Saab 105 OE
Bundesheer/Harald Minich
Luftraumüberwachung

Kein Ersatz für Saab 105, Eurofighter bleibt

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) geht in Sachen Luftraumüberwachung einen überraschenden Weg. Sie verzichtet auf eine Nachfolge der veralteten Saab-105-Düsentrainer und behält die Eurofighter vorerst in ihrer bisherigen Form, bis ein Vertragsausstieg möglich sei. Das teilte das Ministerium nach einer Aussprache mit den Wehrsprechern der Parlamentsparteien Montagmittag mit.

Die Pläne sehen auch keine Aufrüstung der Eurofighter vor. Man wolle vielmehr bis zur „Klärung des Rechtsstreits zum Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag“ zuwarten und einen „breiten Diskussionsprozess auf parlamentarischer Ebene starten, um die Optionen für die Zeit nach Abschluss des Eurofighter-Verfahrens auszuloten“, hieß es aus dem Verteidigungsministerium.

Die nicht ausreichend ausgerüsteten 15 Eurofighter fliegen somit weiter, die Saab 105 sind ab 2021 aus Altersgründen nicht mehr im Betrieb. Die schwedischen Trainingsjets sind fast 50 Jahre alt. Von den urspünglich 40 gekauften Saab 105 sind noch zwölf im Einsatz. In der Praxis bedeutet das auch, dass die Eurofighter mehr Stunden werden fliegen müssen.

Eurofighter Typhoon
ORF.at/Roland Winkler
Die nicht ausreichend ausgerüsteten Eurofighter werden mehr Stunden fliegen müssen

Deutlich höhere Kosten durch Eurofighter

In weiterer Folge ergeben sich durch den verstärkten Einsatz der Eurofighter höhere Kosten, die Entscheidung stellt zudem den Standort Linz Hörsching, wo die Saab stationiert sind, infrage. Derzeit können laut Ministerium rund zehn Stunden Einsatzbereitschaft pro Tag für die Luftraumüberwachung sichergestellt werden, wobei 94 Prozent durch die Eurofighter abgedeckt werden und sechs Prozent durch die Saab 105. Gut 30.000 Euro kostet eine Flugstunde der Eurofighter, rund 3.000 Euro eine Saab-Flugstunde.

Während die passive Luftraumüberwachung etwa mittels Radar rund um die Uhr erfolgt, werden für die aktive Luftraumsicherung je nach Bedrohungslage jeden Tag bestimmte Zeiträume vorgegeben, in denen Jets startklar sein müssen. Diese Einsatzbereitschaft teilen sich die alten Saab 105 und eben die Eurofighter.

Verfahren gegen Eurofighter geht weiter

Dass die Saab überraschenderweise völlig ersatzlos ausscheiden, argumentiert man damit, dass die meisten Länder ein Einflottensystem hätten. Zwei von drei Expertenberichten, die unter früheren Verteidigungsministern erstellt wurden, hätten ein solches auch empfohlen. Dass nun – wie in so einem Fall erwartet wurde – im Gegenzug die Eurofighter nicht aufgerüstet werden, begründete man damit, dass man ja einen Vertragsausstieg anstrebt.

„Das Verfahren gegen Eurofighter wird mit größtem Nachdruck weiterverfolgt“, heißt es in einem Papier, das am Montag an die Medien verschickt wurde. „Die Republik Österreich wird weiterhin alle Rechtsmittel ausschöpfen, um das Ziel zu erreichen, den Eurofighter-Vertrag rückabzuwickeln und von Eurofighter entschädigt zu werden“, heißt es darin weiter. Zudem soll ein „breiter Diskussionprozess auf parlamentarischer Ebene“ gestartet werden, um Optionen für die Zeit nach dem Abschluss des Eurofighter-Verfahrens auszuloten.

Was diese Vorgehensweise für die Ausbildung und das Training der Piloten genau bedeutet, wurde in dem Schreiben nicht erörtert. Es wurden Maßnahmen angekündigt, um die Luftraumüberwachung und die Ausbildung der Piloten weiter zu gewährleisten. Die Ausbildung soll laut Generalstabschef Robert Brieger „wie bisher auch im Ausland stattfinden“.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
APA/Roland Schlager
Für ihre jüngsten Pläne für das Bundesheer erntete Tanner von der Opposition vergangene Woche viel Kritik

Betrugsverfahren eingestellt

Dass ein kostenschonender Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag, wie ihn die Politik erhofft, jemals möglich sein wird, ist fraglich. Tanner war am Anfang ihrer Amtszeit vehement gegen Eurofighter-Airbus aufgetreten, unter anderem mit der Aussage „Airbus wird mich noch kennenlernen“. Zu einem möglichen Vertragsausstieg gibt es bisher nichts Neues. Vielmehr wurde das Betrugsverfahren gegen Eurofighter-Airbus, das auf eine Anzeige des Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 2017 unter dem damaligen SPÖ-Minister und heutigen burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zurückging, eingestellt.

In dem vom Ministerium verschickten Papier heißt es, man gehe davon aus, „dass im Rahmen der Eurofighter-Beschaffung seit 2002 und beim Vergleich 2007 Korruption und Täuschung seitens Airbus/Eurofighter gegenüber der Republik stattgefunden hat“. Im Februar habe Airbus in einem Gerichtsverfahren angegeben, dass es in Österreich zumindest 55 Millionen Euro an politischen Zuwendungen gegeben habe. Im Mai sei deswegen eine neue Sachverhaltsdarstellung eingebracht worden.

Kritik von SPÖ und FPÖ

Kritik an den Plänen kam von SPÖ und FPÖ. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer warnte in einer Aussendung davor, dass sich Tanner „in volle Abhängigkeit von Airbus und NATO begibt“. Die Verteidigungsministerin werde „immer mehr zur Gefahr für Österreich“, sie stelle die Souveränität Österreichs infrage. Für die erhebliche Mehrkosten für den alleinigen Betrieb der Eurofighter müssten die Steuerzahler aufkommen.

FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch sah überhaupt den „ersten Schritt gesetzt, um die Luftraumüberwachung komplett zu ruinieren“. Alle Fragen seien offen geblieben, auch Bösch sieht die Gefahr einer „Abhängigkeit von einem Konzern, mit dem die Republik Österreich eine juristische Auseinandersetzung führt“. Bösch vermisst weiters Infos zur bereits ausgehandelten Nachbeschaffung von Hubschraubern. Er rechne daher auch hier mit einem Rückzug: „Das Bundesheer ist in Bälde nicht mehr einsatzfähig.“

Die Strategie Tanners sei „Nichts tun und warten, was passiert“, fasste NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos die Gespräche im Ministerium mit den Wehrsprechern am Montag zusammen. Es sei verantwortungslos, „untätig darauf zu vertrauen, dass irgendwann vielleicht doch noch eine Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufs möglich wird“. Es sei Tanners Aufgabe, für eine verfassungskonforme Luftraumüberwachung zu sorgen.