Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
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Misstrauensantrag gegen Tanner

SPÖ, FPÖ und NEOS haben am Donnerstag im Nationalratsplenum gemeinsam einen Misstrauensantrag gegen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) eingebracht. „Das Maß ist voll“, lautete die Begründung der drei oppositionellen Wehrsprecher. Tanner gefährde mit ihrem „Zickzackkurs“ in Sachen Landesverteidigung und Luftraumüberwachung die Sicherheit und das Ansehen der Republik.

„Das Signal ist auf Rot im Sinn von Stopp“, sagte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Das „Katz-und-Maus-Spiel“ mit der Landesverteidigung müsse beendet werden. Tanner habe „mehrere rote Linien“ überschritten, so Laimer: „Bei der vorsätzlichen Gefährdung unserer Heimat spielen wir nicht mehr mit.“

Der Misstrauensantrag sei ein „wohlüberlegter Schritt“, schließlich stehe man vor der „De-facto-Auflassung“ der verfassungsrechtlich verankerten Landesverteidigung. Laimer forderte von Tanner ob ihrer Orientierungslosigkeit ihren Rücktritt als Ministerin.

 Reinhard Eugen Bösch (FPÖ), Robert Laimer (SPÖ) und Douglas Hoyos (NEOS)
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Die Wehrsprecher Reinhard Bösch (FPÖ), Robert Laimer (SPÖ) und Douglas Hoyos (NEOS) (v. l. n. r.)

FPÖ pocht auf Entscheidung bei Luftraumüberwachung

Es sei nicht der erste „Schulterschluss“ der drei Oppositionsparteien in dieser essenziellen Frage, so FPÖ-Mandatar Reinhard Bösch. Er kritisierte den Vorschlag Tanners für eine parlamentarische Enquete: „Wir brauchen keine, wir wissen um die Notwendigkeit der Luftraumüberwachung.“ Statt einer Debatte brauche es jetzt eine Entscheidung. Bösch appelliert zudem an Oberbefehlshaber und Bundespräsident Alexander Van der Bellen, seine Stimme in dieser Frage zu erheben. „Ich höre aber nur dröhnendes Schweigen aus der Hofburg.“ Am Ende werde ein „Trümmerhaufen“ der Sicherheitspolitik übrig bleiben.

NEOS nimmt Kurz in die Pflicht

NEOS-Wehrsprecher Douglas Hoyos nahm wiederum Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Pflicht. Dieser schaue zu, wie Tanner in ihrem Ministerium „Chaos“ anrichte und die in der Verfassung verankerte Landesverteidigung vom Tisch wische. Der Bundeskanzler gehe „immer in Deckung“, wenn seine Minister nicht performen. Es sei die Aufgabe der Ministerin, eine Lösung zu finden. Das Parlament ist „keine Servicestelle“, meinte Hoyos im Hinblick auf die parlamentarische Enquete. Der Antrag wird am Donnerstag von den drei Fraktionen eingebracht und dann dem zuständigen Ausschuss zugewiesen. Abgestimmt wird darüber im nächsten Plenum.

„Kritiker ist ein Mann, der alles weiß, aber nicht alles kann“

Tanner sagte am Donnerstag, sie wolle sich ihren Kritikern stellen. Wenn die Opposition einen Misstrauensantrag gegen sie einbringen wolle, „werde ich mich dem stellen“. „Es ist Aufgabe der Opposition, sich kritisch mit der Regierung und den Ministern zu beschäftigen“, sagte Tanner am Rande einer Pressekonferenz. Dass sie seit Woche ständig unter Beschuss steht, kommentierte Tanner mit den Worten: „Der Kritiker ist ein Mann, der alles weiß, aber nicht alles kann.“

Mehr Details zu Leasingmodell

Sie äußerte sich auch zur am Mittwoch entstandenen Verwirrung über ein Leasingmodell für die Luftraumüberwachung, das geprüft werden soll. Sie formulierte das jetzt deutlich allgemeiner: Hier gehe es um die Luftraumüberwachung für die kommenden 20 bis 30 Jahre. Sie sagte auch, dass die unter ihrem Vorgänger Mario Kunasek (FPÖ) geplante Nachbeschaffung leichter Mehrzweckhubschrauber auf Schiene sei. Es solle ein „Government-to-Government-Geschäft“ werden. Die Finanzierung ist freilich noch nicht geklärt.

Neue Fahrzeuge und Schutzausrüstung für Miliz

Gemeinsam mit dem Milizbeauftragten Erwin Hameseder präsentierte sie zudem ein Investitionspaket für die Miliz in Höhe von 200 Mio. Euro für dieses und die kommenden zwei Jahre. Die letzten Wochen und Monate in der Krise hätten gezeigt, wie wichtig eine starke Miliz sei. Ohne die Milizsoldaten wären die zahlreichen Einsätze des Bundesheeres nicht möglich gewesen.

Aber „es ist nicht alles zu 100 Prozent rundgelaufen“. Deswegen habe man beschlossen, den Milizeinsatz zu evaluieren. Die Anliegen der Soldaten seien dabei sehr zahlreich gewesen, von der Bezahlung über die persönliche Schutzausrüstung bis zur Mobilität.

Tanner kündigte zunächst eine Regierungsvorlage an, mit der die derzeit sehr unterschiedliche Besoldung der Soldaten im Einsatz ausgeglichen werden soll. Verbesserungen soll es auch bei der Ausbildung von Miliz-Unteroffizieren geben. Mit dem angekündigten Milizpaket soll in Fahrzeuge, Schutzausrüstung, Infrastruktur und Nachtsicht investiert werden.

Tanner: „Etappensieg“

Konkret werden für 26 Mio. Euro Funktionsfahrzeuge und für 88 Mio. Euro Ausrüstung für die Soldaten angeschafft, darunter ein Tarnanzüge, 3-D-Nachtsichtbrillen, Kampfhelme, Schutzwesten sowie Headsets und Gehörschutz. Auf der Einkaufsliste stehen auch modernisierte Sturmgewehre StG7 und Scharfschützensysteme.

Die Ministerin sprach von einem „Etappensieg“. Der Milizbeauftragte Hameseder bezeichnete die Teilmobilisierung der Miliz in der Krise als „goldrichtig und mutigen Schritt“. Die Bevölkerung könne sich auf ihre Miliz verlassen, „das hat der Einsatz gezeigt“. „Die Miliz ist eine unverzichtbare Säule.“ Er sei sehr „dankbar“ für das Sonderinvestitionspaket, denn die persönliche Schutzausrüstung sei den Soldaten besonders wichtig, ebenso die Nachtsicht und Mobilität. Von den zehn strukturierten Milizbataillonen seien nur drei entsprechend ausgestattet, so Hameseder. Die Wertschöpfung des Pakets liege zudem im Schnitt zu 70 Prozent im Inland.

Sowohl Tanner als auch Hameseder sprachen davon, dass die Übungstätigkeit der Miliz erhöht und das Milizsystem „zukunftsfitter und moderner“ werden soll. „Ideal wäre eine gesetzliche Verpflichtung, aber die Politik gibt die Rahmenbedingungen vor“, sagte Hameseder. Tanner erklärte, dass man zunächst den Weg der Freiwilligkeit gehen und Anreize für Übungen schaffen wolle.

Soldat fiel während Pressekonferenz um

Hameseder sagte einmal mehr, dass es Sicherheit nicht zum Nulltarif gebe. Die Ministerin wiederum fand es „schade“, dass über das Bundesheer immer nur in Zusammenhang mit dem mangelnden Budget diskutiert werde. Der Zustand des Heeres wurde von einem Soldaten unfreiwillig demonstriert. Der Mann posierte als Kulisse der Pressekonferenz mit einem weiteren Soldaten vor Bundesheerfahrzeugen und kippte während der Ausführungen wegen Kreislaufproblemen um. Ministerin Tanner eilte dem Soldaten zu Hilfe. Er war nach wenigen Minuten wieder auf den Beinen.