Khashoggi-Prozess startete in Abwesenheit der Angeklagten

Mehr als eineinhalb Jahre nach der Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi hat heute vor einem Gericht in Istanbul der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter begonnen. Bei einer Verurteilung drohen den Beschuldigten, von denen sich keiner in der Türkei befindet, lebenslange Haftstrafen. Unter den 20 Angeklagten sind zwei Funktionäre mit engen Verbindungen zum saudi-arabischen Königshaus.

Gerichtsgebäude in Istanbul
APA/AP/Emrah Gurel

Den Beschuldigten wird unter anderem die „vorsätzliche und monströse Tötung unter Qualen“ vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftbefehle gegen alle Angeklagten ausgestellt.

Unter den Verdächtigen sind der stellvertretende saudi-arabische Geheimdienstchef Ahmed al-Assiri und der ehemalige Berater des Kronprinzen Mohammed bin Salman, Saud al-Kahtani. Sie sollen nach Erkenntnissen der türkischen Ermittler die Ermordung Khashoggis im Istanbuler Konsulat angeordnet haben.

Zu Prozessbeginn war auch Khashoggis türkische Verlobte Hatice Cengiz im Saal. „Ich werde alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Mörder von Jamal zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Cengiz hofft, dass der Prozess auch Erkenntnisse darüber bringt, wo sich die bis heute verschwundene Leiche von Khashoggi befindet. Vor Journalisten sagte Cengiz nach dem Ende der Anhörung, sie vertraue auf die türkische Justiz.

Auch UNO-Sonderberichterstatterin bei Prozess

An dem Prozess nahm auch die UNO-Sonderberichterstatterin Agnes Callamard teil. Sie hatte die Tötung Khashoggis in direkte Verbindung zum saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed gestellt und im vergangenen Jahr zu einer unabhängigen internationalen Untersuchung des Mordfalls aufgerufen. In einer Pressekonferenz sagte sie, der Prozess in Istanbul sende ein „sehr starkes Signal an Diktatoren überall in der Welt“ und führe diesen vor Augen, „dass sie nicht mit der Ermordung eines Journalisten davonkommen“.

Laut Callamard sagte ein türkischer Mitarbeiter des saudi-arabischen Konsulats vor dem Istanbuler Gericht aus, er sei am Tag von Khashoggis Ermordung in das Konsulat gerufen und beauftragt worden, den großen Ofen im Garten des Geländes anzuzünden. „Vier oder fünf“ der saudi-arabischen Gäste seien bereits anwesend gewesen, sagte der Konsulatsmitarbeiter offenbar in Anspielung auf das Tötungskommando. Drei Tage später habe der Botschaftsmitarbeiter gesehen, dass der den Ofen umgebende Marmor gebleicht worden sei.

Die nächste Anhörung vor dem Istanbuler Gericht wurde auf den 24. November angesetzt.