Wählerin bei Regionalwahl in Spanien
Reuters/Miguel Vidal
Nordspanien

CoV-Infizierte dürfen nicht wählen

Im Baskenland und in Galicien in Nordspanien wählen die Menschen heute neue Regionalregierungen. Überraschungen sind dabei zwar keine zu erwarten, dennoch gab es bereits im Vorfeld großen Aufruhr. Hunderte mit dem Coronavirus Infizierte werden vom Wählen abgehalten. Wahlbeobachterinnen und -beobachter sind empört.

Ausreichender Sicherheitsabstand, Maskenpflicht, Handhygiene am Eingang, Wahlkabinen ohne Vorhänge und eine gute Lüftung der Wahllokale – für all das hatten die Behörden gesorgt. Das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus sollte so verringert werden. Dennoch standen die Sorgen wegen einer befürchteten niedrigen Wahlbeteiligung und Angst vor neuen Infektionen im Vordergrund.

Eine Maßnahme, das zu verhindern, war außerdem, rund 500 mit dem Coronavirus infizierte Menschen vom Wahlgang auszuschließen. Für Verfassungsjuristinnen und -juristen eine demokratiepolitische Katastrophe: Der angesehene Professor für Verwaltungsrecht, Andres Betancor, betonte im Interview mit der Zeitung „El Mundo“ (Samstag-Ausgabe), Kranke dürften zwar unter Quarantäne gestellt werden, die Ausübung ihres Wahlrechts aber müsse auch dann garantiert sein, wenn diese zuvor nicht von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht hätten.

„Covid zertrampelt das Wahlrecht“

Auch der Verfassungsrechtler Xavier Arbos bezeichnete den Ausschluss von Hunderten von Stimmberechtigten als „rundweg verfassungswidrig“. Betroffen sind Medienberichten zufolge nicht nur Covid-Kranke, die unter Quarantäne stehen, sondern auch registrierte Infizierte ohne Symptome und sogar Menschen mit Symptomen, die sich einem PCR-Test unterzogen, das Ergebnis aber noch nicht erhalten haben.

Wahlhelfer bei Regionalwahl in Spanien
AP/Alvaro Barrientos
Unter höchsten Gesundheitsvorkehrungen finden die Wahlen statt

„Covid zertrampelt das Wahlrecht“, titelte El Confidencial. Wie anderen Medien kritisierte die vielgelesene Digitalzeitung, das Wahlverbot sei „ohne jede Rechtsgrundlage“ beschlossen worden. „El Mundo“ sprach von „Willkür“. Es sei dringlich, dass den Betroffenen das Wahlrecht wieder zuerkannt und ihnen eine „alternative und sichere Form der Stimmabgabe angeboten“ werde, damit die Wahlen „auch völlig demokratisch sind“, hieß es im Leitartikel.

Wahlen bereits einmal verschoben

Die Wahlen sollten ursprünglich am 5. April stattfinden, waren aber wegen der Pandemie verschoben worden. Es sind die ersten Wahlen im einstigen Coronavirus-Hotspot Spanien seit dem Ausbruch der Pandemie. Rund vier Millionen Menschen sind stimmberechtigt, das entspricht in etwa elf Prozent aller Wahlberechtigten in Spanien.

Der Wahlkampf lief ob der Pandemie auf Sparflamme, der Ausgang dürfte aber ohnehin klar sein. Umfragen sahen in beiden Regionen die bisher regierenden Parteien vor einem erneuten Sieg. Im Baskenland sind das die beiden separatistischen Koalitionsparteien, die liberale PNV und linke EH Bildu, in Galicien die konservative Partido Popular (PP).

Die sozialdemokratisch geprägte spanische Regierungspartei PSOE von Ministerpräsident Pedro Sanchez spielt in beiden Regionen keine entscheidende Rolle. Den Wahlen wird deshalb auch kein Testcharakter für die umstrittene Coronavirus-Politik der Regierung Sanchez beigemessen. Mit Ergebnissen wird bis Mitternacht gerechnet.