Fliegender Eurofighter
ORF.at/Roland Winkler
Kursänderung

Leasing-Jets werden laut Tanner „geprüft“

Im Verteidigungsministerium gibt es wieder einmal neue Pläne. Im Vortrag von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) an den Ministerrat vom Mittwoch ist plötzlich von einer „Überbrückungslösung mit Leasingmodell“ ohne nähere Präzisierung die Rede. Im Verteidigungsministerium sagte man, das beziehe sich auf einen Ersatz für die Eurofighter im Falle eines Vertragsausstiegs. Kritik an dem neuen Vorstoß kam prompt.

In dem Ministerratsvortrag fasste die Ressortchefin die aktuelle Lage noch einmal zusammen: Derzeit betreibt das Bundesheer ein Zweiflottensystem für die aktive Luftraumüberwachung mit 15 Überschalljets Eurofighter und zwölf Saab 105 OE für Schulungen, Ausbildung und als Ergänzung für die Luftraumüberwachung. Aufgrund des Endes der technischen Lebensdauer muss die Saab 105 nach 50 Jahren Ende 2020 ausgemustert werden.

In den vergangenen drei Jahren gab es drei verschiedene Kommissionen bzw. Expertenberichte, die unter drei verschiedenen Ministern erstellt wurden. In den Berichten wurden die möglichen nächsten Schritte in Bezug auf die Luftraumüberwachung in Österreich analysiert. Diese Berichte zeigen kein einheitliches Bild.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
APA/Robert Jaeger
Tanner geriet aufgrund ihrer Reformvorstöße in den vergangenen Wochen stark in die Kritik

Tanner: Keine einvernehmliche Lösung mit Airbus

Die Ministerin schilderte auch den juridischen Streit mit dem Eurofighter-Hersteller Airbus und bekräftigte neuerlich, dass die Republik Österreich weiterhin alle Rechtsmittel ausschöpfen werde, um den Eurofighter-Vertrag rückabzuwickeln und für den entstandenen Schaden entschädigt zu werden. Bei einem Besuch von Soldaten und Soldatinnen in Linz am Nachmittag präzisierte Tanner: Eine einvernehmliche Lösung werde es nicht geben. Und weiter: Bei der Frage des Vertrags mit Eurofighter dürfe Österreich keine Entscheidung treffen, die seine Position in den anhängigen Verfahren gefährde.

Vierpunkteplan präsentiert

Am Ende des Ministerratsvortrags zählte Tanner vier Punkte für die weitere Vorgehensweise auf: Die Saab 105 wird ausgemustert und nicht nachbeschafft, es werden Maßnahmen ergriffen, die Luftraumüberwachung und die Ausbildung der Piloten weiterhin zu gewährleisten, und es „wird eine Überbrückungslösung mit Leasingmodell ehestmöglich geprüft“. Dieser Punkt war bisher nicht bekannt.

Es wurde kommuniziert, dass mit den 15 Eurofightern weitergemacht wird, bis der juridische Streit mit Eurofighter-Hersteller Airbus geklärt ist. Nun heißt es im Ministerium, man prüfe für den Fall einer Rückabwicklung des Eurofighter-Vertrags eine Überbrückungslösung. Das sei immer schon so geplant gewesen. Am Nachmittag ergänzte Tanner: Die Verfahrensdauer sei nicht abschätzbar, daher dürfe man sich nicht lange Zeit lassen, nach einer Überbrückungslösung zu suchen, sondern müsse diese „ehestmöglich prüfen“.

Tanner will breiten Diskussionsprozess

Als vierten Punkt führte die Ministerin einen breiten Diskussionsprozess über die Grundlagen, Rahmenbedingungen und zukünftige Ausrichtung der Luftraumüberwachung auf parlamentarischer Ebene an. Sie bat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) darum, mit allen Klubs des Nationalrates die Möglichkeit der Abhaltung einer parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema der Zukunft der österreichischen Luftraumüberwachung im Herbst 2020 zu erörtern.

„Themen des Diskurses sollen sowohl die mittelfristige als auch die langfristige Lösung für die aktive Luftraumüberwachung in Österreich sein. Ziel muss es sein, tunlichst viele Stimmen und Meinungen zu diesem Thema mit einfließen zu lassen, um die Entscheidungsfindung auf möglichst breite Beine zu stellen und so transparent wie möglich zu gestalten.“ Am Nachmittag sagte Tanner dazu noch, das solle „fernab von parteipolitischen Ansichten“ auf parlamentarischer Ebene gestartet werden.

Erneut Kritik aus Opposition

SPÖ und FPÖ übten am Mittwoch neuerlich scharfe Kritik an Tanner. „Anstatt ein klares Konzept vorzulegen, versteckt sich die Ministerin hinter dem Parlament, um von ihrer Unfähigkeit abzulenken“, sagte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer zum Vorschlag von Tanner, eine parlamentarische Enquete zur Luftraumüberwachung abzuhalten. Selbstverständlich sei das Parlament, etwa bei der Neugestaltung der nationalen Sicherheitsstrategie, einzubinden, aber nicht bei Anschaffungen, die ausschließlich in der Verantwortung der Ministerin liegen.

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer sprach in einer Aussendung von „Bocksprüngen, die zeigen, dass an der Spitze des Ministeriums blankes Chaos herrscht, was unser Sorge um die Sicherheit unserer Heimat weiter vergrößert“. „Die Anschaffung von Fluggeräten für die Luftraumüberwachung ist ein Vorgang, der mehrere Jahre Vorlauf in Anspruch nimmt.“ Und weiter: „Eine Leasingvariante als Überbrückungsvariante zu prüfen ist ein weiterer Beweis für die Unkenntnis der Ministerin in der gesamten Materie“, so Hofer. Die FPÖ erwarte sich von Tanner „nicht jeden Tag eine neue Idee, sondern endlich eine Entscheidung, die auch dem verfassungsmäßigen Auftrag zur militärischen Landesverteidigung entspricht“, so Hofer.

„Orientierungsloser Zickzackkurs“

NEOS warf Tanner unterdessen einen „orientierungslosen Zickzackkurs“ vor. Damit beschädige sie das Heer und die Sicherheit der Republik, so NEOS-Wehrsprecher Douglas Hoyos. „Die Ankündigung, nun doch eine Leasing-Lösung zu prüfen, kann nur als weiterer Versuch Tanners gewertet werden, von ihrer absoluten Planlosigkeit abzulenken“, so Hoyos in einer Aussendung.

Jetzt eine parlamentarische Enquete aufs Tapet zu bringen, „grenzt an Scheinheiligkeit“. NEOS habe seit Jahren transparente Beschaffungsprozesse und die Einbindung der Opposition gefordert. Doch die ÖVP habe nichts davon wissen wollen.

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Grafik zur Luftraumüberwachung
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: BMLV und Georg Mader/Jane’s Defence
Grafik zur Luftraumüberwachung
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: BMLV und Georg Mader/Jane’s Defence

Rückendeckung von Kurz

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte sich am Mittwoch hinter Tanner. Die von ihr geplanten Reformen beim Bundesheer seien notwendig und im Regierungsprogramm verankert. Er kenne Tanner „als sehr durchsetzungsfähige Frau, und das wird es für diese Reform brauchen“, sagte Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat.

„Wir sind auf einem guten Weg.“ Die Regierung habe sich für das Militär Ziele gesetzt, die dem 21. Jahrhundert entsprechen. Neben den klassischen Bedrohungen gebe es auch neue Herausforderungen, die es vor 30, 40 Jahren so noch nicht gegeben habe. Eine Stärkung im Bereich der Katastrophenhilfe sowie der Ausbau der ABC-Abwehr seien gut und richtig.

Auch der dritte künftige Schwerpunkt Cybersicherheit sei angesichts der massiven Hackerangriffe in letzter Zeit richtig. „Hier muss investiert werden. Das ist aber kein Entweder-oder zwischen klassischer Landesverteidigung und neuen Aufgaben, sondern ein ständiger Entwicklungsprozess“, so Kurz.