Menschen in einem Park in Austin, Texas
Reuters/Sergio Flores
Steigende Coronavirus-Zahlen

US-Experten warnen vor 4.-Juli-Feiern

In den USA schnellen die Coronavirus-Zahlen mit einem Rekordwert an Neuinfektionen an einem Tag in die Höhe. Mit Blick auf den Nationalfeiertag am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag, zeigten sich mehrere US-Gesundheitsexperten angesichts des erwarteten höheren Reiseaufkommens und der Lockerungen äußerst besorgt. Es könne sich „ein perfekter Sturm“ zusammenbrauen, zitierte der Sender CNN einen Arzt für Infektionskrankheiten.

Problematisch sei zudem, dass sich die Menschen nicht immer an die Hygienevorschriften hielten, heißt es von Gesundheitsexperten. Der führende US-Immunologe Anthony Fauci hatte bereits am Dienstag gewarnt, dass es bald täglich 100.000 Neuinfektionen geben könnte. Die USA bewegten sich in die falsche Richtung. Am Donnerstag erreichte die Zahl der Neuinfektionen mit über 50.000 Fällen abermals einen neuen Höchststand, wie die Johns-Hopkins-Universität in Baltimore mitteilte.

Die Vereinigten Staaten sind sowohl hinsichtlich der Ansteckungs- als auch der Totenzahlen das mit Abstand am härtesten von der Pandemie betroffene Land der Welt. Die Infektionszahlen steigen rasant: Noch vor zwei Wochen betrug die Zahl der täglichen Neuinfektionen etwa 22.000.

Menschen beobachten am Times Square ein Feuerwerk
APA/AFP/Getty Images/Jamie Mccarthy
In New York findet ein mehrtägiger Feuerwerkszyklus für den Unabhängigkeitstag statt

Lockerungen teils zurückgenommen

Besonders betroffen sind die US-Staaten Florida, Texas, Arizona, Georgia und Kalifornien. In Kalifornien und Michigan wurden Lockerungen bereits zurückgenommen. Die Innenbereiche von Bars und Restaurants wurden in mehreren Städten wieder geschlossen.

Im Bundesstaat Pennsylvania wurde eine Maskenpflicht angeordnet, ebenso in Texas. Der als enger Verbündeter von US-Präsident Donald Trump geltende republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, ordnete am Donnerstag eine Maskenpflicht für alle Bezirke an, in denen mindestens 20 Infektionen nachgewiesen wurden. Abbott hatte noch im Juni gesagt: „Die Regierung kann nicht vorschreiben, dass Einzelpersonen Gesichtsmasken tragen müssen.“ Das sei aber unbedingt erforderlich, sagte Abbott jetzt in einer Videobotschaft.

US-Vizepräsident Mike Pence mit Maske
AP/Tony Gutierrez
Trumps Vize Pence trägt nun eine Maske – und empfiehlt das Tragen auch anderen

Pence empfiehlt, Masken zu tragen

Trump hält nichts von einer landesweiten Maskenpflicht. Er wird immer wieder damit konfrontiert, dass er sich in der Öffentlichkeit nicht mit Maske zeigt – also nicht mit gutem Beispiel vorangeht. Mittlerweile ist neben anderen republikanischen Politikern auch Vizepräsident Mike Pence öfter mit Maske zu sehen.

Trumps Stellvertreter empfiehlt den US-Bürgern jetzt auch aktiv das Tragen einer Bedeckung für Mund und Nase. Vor einem Besuch in Florida sagte Pence allerdings, er sehe keine Notwendigkeit für eine landesweite Maskenpflicht. Zusammen mit Trump unterstütze er die Entscheidungen einiger Bundesstaaten, bei den schon angelaufenen Lockerungen zu pausieren.

Trump mit Maske „wie Lone Ranger“

Trump selbst sagte in einem Fox-Interview, in den USA gebe es genug Orte, an denen ausreichend Abstand eingehalten werden könne. Er habe persönlich aber keine Probleme damit, eine Maske zu tragen. „Ich hatte sogar eine Maske auf (und) ich mochte irgendwie, wie ich ausgesehen habe“, sagte er. „Es war eine dunkle, schwarze Maske, und ich fand, es sah in Ordnung aus.“ Er habe ausgesehen wie „Lone Ranger“, eine fiktive Figur, die unter anderem aus Westernfilmen bekannt ist – und eine Augenmaske trägt.

Vor dem Unabhängigkeitstag wohnt Trump am Freitagabend (Ortszeit) einem großen Feuerwerk am Mount Rushmore bei. Trump reist gemeinsam mit seiner Ehefrau Melania zu dem berühmten Monument im Bundesstaat South Dakota, das die Köpfe von vier früheren US-Präsidenten zeigt. Weil außerdem rund 7.500 Zuschauer erwartet werden, gibt es auch dort Sorgen vor möglichen Ansteckungen mit dem Coronavirus.

Die landesweiten Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag finden am Samstag statt. In der Hauptstadt Washington wird Trump an einer großen Zeremonie unter dem Motto „Salute to America“ (Salut an Amerika) teilnehmen. An dem Nationalfeiertag wird der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten am 4. Juli 1776 gedacht.

„Virus wird irgendwann einfach verschwinden“

Trump zeigte sich indes auch zuversichtlich, dass sich die Wirtschaft bald wieder erholen wird. „Das Virus wird irgendwann gewissermaßen einfach verschwinden“, sagte der Republikaner am Mittwoch dem Fernsehsender Fox Business. Schon zuvor hatte er immer wieder darauf verwiesen, dass sich die hohen Infektionszahlen durch eine erhöhte Zahl der Tests erklären ließen.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, sagte, das Land befinde sich mittlerweile in einer anderen Situation als zu Beginn der Pandemie. „Wir sind ausgestattet für das, was wir am Horizont sehen“, sagte sie am Mittwoch in einer Pressekonferenz.

Demokraten für Untersuchungskommission

Gegenwind kommt von den Demokraten, die Trump vorwerfen, vor dem Virus kapituliert zu haben. Mehrere demokratische Senatoren kündigten am Mittwoch an, das Verhalten der Regierung in einer parteiübergreifenden Kommission untersuchen lassen zu wollen. Diese solle ähnlich zusammengestellt werden wie die Untersuchungskommission für die Terroranschläge vom 11. September.

„Von Anfang an wurde die Reaktion der Verwaltung auf die Covid-19-Pandemie durch Versorgungsengpässe, mangelnde Koordination und die Unfähigkeit, das Virus einzudämmen, erschwert“, sagte die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein in einer Mitteilung. Es gehe jetzt darum, Lehren für kommende Pandemien zu ziehen.

Wirtschaft öffnen oder Pandemie bekämpfen?

Auch in Trumps engerem Umfeld sorgte der Umgang mit dem Coronavirus laut einem CNN-Bericht für Diskussionen. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und Stabschef Mark Meadow hatten zuletzt eine schnellere Öffnung der Wirtschaft angestrebt und haben nun erhebliche Bedenken mit Blick auf die Wiederwahl im November, wie der Sender mit Verweis auf nicht namentlich genannte Trump-Berater berichtete. Andere Regierungsmitglieder, darunter Vizepräsident Pence, konzentrierten sich hingegen stärker auf die Eindämmung der Pandemie.

Trump hatte sich während seiner Präsidentschaft immer wieder mit der gutgehenden US-Wirtschaft gebrüstet. Die Pandemie hat die Wirtschaft jedoch empfindlich getroffen. Mehr als 45 Millionen Menschen verloren seit Mitte März mindestens zeitweise ihren Job – so viele wie nie zuvor in solch kurzer Zeit. Die Arbeitslosigkeit lag im Mai bei 13,3 Prozent.