Junge Frau arbeitet in einer Werkstatt
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Wirtschaft nach „Lock-down“

Kurzarbeit sinkt stark, Arbeitslosigkeit kaum

Immer häufiger stellen Betriebe mehr als zwei Monate nach Ende der weitgehenden „Ausgangssperre“ wieder auf Normalbetrieb um. In der vergangenen Woche sank die Zahl der Personen in Kurzarbeit erstmals unter eine halbe Million. Die Arbeitslosigkeit dagegen sinkt kaum und bleibt weiter extrem hoch. Laut OECD trifft diese in den Industriestaaten vor allem Junge, über 50-Jährige, Frauen und schlechter Ausgebildete.

Der krisengeschüttelte Arbeitsmarkt zeigt leichte Anzeichen der Entspannung – zumindest, wenn man auf die Kurzarbeit blickt, denn diese hat sich in den vergangenen Tagen fast halbiert. Viele Firmen verlängerten nicht um weitere drei Monate bis September. Derzeit sind in Österreich noch 403.382 Personen in Kurzarbeit – das sind um rund 350.000 weniger als in der Vorwoche und um 950.000 weniger als am Höhepunkt der Coronavirus-Krise.

Die Branchen mit der noch höchsten Zahl an Personen in Kurzarbeit sind demnach die Warenproduktion (169.175), der Handel und die KfZ-Reparatur (53.473) gefolgt von Beherbung und Gastronomie (40.035). Das ergab eine ORF.at-Nachfrage beim Arbeitsministerium.

„Die Zahlen sind sehr rückläufig – viele Unternehmen gehen aus der Kurzarbeit heraus und haben wieder auf Normalbetrieb umgestellt“, sagte Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) am Dienstag in einer Pressekonferenz.

Arbeitslosigkeit bleibt enorm hoch

Die Maßnahme, die einen noch dramatischeren Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern sollte, hat sich damit bewährt. Ganz anders sieht es dagegen bei der Zahl der Jobsuchenden aus: Die im Zuge der Coronavirus-Pandemie drastisch in die Höhe geschnellte Arbeitslosigkeit ist in der abgelaufenen Woche zwar zurückgegangen – allerdings nur ganz gering.

Aktuell sind 442.089 Menschen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos gemeldet. Das sind um 21.051 Personen weniger als vor einer Woche und um rund 146.000 weniger gegenüber dem Höchststand Mitte April. Aschbacher sieht dennoch in beiden Bereichen – Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit – eine „leichte Beruhigung“.

Bei der Arbeitslosigkeit sind es teils andere Branchen als bei der Kurzarbeit, die am stärksten betroffen sind: Die meisten Arbeitslosen gibt es demnach aktuell im Bereich Sonstige Wirtschaftliche Dienstleistungen (73.148), gefolgt vom Handel (58.762) und dem Bereich Beherbung und Gastronomie (58.055).

„Die Prognosen sagen, dass wir uns bei circa zehn Prozent nationaler Arbeitslosenrate einpendeln werden, derzeit sind es 10,1 Prozent“, so Aschbacher. Alle Menschen, die heuer zwischen Mai und September mindestens 60 Tage arbeitssuchend gemeldet sind, bekommen im September als zusätzliche Unterstützung eine Einmalzahlung in Höhe von 450 Euro, vermerkte Aschbacher.

Gespräche über Verlängerung der Kurzarbeit

Ein positives Signal sieht Aschbacher in der Zahl der Unternehmen, die eine Verlängerung der Kurzarbeit beantragen. Rund 30.000 Anträge seien bisher eingegangen. Damit wurden allein in der Vorwoche etwa 6.500 Anträge gestellt. Diese Zahl dürfte allerdings weiter steigen, weil die Betriebe noch drei Wochen lang eine Verlängerung beantragen können.

Wie es nach dem Auslaufen der derzeit möglichen dreimonatigen Verlängerung der Kurzarbeit nach dem September weitergeht, ist noch unklar. Darüber gebe es nun intensive Verhandlungen, so die Arbeitsministerin. Von den Sozialpartnern wird diese dringend und in einer neuen Form eingefordert, wie am Dienstag etwa auch aus Oberösterreich zu vernehmen war.

Für die Kurzarbeit wurden bereits 3,3 Milliarden Euro ausbezahlt – rund 270.000 Abrechnungen sind bearbeitet. „Das entspricht einer Abrechnungsquote von 94 Prozent“, so Aschbacher. Etwa 28.200 Unternehmer hätten bereits alle Monatsabrechnungen vollständig eingereicht und alle Teilzahlungen erhalten.

Wen es am stärksten trifft

Fast die Hälfte der Arbeitslosen sind ältere Menschen bzw. Jugendliche – derzeit sind 123.148 über 50-Jährige auf Jobsuche oder in Schulung gemeldet und 64.826 unter 25-Jährige. „Wir sehen, gerade bei den Jugendlichen bedarf es besonderer Maßnahmen“, betonte die Ministerin. Dabei verwies sie auch auf den Lehrlingsbonus, den die Regierung für ausbildungswillige Betriebe fortan bereitstellen will.

Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die am Dienstag ihren Beschäftigungsausblick für heuer präsentierte, hat die Coronavirus-Krise vor allem sozial Schwächere, auch Frauen, am stärksten getroffen.

„Wenn die Wirtschaft wieder anläuft, müssen der Gesundheitsschutz für Beschäftigte, eine angemessene Unterstützung bei Einkommensausfällen und Beschäftigungsförderung Priorität haben, denn die Krise wird möglicherweise noch andauern“, so die OECD-Fachleute.

Durch Kurzarbeit in Warteposition

Trotz des großen Einsatzes von Telearbeit brach die tatsächliche Beschäftigtenzahl laut OECD in allen Ländern ein, denn die Unternehmen legten Neueinstellungen auf Eis. Zusätzlich hielten die Staaten einen beträchtlichen Teil ihrer Beschäftigten durch Kurzarbeit oder andere staatlich subventionierte Programme zum Erhalt von Arbeitsplätzen in einer Art Warteposition.

Viele Länder erhöhten laut OECD-Studie ihre Arbeitslosengelder oder erleichterten den Zugang. Österreich, das ein vergleichsweise niedriges Arbeitslosengeld hat – arbeitete mit einer zusätzlichen Einmalzahlung. Allerdings forderten Opposition und Gewerkschaft wiederholt eine Anhebung des Arbeitslosengeldes – zumindest für jene, die aufgrund des „Lock-downs“ ihren Job verloren haben.