Außenminister Alexander Schallenberg, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
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Coronavirus

Mehr Grenzkontrollen und Reisewarnungen

Angesichts zunehmender Coronavirus-Infektionen durch Rückkehrer und Rückkehrerinnen aus dem Ausland verhängt die Regierung weitere Reisewarnungen und verschärft die Grenzkontrollen im Osten. Die Regierung rate von Reisen nach Rumänien und Bulgarien dringend ab, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Pressefoyer nach dem Ministerrat am Mittwoch.

Die Situation bezüglich Covid-19 habe sich auf dem Balkan leider verschlechtert, und in Österreich gebe es immer mehr Fälle von aus dem Osten eingeschleppten Infektionen. „Wir erleben immer mehr Einschleppungen aus dem Ausland. Deswegen der dringende Appell, nicht in diese Länder zu reisen“, so Kurz. Für Rückkehrer und Rückkehrerinnen aus Ländern, für die es eine Reisewarnung gibt, gilt weiterhin eine 14-tägige Quarantänepflicht.

Wer diese verletze, begehe kein Kavaliersdelikt, sondern einen ernsthaften Verstoß und riskiere eine Strafe von bis zu 1.450 Euro. Wer positiv getestet ist und die Quarantäne bricht, begehe ein Strafrechtsdelikt und müsse mit deutlich schärferen Strafen rechnen, so Kurz. Es werde zudem strengere Kontrollen der verhängten Bestimmungen geben, und die Grenzkontrollen im Osten würden verdoppelt, kündigte Kurz an. „Insbesondere Rückkehrer aus dem Balkan werden kontrolliert.“ 1.800 Polizisten werden im Einsatz sein.

Außenminister Alexander Schallenberg, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Herbert Pfarrhofer
ÖVP-Außenminister Schallenberg, Kanzler Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Anschober (Grüne)

Schallenberg: Länder informiert

Auch Moldawien wurde in die Reisewarnung einbezogen. Doch dadurch ändert sich nichts, galten hier doch bereits jetzt die restriktiven Drittstaatenregeln. Die Reisewarnungen gelten ab sofort, die strengen Regeln bei der Einreise ab Donnerstag, sagte ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg nach dem Ministerrat. Seine Amtskollegen in den drei Ländern habe er bereits am Dienstag informiert.

Grafik zu Reisewarnungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Außenministerium/CSH

„Das ist nicht der Weg, den wir uns wünschen und vorgestellt haben“, sagte Schallenberg, als Ultima Ratio sei das aber notwendig geworden. Er nehme absolut zur Kenntnis, dass diese Staaten selbst entschiedene Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus ergriffen. Daher gebe es die Hoffnung, die Restriktionen bald wieder aufheben zu können. Global sei man allerdings bei Weitem nicht über den Berg.

„Nationales Instrument“

Schallenberg sagte auf Nachfrage, dass die Reisewarnungen auf EU-Ebene nicht koordiniert seien, weil es sich um ein nationales Instrument handle. Natürlich sei man mit den betroffenen Ländern aber in Kontakt getreten, auch um Fragen etwa zu Erntehelfern und Pflegekräften zu klären. Zur Frage einer möglichen Aufhebung der Warnungen bezüglich Kanadas, Australiens und Thailands meinte er, der Fokus liege im ersten Schritt auf dem innereuropäischen Raum.

Weitere Reisewarnungen und verschärfte Grenzkontrollen

Die Regierungsspitze hat am Mittwoch eine Verschärfung der Grenzkontrollen und weitere Reisewarnungen bekanntgegeben. Von Aufenthalten in Rumänien, Bulgarien und Moldawien wird dringend abgeraten.

Van der Bellen versteht Kroatien-Urlauber

Bundespräsident Alexander Van der Bellen brach trotz Coronavirus-Sorgen eine Lanze für diejenigen Österreicher und Österreicherinnen, die ihren Sommerurlaub an der kroatischen Adria verbringen wollen. „Es kann ihnen genauso passieren in Tirol, in Kärnten und im schönen Salzburg, und wir haben kein Meer“, sagte Van der Bellen am Mittwoch nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Slowenien und Kroatien in Wien.

„Insofern habe ich volles Verständnis für Menschen, die Meer genießen wollen. Ich weiß, was das ist, und ich bin ein überzeugter Tiroler“, sagte Van der Bellen. „Wir sollten uns nicht in Panik versetzen lassen und in den eigenen vier Wänden verkriechen“, sagte der Bundespräsident mit Blick auf die Tatsache, dass die Coronavirus-Daten in Kroatien seines Wissens zufolge „geradezu auffallend gut gewesen (sind) während der gesamten Krise“. Allerdings räumte er ein, dass möglicherweise auch Touristen in Kroatien einen neuen Infektionsherd auslösen könnten, „worauf dann zu reagieren sein wird“.

Griechenland: CoV-Test für Bulgaren

Wegen der erhöhten Zahl von Coronavirus-Infektionen von Touristen und Touristinnen vom Balkan müssen alle Reisenden, die aus Bulgarien nach Griechenland einreisen, seit Mittwoch einen CoV-Test machen. Das ordnete die zuständige Gesundheitsbehörde (EODY) an, wie der griechische Rundfunk (ERT) berichtete.

Innerhalb von drei Tagen waren in Griechenland mehrere Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden – mehrheitlich handelte es sich dabei um Touristen aus Serbien. Die meisten Fälle wurden an der Grenze zu Bulgarien registriert. Der Grenzübergang von Promachonas/Kulata ist der einzige für Urlauber offene. Alle anderen Übergänge zu Albanien, Nordmazedonien, Bulgarien und der Türkei sind nur für Sonderfälle geöffnet.

Rasanter Anstieg in Bulgarien

Bulgarien erlebt nach der Lockerung seiner CoV-Einschränkungen nun einen schnelleren Anstieg der nachgewiesenen Neuinfektionen. Mit etwas unter 200 neuen Fällen wurde am Mittwoch ein Tagesrekord seit Beginn der Pandemie verzeichnet. Damit stieg die Zahl der Infektionen in dem ärmsten EU-Land mit einer Bevölkerung von knapp sieben Millionen Menschen insgesamt auf mehr als 6.100. Vor einem Monat lag sie noch bei rund 2.700.

Wegen schnell steigender Fallzahlen ordnete Regierungschef Boiko Borissow bereits Ende Juni an, dass die Kapazitäten der Krankenhäuser umgehend erhöht werden sollen. In Bulgarien gilt seit 22. Juni wieder Maskenpflicht in geschlossenen, gemeinschaftlich genutzten Räumen wie etwa Geschäften, Banken, Tankstellen, Behörden und Kirchen. Wirksame Kontrollen gibt es kaum.

Unterschiedliche Ansätze

Der Rückfall in Bulgarien kommt nach einem guten Start bei der Bekämpfung des Coronavirus im März mit vielen Schutzmaßnahmen samt „Lock-down“. Nach einer Reihe von Festtagen im April und im Mai und nach der Öffnung von Lokalen, Diskotheken, Nachtclubs und der Stadien steigen die Fallzahlen jetzt wieder deutlich.

Über den Sinn von CoV-Maßnahmen herrscht in Bulgarien große Verwirrung. Sie ist teils auf einen inzwischen aufgelösten, alternativen CoV-Stab zurückzuführen, der sich für das schwedische Modell – mit wenigen Einschränkungen im Umgang mit dem Coronavirus – eingesetzt hatte. Die jetzige Entwicklung ist nach Auffassung bulgarischer Experten ein zweiter Höhepunkt der ersten Coronavirus-Welle. Für den Herbst wird eine zweite Welle befürchtet.

Rumänien an Kapazitätsgrenzen bei Intensivbetten

Rumänien verzeichnet derzeit einen Rekord an Neuinfektionen wie seit April nicht mehr. Neue Vorsichtsmaßnahmen waren zunächst nicht in Sicht. Medien werfen der Regierung seit Wochen vor, aus wahlkampftaktischen Gründen verfrüht Mitte Mai die -Vorsichtsmaßnahmen gelockert zu haben. In diesem Herbst stehen in Rumänien Parlaments- und landesweite Kommunalwahlen an. Viele Krankenhäuser beklagen, dass sich ihre Intensivstationen wegen der landesweit über 200 schweren Covid-19-Fälle den Kapazitätsgrenzen nähern.

Seit vergangener Woche darf in Rumänien aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichts niemand mehr zwangsweise unter Quarantäne gestellt werden. Die Richter beanstandeten, dass dazu ein klares Gesetz fehle. Ein solches will die bürgerliche Regierung nun eilig im Parlament durchsetzen. Die im Parlament sehr starke linke Opposition will das verhindern. Derzeit herrscht in Rumänien unter anderem Maskenpflicht in geschlossenen öffentlichen Räumen und Distanzpflicht in der Gastronomie und bei Kulturveranstaltungen im Freien. Medien zufolge werden diese Bestimmungen oft schwer verletzt.