Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP)
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Bundesheer

Tanner gesteht Defizite in Kommunikation

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat am Dienstag im Nationalrat ihre Pläne für das Bundesheer erklärt – und dabei eingestanden, dass die Kommunikation zuletzt nicht ganz gelungen war. Tanner bekannte sich einmal mehr zur Landesverteidigung als „ureigenster Aufgabe“. Gleichzeitig müsse das Heer aber für künftige Bedrohungen fit gemacht werden.

Zu Beginn ihrer Erklärung räumte Tanner im Hinblick auf die Kritik nach einem Hintergrundgespräch, bei dem es um das Zusammenstreichen der militärischen Landesverteidigung auf ein Minimum ging, ein, dass man über die Kommunikation der vergangenen Woche „diskutieren“ könne. Gleichzeitig sagte sie, dass „jede Veränderung zu Widerstand“ führe.

Landesverteidigung bleibe „das Grundverständnis“ des österreichischen Bundesheeres, sagte Tanner: „Dies steht außer Frage.“ Es gehe ihr aber darum, die Landesverteidigung „weiter zu denken“. Österreich müsse vor neuen Bedrohungen geschützt werden, dazu gehören für sie Cyberangriffe, die „Migrationskrise“, Naturkatastrophen wie Hochwasser, aber auch Pandemien wie die aktuelle, bei der das Heer „so gefordert war wie lange nicht“. Dahingehend müssten die Fähigkeiten ausgebaut werden.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP)
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Tanner will das Heer für neue Herausforderungen rüsten

Sie sprach auch Terrorangriffe und Stromausfälle an. Man müsse die Fähigkeiten des Heers in diesen Bereichen neben der klassischen Landesverteidigung ausbauen. Hier würden bereits Schritte gesetzt, wie etwa die Anschaffung von 30 Panzern, deren Wertschöpfung überdies zu 70 Prozent in Österreich liegen würden, hob Tanner einen „positiven regionalen Effekt“ hervor.

„Bürger in Uniform in den Vordergrund“

Die Miliz soll, wie im Regierungsprogramm „klar festgehalten“, gestärkt werden, so Tanner weiter. „Bürger in Uniform“ sollen „mehr in den Vordergrund treten“. Man habe in der Coronavirus-Krise gesehen, wie wichtig die Miliz sei. Konkret kündigte Tanner drei Maßnahmen an: Regelmäßige Übungen, ordentliche Ausstattung – erste Anschaffungen wie etwa 30 Lkws würden bereits laufen – sowie die Überarbeitung des Entgelts, zuletzt immer wieder Inhalt öffentlicher Debatten. Dazu soll es im Herbst eine Regierungsvorlage geben.

ÖVP-Klubchef August Wöginger, SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner und der stv. SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried
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ÖVP-Klubobmann August Wöginger, SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und der stv. SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried

Was die Struktur des Heeres anbelangt, werde sie „sicher nicht bei der Truppe sparen, sondern investieren“. Außer Frage stehe aber, dass es Optimierungen im Verwaltungsapparat brauche. Entscheidungen im Bereich Beschaffung müssten vermehrt dort getroffen werden, wo sie zum Tragen kommen, sagte Tanner. Überhaupt sollen die regionalen Kommandanten zu Ansprechpartnern für die Länder und Regionen werden.

Garnisonen bleiben, Schließungen kommen

Abermals bekräftigte Tanner, dass alle Garnisonen erhalten bleiben sollen. Es werde kein Standort infrage gestellt und es würden keine regional wichtigen Zentren geschlossen werden. In Villach gebe es aber eine Sondersituation, führte die Ministerin weiter aus, die zeige, dass es Optimierungen brauche. Dort gebe es drei Kasernen, die zu einem großen Standort zusammengeführt werden sollen. Das werde zu einer Stärkung des Standorts führen, so Tanner. Für Wien kündigte Tanner ebenfalls ein Raumordnungskonzept an.

Ein Bekenntnis Tanners kam auch zur Luftraumüberwachung – und zwar zur „aktiven und passiven“. Bei den anstehenden „große Entscheidungen“ in diesem Bereich sollen auch die Fraktionen eingebunden werden, kündigte Tanner an. Die Vorbereitungen seien in der Endphase. Auch das Heeresgeschichtliche Museum (HGM) soll im Verteidigungsministerium bleiben und mit einer aktiven Weiterentwicklung den „Schritt in die Zukunft“ machen. Nach Prüfung durch den Rechnungshof werde auch die Führung des Museums zur Diskussion stehen.

Scharfe Kritik von Opposition

Man stehe am Beginn eines Umsetzungsprozesses, schloss Tanner schließlich. „Auch wenn der eine oder andere vielleicht meint, ich habe den undankbarsten Job der Republik, dann sage ich: Nein. Ich habe eine der schönsten und verantwortungsvollsten Aufgaben der Republik“, so Tanner. Die Abgeordneten von ÖVP und Grünen stellten sich in ihren Wortmeldungen naturgemäß hinter Tanner und ihre Pläne. Man führe das Bundesheer ins 21. Jahrhundert und mache es zukunftsfit, sagte etwa die grüne Klubchefin Sigrid Maurer, der Weg sei der richtige. ÖVP-Wehrsprecher Michael Hammer forderte eine Rückkehr zur Sachlichkeit, sah aber auch eine „nicht ganz geglückte Kommunikation“.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl
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FPÖ-Klubchef Herbert Kickl kritisierte Tanner und ihre Pläne scharf

Teils scharfe Kritik kam hingegen von Vertretern der Opposition. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer vermisste ausreichende Informationen an den Bundespräsidenten und obersten Befehlshaber Alexander Van der Bellen sowie den Nationalrat. Auch der Generalstab sei nicht eingebunden worden. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sprach von einer „politischen Abrissbirne“, das Heer drohe zur internationalen Lachnummer und „Minimundusarmee“ zu werden – er legte Tanner den Rücktritt nahe. Eine Rüge von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka brachte ihm die Bezeichnung Blindgänger für Tanner und frühere Verteidigungsminister ein.

NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff vermisste eine Risikoanalyse als Basis für die Reform und sah vor allem ein Ablenkungsmanöver gleichzeitig mit dem Auftritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz im „Ibiza“-U-Ausschuss vergangenen Mittwoch. Die drei Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS brachten einen gemeinsamen Entschließungsantrag ein, der allerdings an der Koalitionsmehrheit von ÖVP und Grünen scheiterte. Darin forderten sie ein Budget „von mindestens drei Milliarden Euro jährlich“, um die „Kernkompetenzen und Fähigkeiten der Streitkräfte“ zu erhalten. Das Bundesheer dürfe nicht nur auf Assistenzeinsätze „reduziert“ werden, wie es in dem Entschließungsantrag lautet.