Rendering der neuen Brücke in Genua
Renzo Piano
Neubau nach Einsturz

Brücke in Genua als Symbol für Neustart

Am 14. August 2018 ist die Morandi-Brücke in Genua eingestürzt. 43 Personen kamen ums Leben. Fast zwei Jahre später wurden inmitten der Coronavirus-Krise die Arbeiten am Neubau der Brücke abgeschlossen. Am Montagabend wird die Brücke offiziell eröffnet – zwei Tage später wird sie für den Verkehr freigegeben. Das neue Viadukt soll auch ein Symbol für Italiens Neustart aus der Krise sein.

Rendering der neuen Brücke in Genua
Renzo Piano
Die neue Autobahnbrücke wird den offiziellen Namen „Genova San Giorgio“ tragen. Entworfen hat sie der italienische Stararchitekt und Senator Renzo Piano. Nach dem Einsturz der Morandi-Brücke bot der gebürtige Genuese Piano an, unentgeltlich am Design eines Nachfolgebauwerks zu arbeiten. Er setzte sich mit seinem Entwurf gegen die Vorschläge Santiago Calatravas durch. Piano wird auch bei der Eröffnungszeremonie am Montag sprechen.
Konzert unter Brücke
APA/AFP/Webuildgroup
Eine Woche vor der offiziellen Eröffnung diente das Viadukt bereits als Kulisse für ein Konzert des Orchesters der Akademie Nazionale di Santa Cecilia. Die Veranstaltung war zum einen den über 1.000 Männern und Frauen gewidmet, die in den vergangenen Monaten an dem Projekt gearbeitet hatten, zugleich fand sie im Gedenken an die Opfer des Einsturzes statt. Der Opfer wurde auch zu Beginn des Wochenendes gedacht. Am Freitag wurde in Genua das letzte Stück von Ennio Morricone aufgeführt. Der am 6. Juli verstorbene Filmmusikkomponist schrieb es als Hommage an die Opfer.
Grün-weiß-rot beleuchtete neue Brücke in Genua
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Die 1,1 Kilometer lange Brücke wurde in Rekordzeit fertiggestellt. Auch deshalb soll sie für Italien zu einem Symbol des Neustarts werden. Das Land steckt seit Jahren in der Krise und war im Frühjahr besonders stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen.

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Statiktest mit Dutzenden Lkws auf der neuen Brücke in Genua
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Zwei Wochen vor der offiziellen Eröffnung fuhren im Zuge von Stabilitätstests Dutzende Lkws über die neu errichtete Autobahnbrücke. 2.500 Tonnen an Gewicht rollten so gleichzeitig über den frischen Asphalt des Viadukts. In den Monaten zuvor zeugten regelmäßig Bilder vom Baufortschritt.
Italienischer Premier Conte während einer Zeremonie anlässlich der Einhebung des letzten Teilstücks auf der neuen Brücke in Genua
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Das Coronaviurs prägte auch die Abschlussarbeiten an der neuen Brücke. Bei der Zermonie zur Einhebung des letzten Teilstücks kam Ende April kam statt der Hand der Ellbogen von Italiens Premier Giuseppe Conte zum Einsatz.
Einhebung des letzten Teilstücks auf der neuen Brücke in Genua
AP/LaPresse/Fabio Ferrari
Mit dem letzten Teilstück war die Struktur der neuen Brücke am 28. April komplett. Ein Jahr zuvor hatten die Arbeiten an dem Neubau begonnen.
Bau der neuen Brücke in Genua
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Am 8. Februar 2019 begannen offiziell die Abbrucharbeiten an den Resten der alten Brücke. Am 27. April wurde die Struktur der Brücke mit dem letzten Teilstück fertiggestellt. Dazwischen lagen 445 Tage, an denen laut Genuas Bürgermeister und Regierungskommissar für den Wiederaufbau der Brücke, Marco Bucci, täglich rund um die Uhr gearbeitet wurde.
Sprengung der alten Morandi-Brücke in Genua
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Am 28. Juni 2019 wurden die beiden noch stehenden Hauptpylone gleichzeitig gesprengt. Ein halbes Jahr zuvor hatte der italienische Senat das Genua-Dekret verabschiedet. In dem Notfallgesetz ist unter anderem festgeschrieben, dass die Betreibergesellschaft Autostrade per l’Italia die Kosten für den Wiederaufbau tragen muss.

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Eingestürzte Morandi-Brücke in Genua
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Der Einsturz der Morandi-Brücke schockierte ganz Italien. Das Unglück wurde zu einem Symbol für die marode Infrastruktur des Landes. Die eindrücklichen Bilder von der Unglücksstelle gingen um die Welt.
Eingestürzte Morandi-Brücke in Genua
APA/AFP/Italian Police
Zum Zeitpunkt des Einsturzes ging über Genua starker Regen nieder. Für das Unglück verantwortlich war das Unwetter aber nach heutigem Wissensstand nicht. Bereits Monate vor dem Einsturz hatten Experten die Betreibergesellschaft Autostrade per l’Italia (ASPI) auf mögliche Schäden an der Struktur der Brücke aufmerksam gemacht. Bei der Staatsanwaltschaft läuft ein Großverfahren gegen Dutzende Verdächtige.
Eingestürzte Morandi-Brücke in Genua
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Das Unglück riss auch eine Lücke in eine bedeutende Verkehrsverbindung Italiens. Die Autobahn 10 – auch als Urlaubsverbindung „Autostrada dei Fiori“ bekannt – ist eine wichtige Verbindungsstraße nach Südfrankreich, in den Piemont und die Lombardei.
Luftansicht der teilweise eingestürzten Morandi-Brücke in Genua
APA/AFP/Piero Cruciatti
Wäre der mittlere der drei Pylone eingestürzt, wären vermutlich noch deutlich mehr Opfer zu beklagen gewesen. Führte die Brücke doch auch über ein Wohngebiet. Rund 600 Menschen mussten nach dem Einsturz ihre Wohnungen nahe der Unglücksstelle verlassen – und konnten auch nicht mehr zurückkehren. Sie bekamen aber zumindest eine Entschädigung beziehungsweise finanzielle Unterstützung und Hilfe bei der Wohnungssuche.
Feuerwehrleute auf den Trümmern der eingestürzten Morandi-Brücke in Genua
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Fünf Tage lang suchten die Einsatzkräfte in den Trümmern nach Überlebenden. Insgesamt kamen bei dem Unglück 43 Menschen ums Leben, darunter vier Kinder.
Gottesdienst für die Opfer des Einsturzes der alten Morandi-Brücke in Genua
APA/AFP/Piero Cruciatti
Vier Tage nach dem Einsturz fand in Genua die offizielle Trauerfeier für die Opfer des Unglücks statt. Zahlreiche Angehörige nahmen an der Zeremonie teil. Manche boykottierten die Veranstaltung in Genua aber auch aus Protest. Sie sahen die Schuld für das Unglück bei Politik und Behörden.
Bau der alten Morandi-Brücke in Genua im Jahr 1965
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Offiziell hieß die Brücke vor ihrem Einsturz Polcevera-Viadukt – benannt nach dem Trockenfluss, den das Bauwerk unter anderem überspannte. Bekannt war sie aber unter dem Namen Morandi-Brücke. Der für seine Schrägseilbrücken bekannte Bauingenieur Riccardo Morandi hatte sie Anfang der 1960er Jahre geplant, 1967 wurde sie nach vierjähriger Bauzeit fertiggestellt.
Luftansicht der alten Morandi-Brücke in Genua
APA/AFP/Andrea Leoni
Zentrales Element der von Morandi in den 1960er Jahre entworfenen Brücke waren die drei A-förmigen Pylone und die betonummantelten Tragseile. Diese stellten aber zugleich die größte Schwachstelle der Konstruktion dar. Die Betonummantelung erwies sich über die Jahre als weniger widerstandsfähig als von Morandi vorhergesehen. Der Beton erschwerte es zugleich, die Tragseile auf Schäden zu kontrollieren.