksverwaltungsbehörden personell auch nicht üppig ausgestattet sind. International sind wir aber mit dem Elektronischen Meldesystem gut unterwegs, es ist halt nur auf wenige Parameter abgestimmt. Wir müssen mit dem System arbeiten, und wir schauen, wie wir das verbreitern können und auch klären: Wie können wir Spitalsdaten zeitnah einspeisen?

Das heißt: Auskunft über die tatsächliche Intensivbettenzahl im Land etwa, was ja bisher auch nicht möglich ist.

Ja, das ist das Ziel, dass wir da auch transparenter werden. Und auch, fehlende Zahlen aus dem Spitalsbereich zu bekommen. Und wir müssen auch wissen, welche „Nebenwirkungen“ wir mit Maßnahmen auslösen. Darum haben wir Studien beauftragt. Bei der nächsten Pandemie müssen wir aus diesem Erfahrungsschatz lernen.

Weil Sie so oft das Wort „Learning“ angesprochen haben: Beim grünen Bundeskongress im Jänner waren Sie der ruhende Pol in der Aufbruchsituation des Mitregierens. Wie sehen Sie abseits der Frage des umbesetzten Kulturstaatssekretariats die Grünen momentan aufgestellt?

Anschober: Wir fünf Regierungsmitglieder sind neulich zusammengesessen und haben uns die Zeit vom Ibiza-Video bis jetzt angeschaut, und das ist schon eine ziemlich einzigartige Entwicklung gewesen. Das zu stabilisieren, das ist das Gebot der Stunde. Ich glaube, wir sind angesichts dieser riesigen Krise sehr gut gestartet. Die Krise hat uns ja in dem Moment erwischt, als wir die Kabinette fit machen wollten. Wir haben jetzt ein bisschen umgestellt und glauben, dass wir sehr professionell aufgestellt sind.

Akut wollen wir verhindern, dass aus dieser Gesundheitskrise eine soziale Krise wird. Und dann wird es ins Thema der grünen Handschriften gehen, die ja jetzt schon in die Krisenbewältigung mit einfließt. In der jetzigen Situation ist ein großes Konjunkturprogramm Gebot der Stunde, und da muss der „Green New Deal“ ein zentrales Element sein. Das war die wichtigste Startgeschichte der grünen Regierungsbeteiligung. Und das ist unsere zentralste Aufgabe.