Kreuzfahrtschiffe
Getty Images/EyeEm/Daniel Piraino
Coronavirus-Krise

Zwangspause könnte Kreuzfahrt verändern

Während die Urlaubssaison trotz Coronavirus in Österreich und vielen anderen Ländern bereits wieder angelaufen ist, heißt es für Kreuzfahrten weiterhin „bitte warten“. Infolge der CoV-Krise haben die Reedereien ihre Schiffe außer Betrieb genommen. Den Kreuzfahrtschiffsbetreibern kostet die Ruhephase täglich Millionen. Fachleute hoffen jetzt auch auf ein Umdenken in der Zwangspause.

Weltweit gibt es rund 400 Kreuzfahrtschiffe. Deren Anlegepause könnte allerdings länger als erwartet dauern. Das Anlaufen wurde immer wieder nach hinten verschoben. Sieht man auf die Websites der großen Anbieter, wird der Neuanfang mit kleineren Ausnahmen nun im Spätsommer bzw. zu Herbstbeginn erwartet.

Laut „Spiegel“ will etwa TUI Cruises gegen Mitte des Monats mit kleinen Kreuzfahrten in der Nordsee wieder Fahrt aufnehmen. Auch Hapag-Lloyd Cruises will dann laut dem Magazin wieder aktiv werden. Andere große Kreuzfahrtanbieter wie die britisch-amerikanische Carnival Corporation sowie die Großreedereien MSC und Costa haben laut „Spiegel“ ihre Reisen bis Ende Juli abgesagt, Anfang August soll es dann wieder losgehen.

Leeres Kreuzfahrtschiff
Reuters/Lucy Nicholson
Die Kreuzfahrtschiffe liegen leer im Hafen

CoV könnte länger Strich durch die Rechnung machen

Die Kreuzfahrtreederei Aida Cruises, sie gehört zu Carnival, sagte ihre Fahrten bis Ende August ab. An vielen weltweiten Destinationen seien die Bedingungen für sicheres Reisen noch nicht gegeben, teilte das Unternehmen am Donnerstag an seinem Sitz in Rostock mit. Die Kreuzfahrtsaison von Aida Cruises war im März zunächst bis April unterbrochen worden. Bereits mehrfach wurde danach um jeweils einen Monat verlängert. Ausgenommen von der Verlängerung der Saisonunterbrechung bis Ende August seien einzelne Abfahrten einzelner Schiffe ab Mitte August.

Voraussetzung für das geplante Anlaufen zu Kreuzfahrten ist allerdings, dass das Coronavirus nicht einen neuen Strich durch die Rechnung macht. Einige Reedereien setzen bereits nicht mehr auf die heurige Saison, sondern konzentrieren sich auf die Planung für 2021. So sagte etwa Celestyal Cruises alle Kreuzfahrten bis März 2021 ab, wie die Website Schiffe und Kreuzfahrten diese Woche berichtete.

Passagiere auf Kreuzfahrtschiff
Reuters/Steven Watt
Ein Kreuzfahrtschiff vor der Pandemie läuft in den Hafen ein

Der Branche steckt auch noch der Beginn der Pandemie in den Knochen. Damals waren auf einigen Kreuzfahrtschiffen Infektionen bei Passagieren, aber auch bei dem Personal entdeckt worden. Teils durften die riesigen Schiffe die Häfen nicht anlaufen – bei einigen Kreuzfahrtschiffen war gar von einer Odyssee die Rede –, oder sie wurden in den Häfen unter teils wochenlange Quarantäne gestellt. Von Reedereien wurden die Crewmitglieder mehrerer Schiffe auf einem untergebracht – Stress vor der Ansteckungsgefahr in den auf einem Schiff begrenzten Raumbedingungen und langes Warten auf die Heimreise waren die Folge.

Der große Spaß wird zum Problem

Sorgen bereiten den Anbietern die Hygienemaßnahmen. So sollen etwa die Schiffe nicht ausgelastet werden, um genügend Abstand halten zu können. Das Coronavirus trifft die Kreuzfahrten in ihrem Kern und da vor allem in Sachen Spaß. Unklar ist, wie etwa Landausflüge gehandhabt werden bzw. ob sie überhaupt stattfinden können.

Passagiere auf Kreuzfahrtschiff
Reuters/Jean-Paul Pelissier
Wenn der Betrieb wieder anläuft, fallen auch die Freizeitaktivitäten unter die Abstandsregeln

Auch die klassischen Buffets funktionieren wie auch in Hotels so nicht mehr. Als Lösung wird erwartet, dass Speisen dann vom kellnernden Personal gebracht werden. Ein weiteres Problem stellen die Animationen, Funparks, Swimmingpools, Theater- und Show- sowie Tanzabende und weitere Freizeitangebote auf den riesigen Schiffen dar. Auch hier wird Abstandhalten angesagt bleiben bzw. werden derartige Aktivitäten einfach eine Zeit lang eingestellt.

Doch auch der internationale Mix werde nicht mehr gegeben sein, wie der „Tagesspiegel“ weiter schreibt. „Amerikaner, Italiener, Australier, Kanadier, Japaner, Engländer, Deutsche“ – das bunte Miteinander wird erst mal nicht funktionieren, so die Zeitung. Offenbar wird an einem Verhaltens- und Maßnahmenkatalog gearbeitet, ob diese Regelungen allerdings bei allen Kreuzfahrtanbietern gleich sein werden, ist derzeit unklar.

Kein Anlegen in Spanien bis Ende der CoV-Krise

Die spanische Regierung verlängerte indes Ende Juni das Einreiseverbot für Kreuzfahrttouristen – und -touristinnen. Wie aus einem entsprechenden Gesetzblatt hervorgeht, soll das Anlegen der Touristenschiffe erst nach der Coronavirus-Krise wieder erlaubt werden. Mit der Maßnahme soll eine weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindert werden.

Die spanische Regierung öffnet derzeit das Land wieder für Touristen, die im Hotel übernachten. Spanien erzielt gut zwölf Prozent seiner Wirtschaftsleistung mit Urlaubern und Urlauberinnen.

Auch US-Reedereien verlängern Pause

Und auch in den USA wird man weiter auf Kreuzfahrten warten müssen. Anbieter der US-Kreuzfahrtbranche hätten sich geeinigt, ihre pandemiebedingte Pause freiwillig zu verlängern und den Betrieb von US-Häfen aus bis zum 15. September ruhen zu lassen, teilte der Branchenverband CLIA Ende Juni in Washington mit. In der Organisation sind alle großen Anbieter vertreten.

Die Entscheidung sei wegen der „anhaltenden Situation im Zusammenhang mit Covid-19 innerhalb der USA“ getroffen worden. Das Betriebsverbot der US-Gesundheitsbehörde CDC für Kreuzfahrtschiffe läuft nach diesen Informationen am 24. Juli aus, einige Anbieter hatten eigentlich Pläne für einen langsamen Neustart ab August gehabt. Es sei aber zunehmend klar, dass mehr Zeit benötigt werde, hieß es nun.

Hohe Verluste und Aktien im Sinkflug

Die Pause kostet enorme Summen. Dass der Branche das Wasser bis zum Hals steht, lässt sich an den Aktien der Marktführer Carnival, Royal Caribbean und Norwegian Cruise Line ablesen. Die Kurse sind seit Jahresbeginn drastisch gefallen. Auch die Verluste durch die fehlenden Einnahmen sind hoch. Carnival etwa schrieb im zweiten Quartal einen Verlust von 4,4 Milliarden Dollar (3,9 Mrd. Euro). Auch andere große Linien sind tief in die roten Zahlen geraten.

Experten sehen in der Pause auch eine Chance für ein eventuelles Umdenken bei Anbietern und vor allem bei Konsumenten und Konsumentinnen. Laut CLIA stiegen die jährlichen Passagierzahlen auf dem Kreuzfahrtmarkt von 2009 bis 2019 von 17,8 Millionen auf 30 Millionen. Für 2020 war mit einem weiteren deutlichen Anstieg auf 32 Millionen Passagiere gerechnet worden.

„Green Cruising“ gegen schlechtes Image?

Ob Steuer- und Umweltsünden, Ausbeutung von Niedriglohnarbeitern oder mangelnde Sicherheit – Vorwürfe in der und gegen die Branche gibt es viele. Kreuzfahrten gelten inzwischen als Inbegriff des Übertourismus, dessen Folgen zunehmend kritisch bewertet werden. Denn die großen Schiffe fluten Urlaubsgebiete mit Massen an Besuchern, die zwar alles sehen wollen, aber wenig ausgeben. Verpflegung und Unterhaltung an Bord sind ja schon im Preis inbegriffen.

„Wir werden mehr Nachfrage nach ‚Green Cruising‘ haben“, sagte Daniel Skjeldam von der auf Skandinavien spezialisierten Reederei Hurtigruten dem „Tagesspiegel“. Als Beispiel nannte Skjeldam das beliebte, aber auch heftig umstrittene Kreuzfahrtziel Venedig. Die Leute hätten ja mitbekommen, wie sauber das Wasser in Venedig während der Krise gewesen sei. Es habe keinen Sinn, Menschen dorthin zu bringen, wo sie nicht willkommen seien, so Skjeldam.