Großer Redoutensaal im Parlamentsausweichquartier
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Vor Sommerpause

Nationalrat zu CoV-Hilfen und Demos

Am Dienstag hat der Nationalrat eine Marathonsitzung vor der Sommerpause eingeläutet. Bis Donnerstag stehen 80 Tagesordnungspunkte auf dem Programm – darunter mehrere finanzielle Coronavirus-Hilfen für Privatpersonen und Unternehmen. In der Aktuellen Stunde am Dienstag will die FPÖ die Demonstrationen in Wien-Favoriten behandeln.

Die letzte Plenarwoche der turbulenten Tagungsperiode startete mit einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der FPÖ, bei der es um die teils heftigen Ausschreitungen und Angriffe türkisch-ultranationalistischer Gruppen auf Kurden-Demos in Wien-Favoriten gehen soll. Das Thema könne „aktueller gar nicht sein“, sagte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl am Montag. Die Aktuelle Stunde – mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) – werde der Auftakt einer großangelegten Sicherheits- und Integrationsoffensive der FPÖ sein, betonte er weiters.

Nach der Debatte über die Angriffe auf die Kurden-Demos widmet sich der Nationalrat bereits den Maßnahmen zur Bewältigung der Krise und Stärkung der Konjunktur. So wird etwa Teil eins der Steuerreform rückwirkend mit Jahresbeginn vorgezogen. Der Eingangssteuersatz soll von 25 auf 20 Prozent gesenkt werden. Die Negativsteuer für jene, die keine Einkommensteuer zahlen müssen, wird auf 100 Euro in Form einer Sozialversicherungsgutschrift erhöht. Vor der Krise sagte der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher, dass die erste Etappe der Steuerreform „weitgehend gegenfinanziert“ sei.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl
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Die FPÖ beginnt die Marathonwoche mit einer Aktuellen Stunde zu den Angriffen auf Kurden-Demos in Wien

Unternehmenssteuern, Flugticketabgabe, Waldfonds

In den kommenden Tagen soll auch Vorsorge dafür getroffen werden, „dass Beschäftigte in Kurzarbeit keine Steuernachteile beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld erleiden“, heißt es aus dem Pressedienst des Parlaments. Der befristete Höchststeuersatz von 55 Prozent für Spitzengehälter wird bis 2025 verlängert. Unternehmen will die Bundesregierung künftig als Unterstützungsmaßnahme einen Verlustrücktrag ermöglichen, was konkret bedeutet, dass Gewinne aus Vorjahren mit aktuellen Verlusten gegengerechnet werden können.

Abgabenstundungen sollen verlängert, eine Investitionsprämie soll geschaffen werden. Beschlossen werden auch eine Erhöhung der Flugticketsteuer auf 30 Euro für die Kurzstrecke, außerdem noch Hilfsmaßnahmen für die Forstwirtschaft in Form eines mit 350 Mio. Euro dotierten Waldfonds für Schäden durch Borkenkäfer und Klimawandel.

Gesetz soll kritische Infrastruktur vor Ausverkauf schützen

Das Thema landwirtschaftliche Pensionen steht am Mittwoch auf dem Programm. Für Arbeitslose wird eine Unterstützungsmaßnahme beschlossen, zwar nicht die von der SPÖ vehement geforderte Anhebung der Nettoersatzrate, aber eine Einmalzahlung über 450 Euro zusätzlich zu Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Fix ist auch ein Bonus von 360 Euro pro Kind für Familien.

Ein neues Investitionskontrollgesetz soll den Erwerb österreichischer Unternehmen, die in sensiblen Bereichen tätig sind, etwa von Betreibern kritischer Energie- oder digitaler Infrastruktur, erschweren. Künftig soll bei Konzernen aus dem Nicht-EU-Ausland die Genehmigungspflicht nicht mehr erst ab 25 Prozent, sondern bereits ab zehn Prozent von Stimmrechtsanteilen bestehen.

NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger
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NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger begrüßt die CoV-Hilfen, kritisiert aber das Investitionskontrollgesetz

NEOS begrüßte die geplanten Entlastungen wie den Verlustvortrag und das Vorziehen der Steuerreform bereits im Vorfeld der Plenartage. Die Entlastung müsse aber jedenfalls noch weiter gehen, etwa bei den bürokratischen Hürden, forderte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Montag in einer Aussendung. Kritik übt NEOS am Investitionskontrollgesetz. Das Ziel dieses neuen Gesetzes sei zwar nachvollziehbar, „die Regierung hat hier aber einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der völlig überschießend ist“, befand Meinl-Reisinger.

BVT-Reform und neuer Hochschultyp

Eine schon länger geplante Reform betrifft das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), das in den vergangenen Jahren etwas in Verruf gekommen war. Um Vertrauen im In- und Ausland zu stärken, wird am Donnerstag im Nationalrat in einem ersten Schritt eine neue Vertraulichkeitsprüfung etabliert, mittels derer die Lebensumstände von Bewerberinnen und Bewerbern und ihr Umfeld intensiver als bisher üblich durchleuchtet werden können.

Weitere Themen der Marathonwoche: Mit den Privathochschulen erhält Österreich einen neuen Hochschultyp, an den Fachhochschulen bekommen Privatunternehmen die Möglichkeit, eine bestimmte Zahl an Studienplätzen zu finanzieren, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dort Plätze zu reservieren, und die „neue Oberstufe“ wird einmal mehr verschoben – diesmal auf das Schuljahr 2023/2024.

SPÖ kritisiert Regierung und präsentierte Forderungen

Vor der Marathonwoche verschärfte die SPÖ ihren Ton in Sachen Bewältigung der Coronavirus-Krise und gegen den „politischen Nihilismus“ der ÖVP-Grünen-Regierung. „Die Österreicher haben ihr Bestes gegeben, aber bei Weitem nicht das Beste bekommen“, sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. „Je länger die Stehsätze der Minister werden, desto größer wird der Schaden für die Menschen in Österreich sein.“ Wenn die Regierung jetzt nicht handle, drohe im Herbst ein „Desaster“. Denn da würden Aufträge abgearbeitet und der Saisoneffekt des Sommers so gut wie verpufft sein, die Arbeitslosigkeit folgerichtig steigen.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
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Rendi-Wagner präsentierte einen SPÖ-Forderungskatalog und übte scharfe Kritik an der Regierung

Daher brauche es einen Plan, und den habe die SPÖ im Gegensatz zur Regierung. Einmal mehr trat Rendi-Wagner für eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengelds auf eine 70-prozentige Nettoersatzrate ein, für Vermögenssteuern und eine Steuerentlastung von 1.000 Euro/Kopf im Jahr. Weiters im „Kraftpaket“ enthalten sind ein „Corona-Tausender“ für alle „Heldinnen und Helden des Alltags“, eine Bildungsmilliarde und ein kollektivvertraglicher Mindestlohn von 1.700 Euro. Die SPÖ will eine geförderte Viertagewoche – dagegen sprach sich bereits mehrmals die Wirtschaft aus.

Es gelte, mehrere Bereiche zu kräftigen und zu stärken: „Wir wollen Österreich nicht nur aus der Krise führen, sondern es auch moderner, gerechter und klimafreundlicher machen.“ Der öffentliche Verkehr solle ausgebaut werden, ebenso der soziale Wohnbau und die thermische Sanierung, und es müsse wieder mehr das Prinzip „Made in Austria“ gelten, etwa was Medikamente und Schutzausrüstung angeht. 350.000 Arbeitsplätze könnten mit der Umsetzung des SPÖ-Plans geschaffen werden.