Dürre als eine Auswirkung des Klimawandels.
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„Fingerabdruck“-Studie

Dürren teils menschengemacht

Dürren gehören zu den folgenschwersten Naturkatastrophen der Welt, sie beeinträchtigen Ökosysteme, Landwirtschaft und menschliche Gesellschaft nachhaltig. Warum es zu regionaler Austrocknung kommt und vor allem welche Rolle der Klimawandel dabei spielt, war wissenschaftlich bisher schwer nachzuweisen. Das könnte sich dank einer neuen Studie bald ändern.

„Das komplexe, langsame und anfangs oft unbemerkte Auftreten von Dürreperioden, ihr regionaler Charakter mit gleichzeitig weitreichenden Auswirkungen der Schäden, machen es schwierig, die dadurch verursachten Kosten exakt zu bestimmen. Das wird durch einen Mangel an Daten, (…) vor allem aus Ländern mit niedrigem Einkommen, noch verschärft“, heißt es in einem Bericht der World Meteorological Organization and Global Water Partnership. Dürreperioden seien jedenfalls von allen Naturkatastrophen ökonomisch „die schlimmsten“.

Für eine neue Studie, die in dem Fachmagazin „Nature Climate Change“ veröffentlicht wurde, machten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine neue Technik in der Klimaforschung zunutze, die als Analyse des „menschlichen Fingerabdrucks“ bezeichnet wird. Hauptautorin Celine Bonfils, Physikerin am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien, sagte dem Umweltportal Carbon Brief: „Hauptziel der Forschung mit ‚Fingerabdrücken‘ ist es, natürliche von menschlichen Einflüssen auf das globale Klima zu trennen.“

Zwei „menschliche Fingerabdrücke“

Bonfils: „Das gegenwärtige Klima wird von vielen Faktoren beeinflusst. Ein Faktor ist das innere ‚Rumoren‘ der Natur – Schwankungen wie durch El Nino und La Nina. Doch es wird auch von äußeren Gegebenheiten geprägt, die in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und an unterschiedlichen Orten wirken.“

„El Nino“ und „La Nina“

Als „El Nino“ wird eine in unregelmäßigen Abständen auftretende Erwärmung im östlichen und zentralen tropischen Pazifik bezeichnet. Im Gegensatz dazu ist „La Nina“ eine dort außergewöhnlich kalte Meeresströmung.

Mit Hilfe von Klimamodellen suchten die Wissenschaftler nach einem menschlichen „Fingerabdruck“ bei globalen Dürre- und Niederschlagsmustern von 1860 bis 2019. „Wir stellen fest, dass seit 1950 die vom Menschen verursachten Treibhausgase und die Luftverschmutzung durch Feinstaub globale Veränderungen der Temperatur, des Niederschlags und der regionalen Trockenheit auf zwei verschiedene Arten mitgeprägt haben. Diese beiden menschlichen „Fingerabdrücke“ sind in Beobachtungen statistisch identifizierbar“.

Smog über Kiev in der Ukraine.
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Menschengemachte Luftverunreinigungen spielen eine sehr komplexe Rolle bei der Erderwärmung

Verunreinigung verringert Verunreinigung

Der dominierende „Fingerabdruck“ zeigt sich an der globalen Erderhitzung, dem verstärkten Auftreten von Dürre beziehungsweise extremen Niederschlägen und einer fortschreitenden, großräumigen, kontinentalen Trockenheit. Zu den Gebieten, in denen die Niederschläge besonders stark zurückgegangen sind, zählen der Studie zufolge Zentralasien, einschließlich Thailand, Indonesien und Ostchina, sowie die USA. Die Veränderungen werden „größtenteils durch den jahrzehntelangen Anstieg der Treibhausgasemissionen verursacht“, halten die Wissenschaftler fest.

Andere Luftverunreinigungen tragen paradoxerweise dazu bei, dass sich die Erdoberfläche nicht so stark aufheizt. Dabei handelt es sich um Aerosole – feinste Verteilungen von festen oder flüssigen Luftschwebstoffen, hauptsächlich aus Schwefelsäure und deren Salzen (Sulfaten) bestehend, die ihrerseits das Produkt industrieller Prozesse sind. „Indem sie das Sonnenlicht zurück in den Weltraum reflektieren, haben diese künstlichen Aerosole den Planeten gekühlt und die durch Treibhausgase verursachte Erwärmung teilweise ausgeglichen. Auch die natürlichen Aerosole, die von Vulkanen ausgestoßen werden, haben dazu beigetragen, aber jeweils nur für ein bis drei Jahre nach dem Ausbruch“, schreibt Forscherin Bonfils.

Ausbruch des Vulkans auf der Insel Stromboli nördlich von Sizilien.
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Auch vulkanische Aerosole wirken sich auf das Klima aus – Studien zufolge aber nur etwa drei Jahre lang

Verschiebung der Tiefdruckrinne

Dieser Effekt führte die Wissenschaftler zu dem zweiten menschlichen „Fingerabdruck“ bei der Verschiebung von Niederschlägen. Hauptrolle dabei spielt die Intertropische Konvergenzzone (ITCZ), eine mehrere hundert Kilometer breite Tiefdruckrinne in Äquatornähe. Sie bestimmt die jährlichen Niederschlagsmuster für einen Großteil der Tropen und ist damit für Milliarden von Menschen klimarelevant. Bonfil: „Die intensivsten Niederschläge auf der Erde fallen in der ITCZ. Dieser tropische Regengürtel entsteht dort, wo die Passatwinde von der Südhalbkugel und von der Nordhalbkugel zusammenlaufen. Ihre Luftmassen treffen aufeinander, steigen in die Atmosphäre auf und kondensieren, wodurch intensive Niederschläge entstehen.“

Die ITCZ wandert jedes Jahr in nördlicher und südlicher Richtung durch die Tropen und folgt dabei weitgehend dem Stand der Sonne über die Jahreszeiten hinweg. Die neue Studie zeigt, dass menschliche Einflüsse diese Bewegung mitgelenkt haben. Bis in die 1980er Jahre seien die durch die Industrie verursachten Aerosole in der Nordhalbkugel der bestimmende Einfluss für den Temperaturkontrast zur Südhalbkugel gewesen. Durch den kühlenden Effekt des Feinstaubs im Norden verlagerte sich die ITCZ weiter nach Süden, und verursachte mehr Niederschläge über den westlichen USA und weniger über der Sahelzone und Indien.

Überschwemmte Straßen in Malina auf den Philippinen im Juni 2020.
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Überschwemmte Straßen in Manila im Juni – neben den Dürrephasen ist auch die Zahl der Extremniederschläge gestiegen

Umweltauflagen machten Norden wärmer

Dann drehte sich das Blatt, schreibt die Studienautorin: „Nach 1980 wurde die Nordhalbkugel wärmer als die Südhalbkugel. Dafür gab es zwei Gründe: Erstens verringerten strengere Umweltauflagen die vom Menschen verursachten Aerosolemissionen in Nordamerika und Europa. Zweitens erwärmt der Treibhauseffekt die nördliche Hemisphäre, die überwiegend von Land bedeckt ist, schneller als die südliche Hemisphäre, die überwiegend von Ozeanen bedeckt ist.“

Diese Erkenntnisse würden dazu beitragen, Entwicklungsursachen von Dürrephasen zu verstehen, heißt es in der Studie. Nur das Zusammenspiel von stetig zunehmenden Treibhausgasen und der schwankenden Menge an Aerosolemissionen – egal ob menschlich oder natürlich erzeugt – könnten aufschlussreiche Erklärungen für globale Veränderungen von Temperatur, Niederschlag und Trockenheit liefern.

Wissenschaft hegt Hoffnung

Auch an der Studie nicht beteiligte Wissenschaftler zollten Anerkennung, etwa Andrew King, ein Forscher für Klimaextreme an der Universität von Melbourne. Er sagte gegenüber Carbon Brief: „Nachdem die Arbeit berücksichtigt, dass unsere Treibhausgasemissionen anhalten, während der Ausstoß von Aerosolen in vielen Regionen zurückgeht, kann sie auch in Zeiten des Klimawandels dazu beitragen, Dürreperioden zu prognostizieren.“