Mann in Pub
Reuters/Hannah Mckay
Pubs wieder offen

Regierung warnt Briten vor Exzessen

In Großbritannien dürfen seit Samstag – nach mehr als drei Monaten – die Pubs wieder aufsperren. Dasselbe gilt etwa auch für Friseurgeschäfte, Hotels und Restaurants. Unumstritten sind diese aktuellen Lockerungsmaßnahmen wegen der nach wie vor sehr kritischen Coronavirus-Statistiken in Großbritannien aber nicht. Die Regierung in London warnte folglich davor, es im Pub zu übertreiben.

Premierminister Boris Johnson habe die Britinnen und Briten „beschworen“, sich vernünftig und verantwortungsbewusst zu benehmen, zitierte Samstagvormittag etwa der „Guardian“ aus einer Pressekonferenz am Regierungssitz in der Londoner Downing Street. Das Land sei längst noch nicht über dem Berg. „Verpatzen wir es nicht“, lautete der Appell Johnsons laut der britischen Tageszeitung.

Gesundheits- und Sicherheitsbehörden hätten laut „Guardian“ die Befürchtung geäußert, die Lockerungen der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus kämen zu früh bzw. gingen in der aktuellen Situation zu weit. Die Infektionszahlen könnten weiter steigen.

„Virus ist immer noch unter uns“

Das Land habe große Anstrengungen zur Eindämmung der Pandemie unternommen, sagte Johnson, nun müsse sich allerdings auch das wirtschaftliche Leben wieder normalisieren. Künftig werde die Regierung anstatt auf nationale auf gezielte, lokale Maßnahmen setzen. Aber, so Johnson: „Das Virus ist immer noch unter uns“, und wenn die Situation nochmals außer Kontrolle gerate, dann werde „diese Regierung nicht zögern, die Bremsen zu ziehen“ und Beschränkungen wiedereinzuführen.

Geschlossenes Geschäft
Reuters/Phil Noble
Die britische Regierung will künftig lokale und gezielte Maßnahmen forcieren

Außer Pubs durften mit Samstag auch Restaurants, Hotels, Kinos, Museen, aber etwa auch Friseurgeschäfte wieder öffnen. Der „Guardian“ sah das mit Blick auf die Lokale kritisch und nannte die Entscheidung verantwortungslos. „Damit werden die individuell und kollektiv erbrachten Opfer der vergangenen drei Monate aufs Spiel gesetzt, insbesondere für Risikogruppen.“ Die Mehrheit der Bevölkerung stehe nicht hinter dem „Hype“ um die Wiedereröffnung von Lokalen.

Kritik an Johnsons Kurs

„Viel zu spät und unentschlossen scheint Boris Johnson einigermaßen begriffen zu haben, welche Gefahren er geschaffen hat. In dieser Woche begann er damit, die Öffentlichkeit zu warnen, es nicht zu ‚übertreiben‘. Am Freitag sagte er, Großbritannien sei noch nicht über den Berg, und rief die Bevölkerung auf, sich verantwortungsvoll zu verhalten. Doch Johnson hat die moralische Autorität, von anderen verantwortungsvolles Benehmen zu verlangen, schon längst verspielt“, kommentierte der „Guardian“.

Großbritannien ist das am schwersten von der Coronavirus-Pandemie betroffene Land in Europa. Laut Zahlen der Johns-Hopkins-Universität sind in Großbritannien knapp 286.000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, mehr als 44.200 Infizierte starben bisher.

Gesundheitsminister „kein Spielverderber, aber …“

Deutliche Worte der Warnung zum „Super-Samstag“ fand schließlich auch der britische Gesundheitsminister Matt Hancock. Betrunkene Randalierer würden festgenommen, zitierte ihn das Boulevardblatt „Daily Mail“. Die Britinnen und Briten könnten „heute auf jeden Fall“ in Lokale gehen, aber sie müssten vernünftig sein. Pubs durften ab 6.00 Uhr Ortszeit (7.00 Uhr MESZ) öffnen – erstmals seit März und damit nach über drei Monaten.

Gäste müssen beim Betreten ihre Kontaktdaten hinterlassen. Menschenansammlungen an der Schank sind nicht erlaubt. Die Polizei hat die Zahl ihrer Einsatzkräfte stark erhöht. Hancock erklärte: „Ich bin kein Spielverderber, aber das Virus kann immer noch töten. Ich will nicht, dass Bars und Kneipen wieder schließen müssen. Ich liebe es, in die Kneipe zu gehen und ein oder zwei Bier zu trinken.“ Er werde aber nicht davor zurückschrecken, Pubs und Restaurants wieder zu schließen, wenn das nötig sein würde.