Serbien verhängt erneut Ausgangssperre – Proteste

Angesichts steigender Infektionszahlen mit dem neuartigen Coronavirus kehrt Serbien am Wochenende zu einer vorübergehenden Ausgangssperre zurück: „Von Freitag bis Montag werden wir eine lange Ausgangssperre haben“, sagte der serbische Präsident Aleksandar Vucic gestern bei einer vom Fernsehen übertragenen Pressekonferenz.

Der Krisenstab der Regierung werde entscheiden, ob die Beschränkungen nur für die Hauptstadt Belgrad oder landesweit gälten. Die Ankündigung der Ausgangssperre erfolgte unmittelbar nach Bekanntwerden eines neuen Infektionsrekords in dem südosteuropäischen Land. Wie die Behörden mitteilten, starben zuletzt binnen 24 Stunden 13 Menschen an den Folgen ihrer Coronavirus-Infektion – so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie.

Proteste vor Parlament in Belgrad

Unmittelbar nach der Pressekonferenz kam es in Belgrad zu Protesten. Tausende Bürger und Bürgerinnen versammelten sich vor dem Parlament. Den Demonstranten gelang es sogar kurz, ins Parlament einzudringen, sie wurden aber von der Polizei gezwungen, das Gebäude wieder zu verlassen.

Polizisten wurden mit Flaschen und Eiern beworfen. Von Protestteilnehmern waren sowohl an Vucic gerichtete Ausrufe wie „Rücktritt“ und „Nehmt Vucic fest“ wie auch nationalistische Parolen „Kosovo ist Serbien“ zu hören.

Kritiker werfen Regierung Verschleierung vor

In Serbien war erstmals am 6. März eine Infektion nachgewiesen worden. Seitdem wurden in dem Balkan-Staat rund 330 Todesfälle durch das Coronavirus gezählt. Kritiker werfen den Behörden vor, die tatsächliche Todesfallzahl zu verschleiern, was die Regierung in Belgrad jedoch bestreitet.

Bereits im März hatte die Regierung landesweit strenge Ausgangsbeschränkungen verhängt, die jedoch im Juni gelockert wurden – nicht zuletzt mit Blick auf die Parlamentswahl, bei der Vucics Fortschrittspartei einen klaren Sieg errang. Nach Angaben Vucics werden derzeit fast 4.000 CoV-Patienten in Krankenhäusern behandelt. „Niemand kann diese Zahlen aushalten“, sagte der Präsident. „Wir wollen nicht unsere Ärzte töten.“

Bereits vergangene Woche hatte die Regierung verschiedene Einschränkungen in mehreren Städten wieder eingeführt. Besonders problematisch ist die Situation laut örtlichen Medien in der südwestserbischen Stadt Novi Pazar. Dort klagten Krankenhäuser Berichten zufolge über einen massiven Patientenstrom und einen Mangel an medizinischer Ausrüstung.