Bundeskanzler Sebastian Kurz
ORF
Neue CoV-Hilfen

Kurz verteidigt Einmalzahlung für Arbeitslose

Bei der zweitägigen Regierungsklausur am Montag und Dienstag werden neue Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronavirus-Pandemie abzufedern. In der ZIB2 am Montagabend verteidigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Einmalzahlung für Arbeitslose. Eine generelle Erhöhung des Arbeitslosengeldes sei aus arbeitsmarktpolitischer Sicht nicht „der richtigste aller Ansätze“.

„Es muss attraktiv sein, arbeiten zu gehen. Es gibt Bereiche, wo es sehr schwierig ist, Arbeitskräfte zu finden“, sagte Kurz. Da die Situation derzeit aber angespannt sei, gebe es die Einmalzahlung in Höhe von 450 Euro. Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) hatte zuvor präzisiert, dass jene Personen, die Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe beziehen und zwischen Juli und September mindestens zwei Monate auf Suche nach Beschäftigung waren, den Bonus von 450 Euro zum Arbeitslosengeld erhalten.

Auch Aufstocker – also jene, deren Arbeitslosenhilfe mittels Mindestsicherung aufgestockt wird – können laut Sozialministerium profitieren. Auch Personen mit niedrigem Einkommen würden von dem Bonus profitieren. Die Regierung will nicht – wie von SPÖ, FPÖ, Gewerkschaft und Ökonomen des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und des Instituts für Höhere Studien (IHS) gefordert bzw. empfohlen – das Arbeitslosengeld zumindest temporär erhöhen. Die geplante Einmalzahlung war bereits am Wochenende auf harsche Kritik gestoßen.

Bundeskanzler Kurz über neue Coronavirus-Maßnahmen

Seit Montag sind gelockerte CoV-Regelungen in Kraft. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nimmt im ZIB2-Interview zu diesen Stellung und spricht über die Beschlüsse in der Regierungsklausur.

Neue Hilfen im Umfang von 15 Mrd. Euro

Nach dem ersten Hilfspaket in einem Umfang von 38 Milliarden Euro umfassen die nun auf der Regierungsklausur behandelten Maßnahmen laut Kurz ein Volumen von weiteren 15 Milliarden Euro. Es gebe kaum ein Land, das so großzügige Hilfspakete habe, wie Österreich, betonte Kurz. Österreich liege diesbezüglich in der Gruppe der Top Fünf in der EU.

Neben dem einmaligen Bonus für Arbeitslose will die Regierung ebenfalls im September einen Familienbonus von 360 Euro pro Kind, gekoppelt an die Familienbeihilfe, zahlen. Ob es weiterer Maßnahmen bedarf, soll im September evaluiert werden. Caritas-Präsident Michael Landau hält die Einmalzahlungen bei Arbeitslosen wie Familien nicht für ausreichend. Damit könne zwar akute Not gelindert werden. Landau forderte aber zusätzlich eine „Solidaritätsmilliarde“ für Menschen in Not.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Arbeitsministerin Christine Aschbacher
APA/Roland Schlager
In mehreren Pressekonferenzen stellten Minister und Ministerinnen weitere CoV-Hilfen vor

WIFO-Ökonom Josef Baumgartner erwartet zumindest eine Ankurbelung der Konjunktur. Arbeiterkammer-Ökonom Markus Marterbauer will für eine Einschätzung zunächst konkrete Zahlen abwarten. Er vermisst aber konkrete Weichenstellungen für Arbeitssuchende.

Mindestens 14 Prozent Investitionsprämie

Eine Erleichterung insbesondere für Einpersonen-, Klein- und Mittelunternehmen ist die Verlängerung des Fixkostenzuschusses um ein halbes Jahr. Eine entsprechende Ankündigung machten Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP).

Die weiteren Maßnahmen waren großteils bekannt. So soll es eine Investitionsprämie von mindestens 14 Prozent geben, ebenso einen Verlustrücktrag, wo Verluste mit den Gewinnen der vergangenen zwei Jahre gegengerechnet werden können. Zu den weiteren Plänen gehört ein Eigenkapitalfonds. Wenn jemand in ein Klein- und Mittelunternehmen einzahlt, würden Garantien für Eigenkapital und nicht nur für Kredite übernommen.

Kritik an Kofinanzierung durch Gemeinden

Beim dritten und letzten Pressegespräch am ersten Tag der Regierungsklausur kündigten die Klubobleute Sigrid Maurer (Grüne) und August Wöginger (ÖVP) an, dass die zugesagte Fördermilliarde nun auch unter anderem für Sommerbetreuung von Kindern, Radwege und den Bau von Feuerwehrhäusern verwendet werden kann.

Die Gemeinden müssen sich bei den Investitionen zumindest zu 50 Prozent beteiligen. Diese weiterhin geforderte Kofinanzierung kritisierte SPÖ-Kommunalsprecher Andreas Kollross: „Eine Ausweitung der Projekte ändert gar nichts daran, dass den Gemeinden das Geld fehlt, um die Projekte zu finanzieren, und damit können sie die Zuschüsse gar nicht abrufen.“

Laut Maurer sind drei Prozent der Gesamtsumme – 30 Mio. – für Sommerbetreuung für Kinder vorgesehen. Aufgeteilt werden die Mittel im Wesentlichen nach der Größe der Gemeinden. So kann etwa Wien sieben Millionen für die Schaffung entsprechender Plätze abholen, eine 2.000-Einwohner-Gemeinde 6.000 Euro. Den anderen Fördergebieten sind keine Prozentsätze zugewiesen. Daher bleibt unklar, wie viel Geld etwa für die Schaffung von Radwegen aufgewendet wird.

Kurz rechnet bald mit weiteren Lockerungen

Nach weiteren Lockerungen wie der weitgehenden Aufhebung der Maskenpflicht befinde sich Österreich derzeit in einer „Zwischenphase“, sagte Kurz. Es sei richtig gewesen, die strengen Regeln schrittweise zu lockern, sonst wäre das Risiko zu hoch gewesen. Es sei weiterhin möglich, dass es wieder strengere Maßnahmen geben müsse, die aber „hoffentlich“ schneller zurückgenommen werden können.

Auf eine konkrete Zahl von Infektionen wollte sich Kurz hier aber nicht festlegen. Aber bei Neuinfektionen „im dreistelligen Bereich“ werde die Politik „sehr wachsam“ sein. Entscheidend sei, ob es begrenzte Cluster und nachvollziehbare Ansteckungsketten gebe. Der derzeitige Stand der Ansteckungen lasse aber bald weitere Lockerungen zu, so Kurz.

„Kann ich so nicht beurteilen“

Kritik, die Regierung habe mit ihrer Darstellung der Ausgangsbeschränkung falsche Strafen ausgelöst, wies Kurz zurück. Die Behörden hätten diese Strafen „sicherlich nicht aufgrund unserer Aussagen“ verhängt, sie würden „entlang der rechtlichen Regelungen“ handeln – und hätten die Entscheidung, ob oder wie hoch sie strafen, selbst zu treffen gehabt.

Mittlerweile haben zwei Landesverwaltungsgerichte, jene in Wien und Niederösterreich, festgestellt, dass Strafen für den Verstoß gegen die Coronavirus-Ausgangsbeschränkungen unzulässig – weil gesetzlich nicht gedeckt – waren.

Das Land Niederösterreich zahlt deshalb alle für Privatbesuche während des „Lock-down“ verhängten Strafen zurück. Auf die Frage, ob das österreichweit geschehen wollte, ging Kurz nicht ein: „Das kann ich so jetzt nicht beurteilen“, sagte er.