Donald Trump
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Trotz Urteils

Streit um Trumps Steuerakt nicht zu Ende

Der Streit um die Steuerunterlagen von US-Präsident Donald Trump geht wohl weiter. Der Oberste Gerichtshof billigte zwar, dass Unterlagen an die Staatsanwaltschaft Manhattan geliefert werden, der US-Kongress erhält aber vorerst keine Einsicht. Vollkommen offen ist auch, ob und wann die Öffentlichkeit jemals Details über Trumps Finanzen erfahren wird.

Der Supreme Court sprach Trump am Donnerstag „absolute Immunität“ ab und gestand der Bezirksstaatsanwaltschaft das Recht zu, grundsätzlich Finanzunterlagen Trumps einsehen zu können. Eine zweite Entscheidung des Gerichts hindert Ausschüsse des US-Parlaments aber vorerst daran, ähnliche Dokumente zu erhalten. Diesen Rechtsstreit verwies der Oberste US-Gerichtshof zurück an ein Gericht unterer Instanz.

Mehrere Ausschüsse des von den oppositionellen Demokraten kontrollierten Repräsentantenhauses hatten unter anderem von der Deutschen Bank Finanzunterlagen zu Trump angefordert. Die Entscheidung gilt als richtungsweisend in der Frage, wie weit die Befugnisse des Parlaments reichen, den Präsidenten zu kontrollieren.

Staatsanwalt Cyrus R. Vance Jr.
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Staatsanwalt Cyrus Vance darf die Unterlagen haben – grundsätzlich

Die Urteile waren vier Monate vor der Präsidentenwahl mit großer Spannung erwartet worden. Sie fielen beide mit sieben zu zwei Stimmen, wobei die beiden von Trump ernannten Richter Brett Kavanaugh und Neil Gorsuch jeweils mit der Mehrheit stimmten.

Trump reagiert verärgert

Die Herausgabe von Finanz- und Steuerunterlagen hoher Amtsträger hat in den USA eine lange Tradition. Präsidentschaftskandidaten veröffentlichen diese üblicherweise bereits im Wahlkampf. Trump hat das stets abgelehnt. Das Gericht bekräftigte nun, dass „kein Bürger, nicht einmal der Präsident“, kategorisch über der allgemeinen Pflicht stehe, Beweise zu liefern, die in einem Strafverfahren angefordert werden.

Trump selbst zeigte sich in einer ersten Reaktion verärgert: „Das ist alles eine politische Verfolgung“, schrieb er auf Twitter. Der Supreme Court hätte im Fall eines anderen Präsidenten nie so entschieden. Der US-Präsident versucht seit Langem, die Herausgabe seiner Finanz- und Steuerunterlagen zu verhindern. Kritiker mutmaßen deshalb, der frühere Geschäftsmann habe etwas zu verbergen.

Staatsanwalt untersucht Schweigegeldzahlungen

Die Staatsanwaltschaft in Manhattan will im Zuge von Ermittlungen die Steuerunterlagen von Trump und dessen Firmen über einen Zeitraum von acht Jahren einsehen. Dabei geht es um angebliche Schweigegeldzahlungen, die Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen dem Pornostar Stephanie Clifford alias Stormy Daniels und dem ehemaligen Playmate Karen McDougal gezahlt haben soll. Beide Frauen geben an, Affären mit Trump gehabt zu haben, was dieser dementiert.

Nancy Pelosi
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Kein Glück mit ihren Forderungen hatten die US-Demokraten, hier Nancy Pelosi

Staatsanwalt Cyrus Vance sprach nach den Entscheidungen des Supreme Court in einer Mitteilung von einem „enormen Sieg“ für das Rechtssystem des Landes. Trump hatte gefordert, den Antrag des Staatsanwalts komplett zurückzuweisen. Das Verfahren geht zunächst zurück an ein Gericht unterer Instanz, wo Trumps Anwälte weiter dagegen vorgehen wollen. Es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass Details vor der Präsidentschaftswahl am 3. November öffentlich werden.

Cohen erneut festgenommen

Kurz nach Bekanntwerden des Urteils wurde Cohen wieder in Gewahrsam genommen. Sein Anwalt Jeffrey Levine bestätigte CNN-Reportern, dass Cohen bei einem Termin vor Gericht in Manhattan festgenommen wurde. Dort seien ihm Auflagen präsentiert worden, wonach ihm der Kontakt mit Medien künftig verboten sei. Als er das abgelehnt habe, sei er in Gewahrsam gekommen, so Levine laut CNN.

Der 53-Jährige war im Mai vor dem Hintergrund der Coronavirus-Krise in Hausarrest entlassen worden. Bisher wurde erwartet, dass er den Rest seiner dreijährigen Haftstrafe wegen der Schweigegeldzahlungen an Daniels und McDougal zu Hause absitzen würde können. Cohen hätte nach bisherigem Stand im November 2021 freigelassen werden können. Ende vergangener Woche waren Fotos aufgetaucht, wie Cohen mit seiner Frau und Freunden in der Nähe seiner Wohnung ein Restaurant besuchte.

Gericht will von Ausschüssen bessere Begründung

Verschiedene Ausschüsse des von ihnen dominierten Repräsentantenhauses hatten ebenfalls mit Hilfe von Subpoenas – Anforderungen unter Strafandrohung – versucht, an Unterlagen zu kommen, die Trumps Finanzen und Geschäfte betreffen. Die Subpoenas gingen zum einen an Trumps Buchhalterfirma Mazars und zum anderen an Trumps Hausbank Deutsche Bank und das Geldhaus Capital One.

Die Richter bemängelten unter anderem, dass für ein solches Vorgehen eine spezifischere Begründung nötig wäre, und verwiesen den Fall zurück an untere Instanzen. Die Gerichte sollten sorgfältig prüfen, ob gesetzgeberische Absichten des Kongresses die Einbeziehung des Präsidenten und seiner Unterlagen rechtfertigten, hieß es.

Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, sprach dennoch von einer schlechten Nachricht für den Republikaner Trump. Der Supreme Court habe das Recht des Parlaments bestätigt, die Regierung zu kontrollieren, verlange aber für das weitere Vorgehen zusätzliche Informationen, so Pelosi. Die US-Demokraten erhofften sich durch die Einsicht in die Unterlagen Informationen über mögliche Verbindungen Trumps zu Personen im Ausland oder Interessenkonflikte.

Trump sieht sich unangreifbar

Trumps Darstellung, Opfer einer politischen Verfolgung zu sein, ist nicht neu. Sowohl die Ermittlungen wegen möglicher russischer Einflussnahme auf die US-Wahl 2016 als auch das von den Demokraten angestrebte Amtsenthebungsverfahren bezeichnete er immer wieder als „Hexenjagd“. Mit Blick auf die Finanzunterlagen hatte das Magazin „The Atlantic“ geschrieben, der Fall sei die nächste Phase im Streit über die Frage, ob Trump als Präsident machen könne, was er wolle.

Trump hat allein im Sommer vergangenen Jahres mehrfach gesagt, als Präsident tun zu können, was er wolle. Trumps Anwalt William Consovoy hatte einem Richter bestätigt, dass die temporäre Immunität durch das Präsidentenamt aus seiner Sicht so weit reiche, dass Trump sogar auf der Straße in New York einen Menschen erschießen könnte, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen – wie Trump im Wahlkampf 2016 selbst behauptet hatte.