Schüler mit Tablets
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Digitalisierungsplan

Schulkinder bekommen Laptops oder Tablets

Nachdem wegen der Coronavirus-Pandemie der Unterricht mehrere Monate auf „Distance-Learning“ und „Homeschooling“ umgestellt war, hat die Bundesregierung ihre Lehre daraus gezogen. Mit einem acht Punkte umfassenden Plan, den ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann, Kanzler Sebastian Kurz und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) am Mittwoch präsentierten, soll nun eine Digitalisierungsreform kommen.

Zentrales Element der Reform wird die Ausstattung aller Schülerinnen und Schüler ab der Unterstufe mit digitalen Endgeräten – Tablets oder Laptops. Pro Schuljahr soll dabei beginnend mit dem Schuljahr 2021/22 jeweils die 5. Schulstufe ausgestattet werden. Die Auswahl des Gerätetyps soll den Schulen obliegen, dadurch sollen die Wartung und der Support pro Standort vereinfacht werden. Geplant ist, von den Eltern einen sozial gestaffelten Finanzierungsanteil einzuheben, dafür sollen die Geräte auch privat und in den Ferien genutzt werden dürfen.

Mit den Eltern werde ein Nutzungsvertrag abgeschlossen, Details werden in den kommenden Monaten ausgearbeitet. So soll etwa geregelt werden, was bei einem Verlust passiert bzw. wie eine Versicherungslösung aussehen könnte. Weiterer Kernpunkt der Reform soll, so Faßmann, das Portal „Digitale Schule“ sein. Auf der Plattform, die als Ersatz für Klassenbuch und Mitteilungsheft dienen soll, soll künftig die Kommunikation unter Lehrenden, Eltern, Schülerinnen und Schülern digital stattfinden.

Gütesiegel für Lern-Apps soll kommen

Für die Bewertung von Lern-Apps, wie sie vor allem seit der Krise verstärkt im Einsatz sind, werde ein Gütesiegel eingeführt: „Es entsteht derzeit viel digitales Material – vieles ist nicht ganz so gut, manches ist gut, vieles ist nicht bekannt“, so Faßmann. Die vom Bildungsministerium bereitgestellte Eduthek soll ebenfalls überarbeitet, sortiert und an Lehrpläne angepasst werden.

Ein Fokus wird auch auf die Ausbildung und Austattung der Lehrenden gelegt. In Kooperation mit Pädagogischen Hochschulen und Videokünstlern sollen „Massive Open Online Courses“ („MOOCS“) erstellt werden – Videos, mit denen Lehrerinnen und Lehrer mit den Tools des „Distance-Learning“ vertraut gemacht werden sollen. „Wir geben nicht die Schreibschrift, nicht das Schulbuch auf“, so Faßmann – es komme vielmehr eine neue Kompetenz dazu. „Damit das gelingt, brauchen wir digital geschulte Lehrende.“

Flächendeckender Breitbandanschluss bis 2023

Ausgebaut werden soll entsprechend auch die digitale Infrastruktur an den Schulstandorten in Form von W-LAN in den Gebäuden, bevorzugt per Breitband und Glasfaser. Ein flächendeckender Ausbau soll bis 2023 erreicht sein. „Schulen sind ganz gut, aber nicht sehr gut mit IT ausgestattet“, so der Bildungsminister. Mit zentralen Lizenzverträgen solle sichergestellt werden, dass jeder legal mit der benötigten Software arbeiten könne – der Einsatz von Raubkopien sei selbstverständlich keine Option, so Faßmann.

Pressekonferenz: „Digitalisierung in der Schule“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) informierten über die Pläne zum Digitalausbau an Schulen.

IT- und Technikberufe sollen attraktiver werden

Laut Kurz zeigte die Krise wieder auf, „was uns vorher schon bewusst war: wie wichtig Digitalisierung ist“. Nach der Gratisschulbuchaktion unter Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) sei die Digitalisierungsaktion nun der nächste Schritt im 21. Jahrhundert. Die Vorbereitungen dafür hätten schon vor der Coronavirus-Zeit begonnen, sie seien durch die Krise verzögert und vertieft zugleich worden.

Kurz sagte, er hoffe, dass durch die Offensive vermehrt Schülerinnen und Schüler einen Berufsweg im Bereich Technik- und IT-Branche einschlagen würden. Für Wirtschaftsministerin Schramböck wird damit das digitale Klassenzimmer Realität. Die Digitalisierung der Schule sei „auch die Eintrittskarte in ein erfolgreiches und spannendes Berufsleben“. In der Regierungsklausur Anfang der Woche wurde eine Investition von 200 Mio. Euro für Digitalisierung im Bildungsbereich in den kommenden zwei Jahren angekündigt.

ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner nannte die Ankündigung in einer Aussendung „einen Meilenstein für den Bildungsbereich“, mit dem „die Chancen und Möglichkeiten im digitalen Bereich wirksam genutzt“ würden.

Ausbau für SPÖ zu langsam

Die SPÖ kritisierte die angekündigte Digitalisierung als zu langsam. „Wenn Bildungsminister Faßmann heute meint, ‚endlich‘ starte die Digitalisierung, dann kann sich das nur an ihn selbst richten, denn er wird 2021 – wenn die Digitalisierung endlich umgesetzt wird – vier Jahre verschlafen haben“, so SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid.

Die SPÖ habe das Digitalisierungskonzept „Schule 4.0“ bereits fix und fertig ausgearbeitet – Faßmann habe das Projekt 2018 gestoppt. „Was ist, wenn im Herbst eine zweite Corona-Welle kommt und Schulschließungen bzw. Homeschooling wieder notwendig sind? Bevor Faßmann die Kinder mit digitalen Endgeräten ausstattet, sind längst schon fünf Corona-Impfstoffe entwickelt“, so Hammerschmid. Der Kreisky-Vergleich sei „eine Chuzpe“, da im Gegensatz zum Gratisschulbuch die Eltern einen Finanzierungsbeitrag leisten müssten. Tablet bzw. Laptop müssten als Lernwerkzeuge so wie Schulbücher gratis sein.

Digitalisierungsplan für FPÖ „Farce“

Als „Farce“ bezeichnete FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl den Digitalisierungsplan. „Es ist zwar gut und richtig, den Schülern entsprechende Geräte zur Verfügung zu stellen und den Breitbandausbau zu forcieren, die entscheidende Frage stellt sich aber vielmehr im Software- und nicht im Hardwarebereich“, so Brückl in einer Aussendung. „Es wäre ja viel wichtiger zu wissen, wie sich der Unterricht selbst digitaler gestalten lässt. Mit welchen Inhalten und Methoden möchte man den Lehrbetrieb modernisieren? Welche Programme werden verwendet, um den Unterricht zukunftsfit zu machen?“

Darüber hinaus ist laut Brückl fraglich, inwieweit Lehrer und Schüler vertraut im Umgang mit digitalen Lehrinhalten sind. „Die Prämisse muss sein, einen Mehrwert aus den angekündigten Maßnahmen zu ziehen. Wenn den Lehrkräften die entsprechende Ausbildung und das Know-how diesbezüglich fehlt, sehe ich mehr Probleme auf uns zukommen, anstatt bestehende zu lösen“, so Brückl.

NEOS: „Keine Bildungsrevolution“

Als „grundsätzlich gut“, aber „sehr spät“ beurteilte NEOS das Digitalisierungspaket. „Mit dem Paket erledigt die Regierung nur längst überfällige Hausaufgaben, die sie bisher verschlafen hat, eine echte Bildungsrevolution ist das nicht“, so NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre.

Am meisten störe sie, dass Minister Faßmann in der Pressekonferenz die Frage nach der Finanzierung als „Detail“ abgetan habe, das erst irgendwann erarbeitet werde. „Die genaue Ausgestaltung der sozialen Staffelung ist kein Detail, sondern die entscheidende Frage für viele Familien. Die Regierung muss sicherstellen, dass sich auch wirklich alle Eltern den Selbstkostenanteil an den Endgeräten leisten können und wirklich kein Kind zurückgelassen wird.“

WKÖ lobt Achtpunkteplan

Die Wirtschaftskammer (WKÖ) begrüßte die Ankündigungen. „Der 8-Punkte-Plan für den digitalen Unterricht ist ein wichtiger Schritt, um Österreichs Schulen digitalisierungsfit zu machen“, so die stellvertretende WKÖ-Generalsekretärin Mariana Kühnel in einer Aussendung. Die Maßnahmen zur Bereitstellung einer modernen IT-Infrastruktur inklusive der Endgeräte für Lehrende und Lernende seien „ein wichtiger Schritt, um neue Lernmethoden wie Distance- und Blended Learning zu erleichtern“.