Frau setzt sich Maske auf
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Furcht vor zweiter Welle

Maske rückt wieder ins Rampenlicht

Die Sorge vor einer zweiten Welle nimmt in vielen Staaten, die die CoV-Krise lange Zeit stark eindämmen konnten, angesichts steigender Infektionszahlen weiter zu. Damit rückt vielerorts das Thema Maskenpflicht ins Rampenlicht – auch in Österreich, wo die Zahl der CoV-Fälle am Montag erstmals seit Mitte Mai wieder die 1.000er-Marke überschritt.

Für Aufsehen sorgte am Wochenende diesbezüglich, dass Oberösterreich die Maskenpflicht in Amtsgebäuden des Landes mit 7. Juli vorübergehend wieder einführt. Zudem rief Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) die Städte und Gemeinden dazu auf, dem Beispiel zu folgen und in ihren Wirkungsbereichen die Maskenpflicht vorübergehend wieder einzuführen. Auch die Stadt Wels verfügte nun eine Maskenpflicht in ihren Amtsgebäuden. Grund sind die vielen Neuinfektionen, zudem gibt es erste Fälle in Schlachthöfen – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Am Dienstag soll Stelzer Medienberichten zufolge die Wiedereinführung des Mund-Nasen-Schutzes in Geschäften, Supermärkten und Restaurants verkünden. Wahrscheinlich ist, dass die Maskenpflicht ausgeweitet werde, wie es im Vorfeld hieß – mehr dazu in ooe.ORF.at. Bereits mit den schon kommunizierten Maßnahmen ist Oberösterreich das erste Bundesland, das Lockerungen zurücknimmt. Auch die Stadt Wien schloss eine Verschärfung der Maßnahmen nicht aus, einen Anlass gebe es derzeit aber nicht – mehr dazu in wien.ORF.at.

Luftansicht des Fleischverarbeitungsbetriebs Tann in Marchtrenk
APA/FOTOKERSCHI.AT/Kerschbaummayr
In Oberösterreich gab es zuletzt mehrere Coronavirus-Hotspots – vor allem CoV-Fälle in Schlachthöfen ließen die Wogen hochgehen

Fachleute mahnen zu Maske

Generell riss die Debatte rund um die Maskenpflicht, die seit Mitte Juni mehrmals gelockert worden war, hierzulande nicht ab: Fachleute mahnten nach wie vor zum Tragen der Maske, um andere Menschen vor einer potenziellen Infektion zu schützen. Angesichts der steigenden Zahl an Infektionen unterstrich Harald Mayer, Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer, am Montag die Bedeutung des Mund-Nasen-Schutzes, durch den das Bewusstsein geschärft würde.

Wo die Maskenpflicht gilt

Eine Maske muss derzeit in öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis, in Seil- und Zahnradbahnen, Reisebussen und im Inneren von Ausflugsschiffen, im Gesundheitsbereich, bei Dienstleistungen, bei denen der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, und bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen (ausgenommen bei zugewiesenem Sitzplatz) getragen werden.

Nach wie vor seien Abstand und Hygiene wichtige Maßnahmen, um Infektionen einzudämmen und neue Cluster gar nicht erst entstehen zu lassen. „Dadurch, dass derzeit der Mund-Nasen-Schutz nur in den öffentlichen Verkehrsmitteln und im Gesundheitsbereich verpflichtend ist, vergessen viele auch darauf, Abstand zu halten und auf ihre Hygiene zu achten“, meinte Mayer.

Experte bei Sorglosigkeit für Maskenpflicht

Falls die Bevölkerung weiterhin weniger achtsam ist, sollte über eine Wiedereinführung des Mund-Nasen-Schutzes in öffentlichen Bereichen wie zum Beispiel Supermärkten nachgedacht werden, so der Arzt. Er appellierte an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner sprach sich am Montag in einem Interview mit oe24.tv ebenfalls für eine Wiedereinführung der Maskenpflicht in geschlossenen Räumen aus, und zwar überall dort, „wo sich Leute länger aufhalten und wo Abstände nicht eingehalten werden können“, sagte sie in dem vorab übermittelten Gespräch. „Supermärkte sind so ein Bereich.“ Und: „Ich fände es richtig, die Maskenpflicht in ‚Öffis‘ – egal wie die Entwicklung ist – auf jeden Fall weiter zu behalten.“

Anschober kündigte am Samstag ein regionales Ampelsystem als Vorbereitung für eine mögliche zweite Welle im Herbst an. „Ein einfaches vierstufiges Schema von Rot über Orange und Gelb bis Grün“ solle auf wissenschaftlicher Basis „automatisiert“ die aktuelle Lage „sichtbar machen und auch definieren, wann Zusatzmaßnahmen erforderlich sind, und wann Maßnahmen gelockert werden können“, so Anschober, der auch zum Einhalten des Mindestabstands, Hygiene und dem Tragen von Mund-Nasen-Schutz (MNS) in den notwendigen Bereichen mahnte, in einer Aussendung. Die Gesundheitsbehörden starteten zudem ein österreichweites Screeningprogramm.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Helmut Fohringer
Anschober kündigte zuletzt ein regionales Ampelsystem bis September an

Debatte auch in Deutschland

Österreich ist keineswegs allein mit der Debatte. In Deutschland wird ausgehend von einem Vorstoß der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern derzeit vor allem die Abschaffung der Maskenpflicht im Handel diskutiert. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte eine Abschaffung wie auch CSU-Chef Markus Söder und SPD-Chefin Saskia Esken am Montag strikt ab. „Überall dort, wo im öffentlichen Leben der Mindestabstand nicht gewährleistet sein kann, sind Masken ein wichtiges und aus heutiger Sicht auch weiter unverzichtbares Mittel“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Unterdessen wurde in der Schweiz erstmals seit Beginn der CoV-Krise mit Montag landesweit eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr eingeführt. Die gemeldeten Infektionen waren in jüngster Zeit stark gestiegen. Auch der Iran ordnete wegen des starken Anstiegs an Infektionen und Toten im Land eine Maskenpflicht in Behörden und den öffentlichen Verkehrsmitteln an. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro legte überdies sein Veto gegen eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen wie Kirchen, Geschäften und Schulen ein.

In den USA, wo das Tragen der Maske längst zum Politikum geworden ist, schlägt das Thema ebenso weiter Wellen. Weil die Infektionen zunehmen, ordnete in der Vorwoche selbst der als enger Verbündeter von US-Präsident Donald Trump geltende republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, eine Maskenpflicht an.

Medien: Forscher warnen vor CoV-Übertragung durch Luft

Die Debatte über das Tragen von Masken in geschlossenen Räumen trotz Einhaltens des Mindestabstands dürfte nun auch ein kolportierter Brief von 239 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 32 Ländern an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weiter anfachen.

Einem Bericht der „New York Times“ zufolge fordern die 239 Fachleute die WHO in dem Brief, der demnächst veröffentlicht werden soll, dazu auf, sich stärker auf die Übertragung des Coronavirus durch Aerosole zu fokussieren. Die WHO unterschätze die Ansteckungsgefahr durch Aerosole in der Luft – vor allem in schlecht belüfteten, überfüllten Räumen –, zitiert die „NYT“ aus dem Brief. Die Forscher fordern zudem entsprechende Maßnahmen, um die Übertragung des Virus über die Luft einzudämmen.

Aerosole sind feinste Tröpfchenkerne, die im Gegensatz zu größeren Tröpfchen längere Zeit in der Raumluft schweben können. Schon länger wird vermutet, dass ein guter Teil der Coronavirus-Ansteckungen darauf zurückgeht.

WHO noch zurückhaltend

Die WHO geht nach wie vor davon aus, dass das Virus hauptsächlich durch Tröpfchen und direkten Kontakt mit Infizierten übertragen wird. Man halte die Übertragung über die Luft zwar für möglich, klare Beweise würden aber fehlen, sagte die WHO-Expertin Benedetta Allegranzi etwa.

Die Forscher würden in dem Brief der „NYT“ zufolge auch kritisieren, dass das für die Prävention und Kontrolle von Infektionen zuständige Komitee der WHO zaghaft handle und in puncto Aktualisierung von medizinischen Empfehlungen risikoscheu sei. Die UNO-Behörde hatte lange betont, dass Mundschutz für Gesunde nur nötig sei, wenn man andere Personen pflegt oder wenn man selbst hustet oder niest.

Die Wirksamkeit von Mund-Nasen-Schutz wurde inzwischen in mehreren Studien bestätigt. Unter anderem fanden Forscherinnen und Forscher der Universität Mainz auf Basis der Infektionszahlen in der deutschen Stadt Jena, die als erste deutsche Großstadt bereits Anfang April eine Maskenpflicht einführte, und vergleichbarer Städte heraus, dass die Maskenpflicht in Jena zu einer langsameren CoV-Ausbreitung beitrug.