US-Präsident Donald Trump
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Enthüllungsbuch

Trump droht Bolton mit „Gefängnis“

US-Präsident Donald Trump ist es nicht gelungen, das Enthüllungsbuch seines von ihm entlassenen früheren Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton verbieten zu lassen. Nach Erscheinen der „Memoiren aus dem Weißen Haus“ am Dienstag teilte Trump kräftig aus. Er nannte Bolton eine zwielichtige Erscheinung, er würde mit der Veröffentlichung streng geheimer Informationen Geld verdienen und gehöre dafür „ins Gefängnis“.

Die US-Regierung hatte – vergeblich – versucht, das Erscheinen von Boltons Buch mit juristischen Mitteln zu stoppen. „The Room Where It Happened: A White House Memoir“ (etwa: „Der Raum, in dem es geschah – Memoiren aus dem Weißen Haus“) kam am Dienstag in den US-Handel.

Beim Onlinehändler Amazon führt es aus dem Stand die Bestsellerliste an. Der zuständige Richter Royce Lamberth hatte am Wochenende eine einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung als nicht ausreichend begründet abgelehnt. Trump drohte daraufhin Bolton, er werde einen „wirklich hohen Preis“ dafür bezahlen.

„Zwielichtiger“ Typ

Am Dienstag, nach Erscheinen des Buches, legte der US-Präsident kräftig nach. Auf Twitter bezeichnete er den 71-Jährigen als „zwielichtig“ bzw. „Gesindel“ („lowlife“), „gruseligen Typen“ („Creepster“) und „erledigt“ („washed up“). Bolton gehöre ins Gefängnis, da er streng geheime Informationen veröffentlich habe. Das sei nicht fair gewesen. US-Außenminister Mike Pompeo verglich Bolton mit dem Whistleblower Edward Snowden und sagte, der Ex-Sicherheitsberater mache sich mit den von ihm veröffentlichten Informationen strafbar.

Exemplare von John Boltons Buch „The Room Where It Happened“ in einer Buchhandlung
Reuters/Carlo Allegri
Boltons Buch wurde in kürzester Zeit zum Bestseller

Abrechnung nach Entlassung

In seinem Buch zeichnet Bolton ein verheerendes Bild von Trump: Er wirft dem Präsidenten vor, eigene politische Interessen über nationale Sicherheitsinteressen und das Wohl der USA zu stellen. Bolton beschuldigt den Präsidenten, China um Hilfe für eine Wiederwahl gebeten zu haben und bestätigt die Vorwürfe, Trump habe die Ukraine zu Ermittlungen gegen seinen Rivalen Joe Biden gedrängt. Der außenpolitische Hardliner – Bolton gilt als ein Mastermind des Irak-Kriegs 2003 – beschreibt Trump außerdem als ahnungslos und inkompetent.

US-Präsident Donald Trump und sein ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater John Bolton
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Bolton ging im Vorjahr im Streit

Trump soll NATO-Austritt gedroht haben

Nach eigenen Angaben drängte Bolton Trump beim NATO-Gipfel 2018 außerdem, nicht offen mit einem Austritt aus dem Bündnis zu drohen. Trump habe ihm zu seiner geplanten Austrittsdrohung gesagt, Bündnispartner wie Deutschland erfüllten das Zwei-Prozent-Ziel der NATO zur Finanzierung des Militärbündnisses nicht, zahlten Russland aber zugleich Milliarden Dollar für Energielieferungen.

Diese Kritik hatte Trump erst am Wochenende bei seinem durch die Coronavirus-Pandemie bedingt ersten Wahlkampfauftritt seit Monaten am Wochenende in Tulsa, US-Bundesstaat Oklahoma, wiederholt. Deutschland schulde der NATO wegen unzureichender Verteidigungsausgaben in den vergangenen 25 Jahren in Wahrheit „eine Billion Dollar“. Er übte in dem Zusammenhang erneut Kritik an der geplanten Ostsee-Pipeline „Nord Stream 2“, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll. „Wir sollen Deutschland vor Russland beschützen“, sagte Trump. „Aber Deutschland zahlt Russland Milliarden Dollar für Energie, die aus einer Pipeline kommt, einer brandneuen Pipeline.“

Für Pompeo „wie Edward Snowden“

Außenminister Pompeo sagte dem konservativen US-Nachrichtensender Fox News, mit den von ihm veröffentlichten Informationen mache sich Bolton strafbar. Alle hätten gesehen, was geschehe, wenn Menschen geheime Informationen preisgeben „wie Edward Snowden“. Was Bolton getan habe, sei „nicht unähnlich“.

Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden hatte im Jahr 2013 Hunderte als streng geheime klassifizierte Dokumente über die Überwachungspraktiken der US-Nachrichtendienste veröffentlicht. Snowden tauchte unter und fand in Russland Asyl. Während er von seinen Anhängern als Enthüller gefeiert wird, werfen ihm die USA Spionage und die Gefährdung der nationalen Sicherheit vor.

Wellen im Präsidentschaftswahlkampf

Bolton war knapp eineinhalb Jahre lang Nationaler Sicherheitsberater und schied im September 2019 im Streit aus dem Weißen Haus. Der als neokonservativer „Falke“ geltende Bolton und Trump hatten bei einer Reihe von Themen unterschiedliche Meinungen vertreten. Bolton war etwa ein entschiedener Gegner von Trumps Annäherungskurs zu Nordkoreas Machthaber Kim Jon Un.

Boltons Enthüllungsbuch sorgt weniger als fünf Monate vor der US-Präsidentschaftswahl vom 3. November für viel Wirbel. Trump und sein politisches Umfeld versuchen seit Wochen, die Glaubwürdigkeit des Ex-Sicherheitsberaters in Zweifel zu ziehen. Allerdings sind auch die oppositionellen Demokraten nicht gut auf Bolton zu sprechen: Sie werfen ihm vor, während der Ermittlungen zum Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wegen der Ukraine-Affäre geschwiegen zu haben – und seine Insiderkenntnisse jetzt mit dem Buch zu Geld zu machen.