Pilot der Luftwaffe im Cockpit einer Saab 105
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Kein Saab-Ersatz

Opposition sieht Abhängigkeit von Airbus

Die Pläne von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), keinen Ersatz für die veralteten Saab 105 anzuschaffen, haben bei der Opposition heftige Kritik ausgelöst. SPÖ und FPÖ warnen vor einer Abhängigkeit von Airbus sowie Mehrkosten durch den Eurofighter, NEOS wirft Tanner Untätigkeit und Verantwortungslosigkeit vor. Tanner will sich komplett auf den Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag konzentrieren.

SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer warnte vor einer „vollen Abhängigkeit von Airbus und NATO“. Die Verteidigungsministerin werde „zur Gefahr für Österreich“, sie stelle die Souveränität Österreichs infrage. Die Steuerzahler müssten für die erheblichen Mehrkosten für den alleinigen Betrieb der Eurofighter aufkommen.

FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch sah überhaupt den „ersten Schritt gesetzt, um die Luftraumüberwachung komplett zu ruinieren“. Er kritisierte, dass Österreich in Abhängigkeit eines Konzerns gerate, mit dem es eine juristische Auseinandersetzung führe. Er vermisste auch weitere Infos, etwa zur ausgehandelten Nachbeschaffung von Hubschraubern. Er rechne daher hier ebenfalls mit einem Rückzug: „Das Bundesheer ist in Bälde nicht mehr einsatzfähig.“

Die Strategie Tanners sei „Nichts tun und warten, was passiert“, fasste NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos die Gespräche im Ministerium mit den Wehrsprechern am Montag zusammen. Es sei verantwortungslos, „untätig darauf zu vertrauen, dass irgendwann vielleicht doch noch eine Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufs möglich wird“. Es sei Tanners Aufgabe, für eine verfassungskonforme Luftraumüberwachung zu sorgen.

Doskozil hält Tanner für größtes Problem

Der frühere Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) übte massive Kritik an Tanner. Die Eurofighter weiterzubetreiben, das sei nicht zu verstehen. „Es ist mittlerweile aus meiner Sicht das größte Problem des Bundesheers die Frau Minister“, sagte er in der ZIB2. Tanner kommuniziere nicht mit dem Generalstab und schotte sich ab, und sie treffe keine Entscheidungen. Dabei lägen die Grundlagen seit 2017 auf dem Tisch. Man könnte statt der demnächst allein für die Luftraumüberwachung zuständigen Eurofighter auf ein günstigeres System umsteigen, Flugzeuge leasen oder gebrauchte Modelle beschaffen, so Doskozil.

Doskozil: „Größtes Problem des Heeres ist die Frau Minister“

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat entschieden, die 50 Jahre alten Saab 105 ersatzlos zu streichen und die Eurofighter-Abfangjäger weiter zu betreiben. Weitere Entscheidungen über die österreichische Luftraumüberwachung sollen erst nach dem Ende des Rechtsstreits mit Airbus kommen. Dazu im ZIB2-Studio: Der ehemalige SPÖ-Verteidigungsminister und jetzige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

Wenn man nun bei Airbus-Flugzeugen bleibe, bis der Rechtsstreit entschieden sei, werde das noch Jahre dauern, und man werde eventuell ein Update für die Flugzeuge bezahlen müssen. Außerdem schließe Österreich – etwa bei Hubschraubern – mit demselben Unternehmen neue Verträge ab, obwohl dieses noch immer im Verdacht stehe, die Republik betrogen zu haben.

Die Ministerin habe damit das teuerste System der Luftraumüberwachung prolongiert, das in Wirklichkeit den Luftraum nicht lückenlos überwachen könne, weil die – von Doskozils Parteikollegen Norbert Darabos verantwortete – Österreich-Version nur tagflugtauglich sei. Das alles geschehe vor dem Hintergrund des drohenden Abbaus von 6.000 Heeresmitarbeitern und möglichen Kasernenschließungen. Von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) abwärts nehme niemand mehr das Bundesheer ernst, beklagte er.

Kein Ersatz für Saab 105, keine Aufrüstung für Eurofighter

Tanner kündigte Montagmittag an, auf einen Ersatz für die veralteten Saab 105 zu verzichten. Der Eurofighter werde in der bisherigen Form vorerst weiter eingesetzt, bis ein Vertragsausstieg möglich sei. Die Eurofighter werden allerdings nicht aufgerüstet – man wolle bis zur „Klärung des Rechtsstreits zum Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag“ zuwarten und einen „breiten Diskussionsprozess auf parlamentarischer Ebene starten, um die Optionen für die Zeit nach Abschluss des Eurofighter-Verfahrens auszuloten“, hieß es aus dem Verteidigungsministerium.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
APA/Roland Schlager
Für ihre jüngsten Pläne für das Bundesheer erntete Tanner von der Opposition vergangene Woche viel Kritik

Die nicht ausreichend ausgerüsteten 15 Eurofighter fliegen somit weiter, die Saab 105 sind ab 2021 aus Altersgründen nicht mehr im Betrieb. Die schwedischen Trainingsjets sind fast 50 Jahre alt. Von den ursprünglich 40 gekauften Saab 105 sind noch zwölf im Einsatz. Einen Zeitrahmen für eine Entscheidung über eine Eurofighter-Nachfolge gab es am Montag nicht – auch keine Angaben, was passiert, wenn der Eurofighter-Vertrag tatsächlich aufgelöst wird.

Deutlich höhere Kosten durch Eurofighter

In der Praxis bedeutet die Entscheidung gegen Saab-Nachfolger, dass die Eurofighter mehr Stunden werden fliegen müssen – damit laufen auch mehr Kosten an. Gut 30.000 Euro kostet eine Flugstunde der Eurofighter, rund 3.000 Euro eine Saab-Flugstunde. Die Entscheidung stellt zudem den Standort Linz-Hörsching, wo die Saab stationiert sind, infrage.

Eurofighter Typhoon
ORF.at/Roland Winkler
Die nicht ausreichend ausgerüsteten Eurofighter werden mehr Stunden fliegen müssen

Während die passive Luftraumüberwachung etwa mittels Radar rund um die Uhr erfolgt, werden für die aktive Luftraumsicherung je nach Bedrohungslage jeden Tag bestimmte Zeiträume vorgegeben, in denen Jets startklar sein müssen. Diese Einsatzbereitschaft teilen sich die alten Saab 105 und eben die Eurofighter. Derzeit können laut Ministerium rund zehn Stunden Einsatzbereitschaft pro Tag für die Luftraumüberwachung sichergestellt werden, wobei 94 Prozent durch die Eurofighter abgedeckt werden und sechs Prozent durch die Saab 105.

Verfahren gegen Airbus geht weiter

Dass die Saab überraschenderweise völlig ersatzlos ausscheiden, argumentiert man damit, dass die meisten Länder ein Einflottensystem hätten. Zwei von drei Expertenberichten, die unter früheren Verteidigungsministern erstellt wurden, hätten ein solches auch empfohlen. Dass nun – wie in so einem Fall erwartet wurde – im Gegenzug die Eurofighter nicht aufgerüstet werden, begründete man damit, dass man ja einen Vertragsausstieg anstrebt.

„Das Verfahren gegen Eurofighter wird mit größtem Nachdruck weiterverfolgt“, heißt es in einem Papier, das am Montag an die Medien verschickt wurde. „Die Republik Österreich wird weiterhin alle Rechtsmittel ausschöpfen, um das Ziel zu erreichen, den Eurofighter-Vertrag rückabzuwickeln und von Eurofighter entschädigt zu werden“, heißt es darin weiter. Zudem soll ein „breiter Diskussionprozess auf parlamentarischer Ebene“ gestartet werden, um Optionen für die Zeit nach dem Abschluss des Eurofighter-Verfahrens auszuloten.

Was diese Vorgehensweise für die Ausbildung und das Training der Piloten genau bedeutet, wurde in dem Schreiben nicht erörtert. Es wurden Maßnahmen angekündigt, um die Luftraumüberwachung und die Ausbildung der Piloten weiter zu gewährleisten. Die Ausbildung soll laut Generalstabschef Robert Brieger „wie bisher auch im Ausland stattfinden“.

Betrugsverfahren eingestellt

Dass ein kostenschonender Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag, wie ihn die Politik erhofft, jemals möglich sein wird, ist fraglich. Tanner war am Anfang ihrer Amtszeit vehement gegen Eurofighter-Airbus aufgetreten, unter anderem mit der Aussage „Airbus wird mich noch kennenlernen“. Zu einem möglichen Vertragsausstieg gibt es bisher nichts Neues. Vielmehr wurde das Betrugsverfahren gegen Eurofighter-Airbus, das auf eine Anzeige des Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 2017 unter dem damaligen SPÖ-Minister und heutigen burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zurückging, eingestellt.

In dem vom Ministerium verschickten Papier heißt es, man gehe davon aus, „dass im Rahmen der Eurofighter-Beschaffung seit 2002 und beim Vergleich 2007 Korruption und Täuschung seitens Airbus/Eurofighter gegenüber der Republik stattgefunden hat“. Im Februar habe Airbus in einem Gerichtsverfahren angegeben, dass es in Österreich zumindest 55 Millionen Euro an politischen Zuwendungen gegeben habe. Im Mai sei deswegen eine neue Sachverhaltsdarstellung eingebracht worden.