Weißrussland: Festnahmen bei Oppositionsprotesten

Bei regierungskritischen Protesten in mehreren weißrussischen Städten hat die Polizei mehr als hundert Menschen festgenommen, darunter mehrere Journalisten. Wie die Menschenrechtsorganisation Wyasna heute mitteilte, nahm die Polizei landesweit etwa 140 Menschen in Gewahrsam, fünf von ihnen seien geschlagen worden. Die Demonstrierenden hatten die Zulassung von Oppositionspolitikern bei der Präsidentschaftswahl im August gefordert. Präsident Alexander Lukaschenko bezeichnete die Proteste als Versuch, das Land zu destabilisieren.

In der Hauptstadt Minsk hatten sich gestern hunderte Menschen versammelt, um ihre Unterschrift für die Kandidatur von Oppositionspolitikern bei der Präsidentschaftswahl im August abzugeben. Es bildeten sich lange Warteschlangen, einige Gegner von Präsident Lukaschenko hatten Lautsprecher und Fahnen dabei.

Kritik von Lukaschenko

Am Abend löste die Polizei die nicht genehmigte Kundgebung auf. Reporter der Nachrichtenagentur AFP sahen, wie mehrere Teilnehmer festgenommen wurden, Wyasna bezifferte ihre Zahl auf 80. Weitere Festnahmen habe es unter anderem in den Städten Bobruisk, Witebsk, Brest und Mogilew gegeben.

„Ich hätte nie gedacht, dass es in Belarus Menschen geben würde, die das Land zerstören wollen“, sagte Lukaschenko. Den Demonstranten drohte er: „Es wird niemandem erlaubt sein zu verraten oder zu zerstören, was ihr und ich seit einem Vierteljahrhundert aufgebaut haben.“

Proteste vor Präsidentschaftswahl

Festgenommen wurden auch Journalisten des US-Auslandssenders Radio Free Europe, des polnischen Fernsehsenders Belsat sowie ein freier Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. Die meisten der Reporter wurden nach Angaben ihrer Medien inzwischen freigelassen, einige warteten dagegen noch auf eine Anhörung. Die britische Botschaft in Minsk bezeichnete die Inhaftierungen von Journalisten und friedlichen Demonstranten als nicht hinnehmbar.

Am 9. August findet in Weißrussland die Präsidentschaftswahl statt, Lukaschenko kandidiert dabei für seine sechste Amtszeit. Bis gestern konnten Politiker, die bei der Wahl gegen Lukaschenko antreten wollen, Unterschriften sammeln.

Herausforderer festgenommen

Am Donnerstag war der wichtigste Herausforderer Lukaschenkos festgenommen worden. Dem Geschäftsmann Viktor Babaryko werden nach Angaben der Ermittler Finanzvergehen vorgeworfen. Gestern teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit, sie habe ein Strafverfahren wegen der Bildung oder Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung eröffnet. Babaryko drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Lukaschenko regiert Weißrusssland seit 1994 mit eiserner Hand. Die Ergebnisse der vergangenen vier Präsidentschaftswahlen wurden von den Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wegen Betrugs und Einschüchterungen nicht anerkannt.