„Wir würden es weiter sehr gerne sehen, wenn er zu uns käme und mit uns sprechen würde“, sagte die New Yorker Staatsanwältin Audrey Strauss am Donnerstag über den zweitältesten Sohn der Queen. „Unsere Türen bleiben offen.“ Andrew soll als Zeuge verhört werden. Doch ihm wird auch selbst vorgeworfen, an dem Missbrauch beteiligt gewesen zu sein. Die US-Amerikanerin Virginia Giuffre sagte aus, sie sei im Jahr 2001 im Haus Maxwells in London zum Sex mit dem zweitältesten Sohn der Queen gedrängt worden. Damals war sie erst 17 Jahre alt.
Zum Beweis legte sie ein Foto vor, das alle drei in einem oberen Stock des Hauses zeigt, Andrews Arm ist um die entblößte Taille des Mädchens gelegt. Der Prinz behauptet jedoch, sich nicht an eine Begegnung zu erinnern und legte sogar nahe, das Bild sei möglicherweise gefälscht. Er leugnete jegliche Vorwürfe.
Andrew „überrascht“
Bezüglich der Aufforderungen der Staatsanwaltschaft zeigte sich Andrew am Donnerstag überrascht. Das Team des Herzogs von York sei „verblüfft, angesichts dessen, dass wir zweimal mit der US-Justiz im vergangenen Monat kommuniziert haben“, hieß es aus dem Umfeld Andrews am Donnerstagabend. Bisher habe man keine Antwort erhalten. In britischen Medien wurde spekuliert, Andrew weigere sich womöglich, mündlich auszusagen und stelle nur eine schriftliche Beantwortung von Fragen in Aussicht. Zuletzt hatte die Staatsanwaltschaft Andrew „null Kooperation“ vorgeworfen.
Am Donnerstag war Epsteins ehemalige Lebensgefährtin Maxwell überraschend im US-Ostküstenstaat New Hampshire verhaftet worden. Der Millionenerbin wird eine Verwicklung in Epsteins Menschenhandels- und Missbrauchsring vorgeworfen. Maxwell soll Epstein junge Mädchen zugeführt haben. Sie wurde in sechs Punkten angeklagt. Die Bundesanwaltschaft in Manhattan wirft der 58-Jährigen in der am Donnerstag veröffentlichten Anklageschrift unter anderem vor, zumindest zwischen 1994 und 1997 in mehreren Fällen sexuelle Kontakte zwischen Epstein und Minderjährigen von teilweise nur 14 Jahren angebahnt, begünstigt und diesen in manchen Fällen auch beigewohnt zu haben.
Vertrauen erschlichen
Maxwell, Tochter und Erbin des Medienmoguls Robert Maxwell, baute der Anklageschrift zufolge Beziehungen zu den Mädchen auf, ging mit ihnen einkaufen und ins Kino. Später überzeugte sie die Mädchen, Epstein nackt zu massieren, woraufhin sie von dem Millionär missbraucht wurden. Zudem wird ihr vorgeworfen, die Reise von Minderjährigen zu Häusern Epsteins organisiert zu haben, wo es zu Missbrauch gekommen sei. Als Tatorte werden Epsteins Anwesen in New York, Santa Fe und Palm Beach sowie ihr eigenes Haus in London genannt. Maxwell wird zudem Meineid zur Last gelegt. Bei einer Verurteilung droht Maxwell lebenslange Haft.
Staatsanwältin Strauss sagte bei einer Pressekonferenz, Maxwell habe zu Epsteins „engsten Verbündeten“ gehört und eine „entscheidende Rolle“ bei seinen Machenschaften gespielt. Die Verhaftung erfolgte rund ein Jahr, nachdem der 66-jährige Millionär Epstein wegen Vergewaltigung Minderjähriger festgenommen worden war. Ihm wurde vorgeworfen, jahrelang minderjährige Mädchen und junge Frauen sexuell missbraucht und zur Prostitution angestiftet zu haben. Im August des Vorjahres wurde Epstein erhängt in seiner Zelle gefunden.
Missbrauchsring auf Jungferninsel
Epstein war bereits 2008 wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt worden, im Vorjahr wurde er wegen Missbrauchsfällen aus den Jahren 2002 bis 2005 in seinen Anwesen in Manhattan, Palm Beach und an anderen Orten erneut verhaftet. Epstein hätten bei einer Verurteilung 45 Jahre Haft gedroht. Seither gibt es immer neue Vorwürfe gegen den Investmentbanker, der die Mädchen auch als „Sexsklavinnen“ an Freunde und Bekannte weitervermittelt haben soll. So soll Epstein auf seinen zwei Privatinseln im Gebiet der Amerikanischen Jungferninseln Dutzende minderjährige Mädchen vergewaltigt und gefangen gehalten haben.
Epstein habe auf den Amerikanischen Jungferninseln ein „umfassendes System des Menschenhandels und des sexuellen Missbrauchs junger Frauen“ betrieben, sagte die Generalstaatsanwältin Denise George, die im Jänner eine zivilrechtliche Klage gegen Epsteins Nachlassverwaltung einbrachte.
Ihren Angaben zufolge wurden Mädchen im Alter zwischen elf und 17 Jahren mit dem Schiff, Hubschrauber und Flugzeug zu Epsteins Luxusanwesen Little Saint James auf den Jungferninseln gebracht. Epstein hatte laut George auch eine Datenbank angelegt, um die Verfügbarkeit und die Bewegungen von Frauen und Mädchen nachverfolgen zu können.