Ferienort in Italien
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Gehalt

Mehr Klarheit bei Auslandsreisen

Die Frage, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Auslandsreisen ein Risiko eingehen, ist zuletzt von Fachleuten rege diskutiert worden. Im Zuge eines Treffens von Arbeitsministerium und Sozialpartnern wurde die Rechtslage nun konkretisiert. So muss der Lohn trotz einer Covid-19-Erkrankung nach einem Auslandsurlaub weiterbezahlt werden. Einiges gilt es dennoch zu beachten.

Gemeinsam mit Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, ÖGB und Industriellenvereinigung kam das Ministerium zu dem Ergebnis, dass sich ein Arbeitnehmer in der Regel nicht sorgen muss, nicht bezahlt zu werden, wenn er im Ausland Urlaub macht, sich an die dortigen Coronavirus-Auflagen hält und dann an Covid-19 erkrankt. Das betrifft Länder der Reisewarnstufe eins bis vier.

„Sowohl beim Urlaub in Österreich als auch im Ausland gilt: Hält man sich an die landesüblichen Covid-Vorsichtsbestimmungen, wird man in der Regel keine Probleme mit der Entgeltfortzahlung bekommen“, heißt es in einer Aussendung des Ministeriums.

Wer sich an Bestimmungen hält, hat kein Problem

Bei grob fahrlässigem Verhalten könne es jedoch Probleme in Sachen Entgeltfortzahlung geben, so Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) am Donnerstag gegenüber dem Ö1-Morgenjournal, etwa dann, wenn man „gemeinsam aus einem Gefäß“ trinke „bei einer Party am Strand“, so die Ministerin. Allerdings müsse der Dienstgeber das inkorrekte Verhalten nachweisen, hieß es in einer Aussendung der Arbeiterkammer.

Bei höherer Reisewarnstufe sieht es anders aus

Keine Sicherung der Entgeltfortzahlung gebe es jedoch, wenn der Arbeitnehmer in einem Land mit Reisewarnstufe fünf oder sechs urlaubt und erkrankt beziehungsweise unter Quarantäne gestellt wird, so Aschbacher. Ein Entlassungsgrund liege im Falle einer Erkrankung aber nicht vor, heißt es vom Ministerium. Generell könne der Arbeitgeber „eine Reise ins Ausland nicht verbieten oder als Entlassungsgrund heranziehen“, so das Ministerium.

Reisewarnungen der Stufe sechs hat das Außenministerium in Zusammenhang mit dem Coronavirus derzeit für 23 Staaten ausgesprochen: Ägypten, Bangladesch, Brasilien, Chile, Ecuador, Großbritannien, Indien, Indonesien, Iran, Mexiko, Nigeria, Pakistan, Peru, Philippinen, Portugal, Russland, Schweden, Senegal, Südafrika, Türkei, Ukraine, USA und Weißrussland (Belarus). Partielle Reisewarnungen gelten zudem für die italienische Region Lombardei und für das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen.

AK: Arbeitgeber könnte „Verhaltenswünsche“ äußern

Bei einem Urlaub in Österreich sei die Entgeltfortzahlung durch das Epidemiegesetz gesichert. Es soll auch auf der Ministeriumswebsite ein Handbuch mit den konkretisierten Regeln geben. Ein anschließendes Gesetz brauche es nicht mehr, da das Handbuch nur eine Klarstellung sei, sagte ein Ministeriumssprecher zur APA. „Wir haben die bestehenden Regeln so ausgelegt, dass alle klar wissen: Was sind die Spielregeln?“, sagte der Sprecher.

Die Arbeiterkammer verwies in der Aussendung ferner darauf, dass Beschäftigte dem Unternehmen nicht bekanntgeben müssen, „wohin die Reise geht.“ Diese seien nur verpflichtet, auf Anfrage nach dem Urlaub mitzuteilen, ob sie in einem Gebiet waren, für das eine Reisewarnung gilt. „In diesem Fall könnte der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin gewisse Verhaltenswünsche wie etwa Homeoffice oder Einzelbüro für einen gewissen Zeitraum äußern. Aber auch in diesem Fall gilt: Es kann keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen geben“, so die AK.

Arbeitsrechtler zuvor uneins

In der Vorwoche hatten Expertinnen und Experten für Arbeitsrecht noch vor dienstrechtlichen Folgen gewarnt. Die Arbeiterkammer vertrat die Rechtsmeinung, dass es nach einem Auslandsurlaub keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen geben kann, selbst dann nicht, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen in einem Gebiet waren, für das eine Reisewarnung gilt. Andere Arbeitsrechtler hatten diesbezüglich zur Vorsicht geraten.

Jenen, die sich in einem Land infizieren, für das eine Reisewarnung besteht, drohten dienstrechtliche Konsequenzen bis zu einer Kündigung, hatte etwa Elias Felten, Vorstand des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Linz, gemeint. Reisen in Gebiete, für die es eine Reisewarnung gebe, würden als grob fahrlässig eingestuft, und es seien dann sogar Schadenersatzansprüche seitens des Arbeitgebers denkbar, warnte Birgit Vogt-Majarek, Partnerin bei SMS Rechtsanwälte.

Anschober: „Reisen mit Verantwortung“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) appellierte am Donnerstag, „sich sehr gut zu überlegen, wo und wie wir den Urlaub verbringen“. Reisen sei erlaubt, solle aber „mit Verantwortung genossen“ und die Grundregeln nicht vergessen werden. Einmal mehr betonte der Minister, dass das „Virus weiter da und nicht auf Urlaub ist“.

Vor dem Sommerurlaub müsse jeder selbst prüfen: „Was ist das Reiseziel, ist damit ein Risiko verbunden? Gleichgültig, ob es sich um Caorle, das Salzkammergut oder Wien handelt“, so Anschober. Die gelernten Hygiene- und Abstandsmaßnahmen müssten auch im Ausland eingehalten und große Menschenansammlungen vermieden werden. Mit ins Gepäck gehöre auch der Mund-Nasen-Schutz. Mit diesem können laut Wiener Reise- und Tropenmediziner Herwig Kollaritsch 80 Prozent der Infektionen verhindert werden.

„Ballermann ist das Tschernobyl des Epidemiologen“

„Meiden Sie Massenveranstaltungen. Der Ballermann ist das Tschernobyl des Epidemiologen“, warnte Kollaritsch. Wie man nicht erst seit Ischgl wisse, „haben Infektionsherde im Zusammenhang mit Reisetätigkeiten verheerende Auswirkungen“, so der Mediziner. Er warnte vor „Superspreading-Events“, bei denen einzelne Infizierte selbst symptomlos sind, aber viele anstecken. Das könne beispielsweise in Clubs, im und oder bei anderen engen Zusammenkünften mehrerer Menschen in Innenräumen passieren.

Maria Ecker, Bereichsleiterin Beratung beim Verein für Konsumenteninformation (VKI), hob konsumentenschutzrechtliche Vorkehrungen für Urlauber hervor. Vor jeder Reise müsse der Einzelfall geprüft werden, riet Ecker, also, wie die Lage an Ort und Stelle sei.

Die Expertin empfahl zudem, Pauschalreisen zu buchen, im Falle eines Stornos gebe es hier einen Ansprechpartner, bei Individualreisen seien es unterschiedliche, „hier muss ich mich mit der Fluglinie und dem Hotel auseinandersetzten“, sagte Ecker, da seien "die Rechte wesentlich schwieriger durchzusetzen. Sie empfahl auch eine Reiseregistrierung beim Außenministerium. Informationen erhalten Konsumenten auch bei der kostenlosen Reisehotline unter der Nummer 0800 201 211. Informationen zu Reisen in Europa gibt es unter Reopen.europa.eu/de.