Frankreichs Premier Edouard Philippe und Präsident Emmanuel Macron
AP/Christian Hartmann
Frankreich

Regierung geschlossen zurückgetreten

Die französische Regierung unter Premierminister Edouard Philippe (49) ist komplett zurückgetreten. Das teilte der Präsidentenpalast am Freitag in Paris mit. Philippe habe bei Präsident Emmanuel Macron den Rücktritt eingereicht, dieser habe ihn angenommen.

Der Schritt wurde erwartet, da Präsident Macron nach dem Debakel seines Lagers bei den Kommunalwahlen seine Politik neu ausrichten will. Dafür soll die Regierung umgestaltet werden. „Ökologischer Wiederaufbau“ ist dabei eines der Schlagworte von Macron.

Er kündigte bereits Mitte der Woche an, mit einem „neuen Team“ einen „neuen Weg“ einschlagen zu wollen. Das neue Kabinett werde „neue Talente“ und „Persönlichkeiten mit unterschiedlichem Hintergrund“ vereinen, sagte Macron im Interview mit mehreren Regionalzeitungen.

Nach „grüner Welle“: Macron unter Druck

Macron war nach der Endrunde der Kommunalwahlen am Sonntag erheblich unter Druck geraten, da sich sein Mitte-Lager bis auf wenige Ausnahmen nicht in großen Städten durchsetzen konnte. Stattdessen gab es eine „grüne Welle“ – Grüne und ihre Verbündeten eroberten große Städte wie Lyon, Straßburg und Bordeaux.

In der südwestfranzösischen Stadt Perpignan setzte sich ein Kandidat der Rechtsaußenpartei Rassemblement National (RN – früher Front National) durch. Macron hatte von einer „Ohrfeige“ für seine Partei La Republique en Marche gesprochen und „Fehler“ eingeräumt. Er kündigte unter anderem Zugeständnisse in der Klimapolitik an.

Kreise: Philippe nicht wieder Regierungschef

Gemeinsam mit den Regierungsmitgliedern ist Philippe nun bis zur Ernennung der neuen Regierung für die Behandlung der laufenden Angelegenheiten zuständig, hieß es weiter aus dem Elysee-Palast. Philippe führt die Mitte-Regierung seit Mai 2017. Der ursprünglich aus dem Lager der bürgerlichen Rechten stammende Politiker hatte Ende Juni die Kommunalwahl in der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre für sich entschieden.

Unklar ist, ob der 49-Jährige eine neue Regierung unter Macron führen wird – laut unbestätigten Informationen aus dem Elysee-Palast soll das nicht der Fall sein. In den kommenden Stunden will der Präsidentenpalast die Entscheidung verkündigen.

Unterschiedliche Positionen

Über die politische Zukunft Philippes wird bereits seit Monaten spekuliert. Während der schweren Coronavirus-Krise hatte es Spannungen an der Spitze des Staates gegeben. So drückte Macron beim Lockern der strikten Ausgangsbeschränkungen aufs Tempo, während Philippe bremste.

In Beliebtheitsumfragen schneidet Philippe wesentlich besser ab als Macron. Philippe hatte in der Pandemie, die Frankreich mit rund 30.000 Toten schwer traf, als ruhig wirkender Krisenmanager deutlich an Statur gewonnen. Laut einer Umfrage des Instituts Elabe Berger Levrault will mehr als die Hälfte der Franzosen und Französinnen Philippe weiterhin als Regierungschef sehen. Allerdings gilt es als ungewiss, ob Philippe, der eine Vergangenheit als Lobbyist bei einem Atomkonzern hat, einen politischen Richtungswechsel Macrons mit stärker sozialen und ökologischen Akzenten mittragen würde.

Schwerer Stand für Premierminister

Philippe hat seinen Aufstieg allerdings Macron zu verdanken. Dieser machte den einstigen Vertrauten des konservativen Politikers Alain Juppe vor gut drei Jahren zum Regierungschef. Das war auch ein deutliches politisches Zeichen: Macron wollte der gemäßigten Rechten signalisieren, dass er auf sie zugeht und sie einbinden will.

Premierminister haben in Frankreich einen schwierigen Stand, da üblicherweise der Staatspräsident im Rampenlicht steht und die großen Linien vorgibt. So vertritt der Staatschef Frankreich auf EU-Gipfeln und bei anderen internationalen Spitzentreffen. Der damalige konservative Präsident Nicolas Sarkozy, der von 2007 bis 2012 regierte, bezeichnete seinen Premier Francois Fillon einmal herablassend als seinen „Mitarbeiter“.