Schuppentier
AP/Themba Hadebe
UNO-Bericht

Schmuggel von Schuppentieren boomt

Der verbotene Handel mit geschützten Tieren und Pflanzen bleibt laut einem UNO-Bericht ein Milliardengeschäft. Neben Elefant, Nashorn und Tiger boome derzeit vor allem der Schmuggel von Schuppentieren. Das Pangolin, das auch als Coronavirus-Zwischenwirt im Verdacht stand, gelte als das wohl am meisten geschmuggelte Säugetier der Welt.

Wegen gesunkener Elfenbeinpreise satteln Profischmuggler auch auf die besonders in Asien begehrten Tiere um – von 2014 bis 2018 verzehnfachte sich dem Bericht zufolge die Menge an Hornschuppen, die Zollfahndern weltweit jährlich ins Netz ging. Das geht aus dem Bericht zum illegalen Handel mit Wildtieren und -pflanzen des UNO-Büros zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) hervor, der am Freitag in Wien vorgestellt wurde.

Begehrt ist das Pangolin aufgrund seines Fleischs und seiner Schuppen: Das Fleisch gilt in Asien als Delikatesse, dessen Schuppen als Heilmittel – und das, obwohl eine therapeutische Wirkung nicht nachweisbar ist.

Schuppentiere in einer Transportbox
APA/AFP/Isaac Kasamani
Das Pangolin ist aufgrund seiner Schuppen und seines Fleisches besonders begehrt

Schmuggelware: Pangolinhandel macht 14 Prozent aus

Während Tropenholz und Elfenbein je fast ein Drittel des Gesamtwerts aller von 2014 bis 2018 entdeckten Schmuggelware aus der Natur ausmachten, entfielen rund 14 Prozent auf den Schuppentierhandel, rund zwölf Prozent auf die Hörner von Nashörnern. Auch seltene Schildkröten, Tiger und Aale seien wichtige Schwarzmarktware.

Der „World Wildlife Crime Report“, dessen erste Ausgabe vor vier Jahren erschien, basiert auf von 149 Staaten gemeldeten Daten über Beschlagnahmungen, ergänzt durch detaillierte Forschung zum illegalen Geschäft mit geschützten Tieren und Pflanzen. Rund 6.000 Spezies seien seit 1999 in Zollfunden aufgetaucht. Die Tatverdächtigen kamen aus rund 150 Staaten.

UNO: Wildtierhandel als Gefahr für Gesundheit

„Kriminalität mit wildlebenden Spezies löst einen Teufelskreis aus, der unsere Gesundheit, Sicherheit und Entwicklung aufs Spiel setzt“, sagte UNODC-Direktorin Ghada Waly bei der Vorstellung des Berichts. „Grenzübergreifende Netzwerke der organisierten Kriminalität streichen die Profite der Verbrechen mit wilden Spezies ein, aber die Armen zahlen den Preis dafür.“

Mit Blick auch auf die Coronavirus-Pandemie mahnen Fachleute, dass die Ausbeutung der Natur nicht nur Klima und Artenvielfalt, sondern auch die menschliche Gesundheit bedrohe. Fast drei Viertel aller neuen Infektionskrankheiten der letzten Jahrzehnte seien vom Tier auf den Menschen übergesprungen, so auch nach aktuellem Kenntnisstand das Coronavirus.

Virusherkunft: Zweifel am Schuppentier

Vor einigen Monaten war dabei gerade das Schuppentier, auch Pangolin genannt, als möglicher Zwischenwirt des SARS-CoV-2-Erregers ins Gespräch gekommen: In Proben von Tieren hatten Forscher dem menschlichen Virus extrem ähnliche Erreger gefunden, ähnlich wie in Fledermäusen.

Wissenschaftler unstersucht Schuppentier
APA/AFP/China Biodiversity Conservation Foundation
Das Schuppentier wurde lange Zeit als Überträger des Coronavirus gehandelt

Mittlerweile sehe es nicht mehr so aus, dass SARS-CoV-2 direkt vom Schuppentier auf den Menschen übergesprungen sei, sagte der aus Österreich stammende Wildtierforensiker Stefan Prost von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt. Dazu fehle wohl mindestens eine Entwicklungsstufe im Virus. Mögliche Zwischenwirte sind Schuppentiere aber. Gerade Wildtiermärkte böten dem Virus ideale Bedingungen, von Art zu Art und schließlich auf den Menschen zu springen.

Auch Prosts Team beobachtete zuletzt eine starke Zunahme geschmuggelter Schuppentiere. „Der Grund ist aus meiner Sicht, dass Schuppentiere viel leichter zu fangen sind als Elefanten und viel geringere Strafen darauf stehen“, sagte er. Der Handel sei extrem lukrativ – und erst seit Kurzem in der höchsten Schutzstufe reguliert.

China strich Pangolin von Liste traditioneller Medizin

Erst vor einem Monat hatte China Medienberichten zufolge den Schutzstatus von Schuppentieren erhöht und deren Schuppen von der Liste der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gestrichen. Tierschutzorganisationen reagierten mit Erleichterung. Die Entscheidungen „werden den Schwarzmarkt wahrscheinlich nicht austrocknen, doch könnten sie den Handel bremsen und legale Konsumenten entmutigen“, sagte etwa die Gründerin der Stiftung für seltene und bedrohte Tiere, Maria Diekmann. Sie glaubte, dass die Entscheidung „zu 99 Prozent“ mit der Coronavirus-Pandemie in Zusammenhang stehe.

Beschlagnahmte Schuppentier-Produkte
APA/AFP/China Biodiversity Conservation Foundation
China strich die Schuppen der Schuppentiere jüngst von der TCM-Liste

Das Virus war chinesischen Behördenangaben zufolge im Dezember auf einem Markt der zentralchinesischen Millionenstadt Wuhan ausgebrochen, auf dem auch Wildtiere und Wildfleisch verkauft wurden. Seitdem hat Peking den Verkauf von Wildtieren zum Verzehr verboten, doch ihr Handel unter anderem für Forschungszwecke und für die traditionelle Medizin bleibt erlaubt.

Handel mit Elfenbein und Nashorn flacht ab

Die UNODC-Forscher beobachten außerdem, dass sich der Markt für Elfenbein und das Horn von Nashörnern in den letzten Jahren abzuflachen scheint. Rekordfunde an Elfenbein und Hörnern 2019 hätten eher auf einen Abverkauf als auf neue Wilderei hingewiesen, hieß es. Wilderer in Kenia bekamen laut Bericht 2018 nur noch 55 US-Dollar pro Kilo Elfenbein; 148 US-Dollar waren es 2014 gewesen. Die Gesamtsummen bleiben dennoch schwindelerregend: Auf jährlich rund 400 Millionen US-Dollar Profit schätzen die Fachleute den Handel mit Elfenbein, 230 Millionen US-Dollar würden jährlich mit Nashörnern verdient.

Nichtsdestotrotz zeigen offenbar staatliche Bemühungen laut UNODC Wirkung. Der Preisverfall des Elfenbeins sei zumindest teilweise darauf zurückzuführen, dass sowohl die USA als auch China den Elfenbeinhandel in den vergangenen Jahren endgültig verboten hätten.

Verbotene Tiere als Statussymbol

Andere seit vielen Jahren streng geschützte Arten werden trotz Verboten munter weiter gehandelt. So bewege sich der Handel der in der TCM begehrten Tigerprodukte, vor allem von Knochen, etwa auf einem niedrigen Level, sei aber in den vergangenen Jahren angestiegen – zunehmend auch als Statussymbol statt als Heilmittel, heißt es im Bericht.

Auch das Abholzen von Tropenholz, das oft mit verschleierter Herkunft im legalen Handel landet, ist weiter ein großes Problem. Etwa vier Millionen Bäume einer geschützten Palisanderart seien allein im Jahr 2017 aus Nigeria exportiert worden. Die Schutzmechanismen hinken dabei den wendigen Handelswegen der organisierten Kriminalität ständig hinterher: Kaum werde eine Tropenholzart im Artenschutz hochgestuft, beginne direkt das Abholzen der nächsten Art, um die erste zu ersetzen, heißt es.