Norwegens Umwelt- und Klimaminister Sveinung Rotevatn
Reuters/Norsk Telegrambyra As
Nach mehr als 100 Jahren

Norwegen gräbt Wikingerschiff aus

Ein Archäologieteam hat in Norwegen mit der Ausgrabung eines Wikingerschiffs begonnen. Es ist die erste derartige Grabung seit mehr als 100 Jahren. Das Schiff wurde 2018 in einer Grabstätte in Gjellestad im Südosten des Landes entdeckt – mit Hilfe aus Österreich.

Fachleute gehen davon aus, dass das Schiff nur schlecht erhalten ist. Trotzdem ist der Fund bedeutsam, da nur drei andere gut erhaltene Wikingerschiffe in den letzten zwei Jahrhunderten in dem Land ausgegraben wurden. Das Schiff befindet sich nur rund einen halben Meter unter der Erdoberfläche. Die Ausgrabungsarbeiten sollen laut BBC rund fünf Monate dauern.

Knut Paasche vom Norwegischen Forschungsinstitut für das Kulturelle Erbe (NIKU), sagte, dass offenbar nur ein Teil der Schiffsplanken erhalten geblieben sei. Moderne Methoden würde es aber wohl erlauben, die ursprüngliche Form des Schiffs zu rekonstruieren.

Bodenradarbild des Wikingerschiffs
NIKU/Lars Gustavsen
Die Radarbilder vom Schiff erlauben eine punktgenaue Ausgrabung

Schiff als Grabbeigabe

Das Schiff ist etwa 20 Meter lang und wurde von Fachleuten 2018 bei gezielten Radarmessungen entdeckt. Auch Langhäuser und zahlreiche Grabhügel wurden bei den damaligen Messungen entdeckt. Hochrangigen Wikingern wurden Schiffe als Grabbeigaben mitgegeben. Es sollte ihnen den Weg ins Jenseits erleichtern.

Drei guterhaltene Wikingerschiffe wurden in Norwegen bisher ausgegraben – und zwar 1868, 1880 und zuletzt 1904, berichtete das „Smithsonian Magazine“ vor wenigen Wochen. Nun kann erstmals eine Ausgrabung mit modernen Methoden stattfinden.

Mann in Wikingerverkleidung bei der Ausgrabungsstätte
Reuters/Norsk Telegrambyra As
Rund fünf Monate sollen die Ausgrabungen dauern

„Von außergewöhnlicher Bedeutung“

„Das Gjellestad-Schiff ist eine Entdeckung von außergewöhnlicher nationaler und internationaler Bedeutung“, unterstrich Norwegens Kulturminister Sveinung Rotevatn beim Spatenstich für die Ausgrabungen.

Im Jänner bestätigten die Fachleute, dass das Schiff höchstwahrscheinlich aus der Frühzeit der Wikinger stammt, wie das „Forbes“-Magazin damals berichtete. Bereits vor dem Fund war bekannt, dass der Ort in der Wikingerzeit bedeutsam war. Doch das Alter des Schiffes war unklar.

Holz stammt aus 7. und 8. Jahrhundert

„Im Kontext anderer, früherer Schiffsfunde nahe dem Oslofjord, weisen sowohl die Form des Schiffs als die Art seiner Platzierung auf die Wikingerzeit“, so Paasche zu Beginn des Jahres. Das sei nun durch eine dendrochronologische Messung bestätigt worden. Die Dendrochonologie vergleicht die Jahresringe von Holz und ordnet dieses anhand der Breite der Ringe einer bestimmten Wachstumszeit zu. Demnach passen die Ringmuster zu einer Zeit zwischen 603 und 724.

Ausgrabungsstätte wird mit Bodenradar untersucht
NIKU/Lars Gustavsen
Durch die Düngung des Feldes wurde das Schiff beschädigt

Das Schiffsholz wurde laut Untersuchungen vor Ausgrabungsstart von Pilzen stark angegriffen. Die Düngung des landwirtschaftlich genutzten Feldes hat dabei den Pilzbefall deutlich verschärft. Dies war auch der Grund für die Entscheidung, das Schiff nun auszugraben, bevor sich dessen Erhaltungszustand weiter verschlechtert.

Mit österreichischer Technik

An der Entdeckung und Vermessung des historischen Fundes war übrigens österreichische Technik entscheidend beteiligt. Zum Einsatz kam bei der Suche 2018 nämlich eine Methode und Software des Ludwig Boltzmann-Instituts für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie – mehr dazu in noe.ORF.at.