Demonstration
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Nationalrat

Schlagabtausch über Demos in Favoriten

Die Angriffe türkisch-nationalistischer Gruppen auf Demos von linken prokurdischen Aktivistinnen und Aktivisten in Wien-Favoriten haben die Basis für eine lebhafte Debatte zu Beginn der Plenarwoche des Nationalrats gebildet. Alle Parteien versuchten am Dienstag, die Ereignisse in ihrem Sinn zu deuten. Hauptadressaten von Kritik waren Bundes-ÖVP und Wiener SPÖ.

Initiiert hatte die Aktuelle Stunde die FPÖ, die sich in Person von Klubobmann Herbert Kickl über die „Stuttgarter Tage“ alterierte, die sich bei den Auseinandersetzungen zwischen kurdisch- und türkischstämmigen Demonstrierenden im zehnten Wiener Gemeindebezirk abgespielt hätten. Ein „Wahnsinn“ sei das, der abzustellen sei, sagte der freiheitliche Fraktionschef, der als Schuldige die ÖVP und ihr „Totalversagen im Bereich Zuwanderung, Asyl und Integration“ erkor.

Besonders ins Visier nahm Kickl seinen Nachfolger als Innenminister, Karl Nehammer (ÖVP), für ihn der „Sponge Bob der Innenpolitik“, dem er empfahl: „Sie sollten weniger bellen und mehr beißen.“ Der Angesprochene antwortete prompt und versicherte: „Jeder Gewalttäter und jeder, der gegen das Symbolgesetz verstoßen hat, wird zur Rechenschaft gezogen.“ Auch jene, die glaubten, ein Mund-Nasen-Schutz schütze vor Verfolgung, würden sich täuschen. Ausschreitungen jeglicher Art hätten in Österreich keinen Platz.

Innenminister Karl Nehammer und FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl
APA/Robert Jaeger
Kickl (r.) und Nehammer: Der ehemalige und der amtierende Innenminister lieferten einander ein Wortduell im Nationalrat

Der Türkei richtete Nehammer aus, dass, wenn „ein anderes Land“ versuche, hierzulande Unruhe zu stiften, dieses die „volle Konsequenz der Republik Österreich“ kennenlernen werde. Die Demonstrierenden schilderte der Innenminister als außerordentlich: „Sie waren bereit zur totalen Gewalt gegen Mensch und Tier.“

„Beschweren Sie sich doch bei ihm“

Die politischen Angriffe der Volkspartei in Richtung Wiener Stadtregierung überließ Nehammer ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer. Das Aufeinandertreffen der Gruppierungen sei ja kein Zufall gewesen, sondern die Spitze eines Eisbergs: „Wir haben in Wien ein massives Integrationsproblem.“ Dafür sei die Wiener Stadtregierung verantwortlich.

Kickl: ÖVP-„Totalversagen“ bei Asyl und Integration

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl ging im Nationalrat hart mit seinem Nachfolger als Innenminister, Karl Nehammer (ÖVP), ins Gericht.

Der stellvertretende Klubchef der SPÖ, Jörg Leichtfried, empfahl Mahrer, vor der eigenen Tür zu kehren. „Beschweren Sie sich doch bei ihm“, erinnerte er daran, dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über Jahre für die Integrationsagenden in der Regierung zuständig war und das Thema auch jetzt noch in der Hand der Volkspartei liege.

Zu den Ausschreitungen meinte Leichtfried, es gehe um rechtsextreme Gewalt, und die habe in Österreich nichts verloren. Es werde alle Anstrengungen gegen jene geben, die das Miteinander in Österreich gefährden. Für mitschuldig hält er Kickl wegen dessen „Überfalls“ auf das Bundesamt für Verassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und speziell auf die Rechtsextremismusabteilung. „Das haben Sie jetzt davon.“

FPÖ thematisiert Wolfsgruß-Foto mit Kurz

Der freiheitliche Mandatar Hannes Amesbauer kehrte lieber zu Kurz zurück. Er hielt dem Auditorium in seiner Rede ein älteres Foto des heutigen Kanzlers entgegen, auf dem Männer beim Wolfsgruß zu sehen sind. Unter anderem den Grünen hielt er vor, sich auf eine Seite in dem Konflikt zwischen Kurden und Türken zu stellen – für Amesbauer „skandalös“.

Nehammer richtet Warnung an Türkei

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) warnte die Türkei in seiner Rede vor den Abgeordneten davor, in Österreich Unruhe zu stiften.

Seitens der Grünen warb die Abgeordnete Faika El-Nagashi dafür, die Ereignisse nicht für politisches Kleingeld und Stimmenfang zu verwenden, auch wenn die Versuchung noch so groß sei. Was es jetzt brauche, sei ein Schulterschluss im Kampf gegen Faschismus und Rechtsextremismus.

NEOS-Klubvize Nikolaus Scherak sagte, dass man als wehrhafte Demokratie solchen Entwicklungen mit den Möglichkeiten des Rechtsstaats entgegentreten müsse. Daneben sollte geredet werden: „Selbst mit Leuten, die nicht allzu dialogbereit sind, sollte man Dialog halten.“ Der Polizei attestierte Scherak, mit ihrem besonnenen Auftreten Schlimmeres verhindert zu haben.