Weisungsrecht in Justizressort europäischer Sonderfall

Das Weisungsrecht der österreichischen Justizministerinnen und Justizminister ist ein europäischer Sonderfall. Wie aus dem gestern Nachmittag veröffentlichten EU-Justizbarometer 2020 hervorgeht, kennt von den 27 EU-Staaten sonst nur Polen eine exklusive Befugnis des Ressortchefs, der Anklagebehörde Weisungen in konkreten Fällen zu erteilen.

Das EU-Justizbarometer („EU Justice Scoreboard“) wird jährlich veröffentlicht, um den Mitgliedsstaaten bei der Verbesserung ihrer Rechtssysteme zu helfen. Österreich hat dabei durchwegs gute Werte. Auch die eigenen Bürger stellen der heimischen Justiz ein gutes Zeugnis aus. So landet Österreich, was das Vertrauen in Justiz und Gerichte betrifft, auf dem zweiten Platz hinter Dänemark.

Rückstau an Gerichten

Mit 27,3 Richtern pro 100.000 Einwohner liegt Österreich an achter Stelle in der EU (Spitzenreiter: Slowenien mit 41,7, Schlusslicht: Irland mit 3,3). Jährliche Ausgaben von 120 Euro pro Einwohner für Gerichte bescheren Österreich den sechsten Platz (Platz 1: Luxemburg mit 215 Euro, Platz 27: Zypern mit 40 Euro).

Die durchschnittliche Verfahrensdauer in erster Instanz beträgt in Österreich 327 Tage, was der fünftbeste Wert ist (Kroatien: 180 Tage, Dänemark: 1.985 Tage). Allerdings zeigt das Justizbarometer auch einen gewissen Rückstau bei den österreichischen Gerichten. 5,8 Fälle pro 100.000 Einwohner warten hierzulande vor Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichten auf eine Bearbeitung, was der fünftletzte Platz von 21 Staaten, für die im Jahr 2018 Daten vorlagen, ist.