Stuttgart-Krawalle: Polizei will Familienhintergrund ermitteln

Bei ihren Ermittlungen zur Stuttgarter Krawallnacht will die Polizei auch das Umfeld der Verdächtigen und deren familiären Hintergrund beleuchten. Die Ausschreitungen in der Nacht zum 21. Juni hätten ein bisher ungekanntes Aggressions- und Gewaltpotenzial offenbart, sagte ein Polizeisprecher.

Da gehöre es selbstverständlich zur Aufarbeitung dazu, herauszufinden, mit wem man es zu tun habe, und das Umfeld der Verdächtigen und in unklaren Fällen auch einen möglichen Migrationshintergrund zu ermitteln.

Medienberichte, die Polizei wolle Stammbaumforschung betreiben, wies der Sprecher zurück. „Aber wir betreiben natürlich keine Ahnen- oder Stammbaumforschung“, sagte er.

Sitzungsprotokoll wird ausgewertet

Ein Sprecher der Stadt erklärte, der Begriff gehöre nicht zum Wortschatz der Stadt beziehungsweise der Polizei. Weder er noch weitere Zuhörer einer Gemeinderatssitzung könnten sich daran erinnern. Man werde nun das Protokoll der fraglichen Sitzung auswerten.

In den Berichten hatte es geheißen, Polizeipräsident Franz Lutz habe im Gemeinderat angekündigt, dass die Polizei auch bei Verdächtigen mit deutschem Pass mit Hilfe der Landratsämter Stammbaumrecherche betreiben werde. Das hatte breite Kritik ausgelöst.

Scharfe Kritik aus Politik

„Das verstört mich nachhaltig“, twitterte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. „Polizeiliche Stammbaumforschung ist die unsägliche Konsequenz aus der rechtsextremen Debattenverschiebung darüber, es sei relevant, ob Menschen, die Straftaten begehen, deutsch sind oder nicht / Migrationswurzeln haben oder nicht“, twitterte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz.

„Mir fehlen immer noch die Worte“, sagte der Grünen-Politiker Cem Özdemir den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der Polizeipräsident solle seinen „skurrilen Vorschlag“ sofort aus der Welt schaffen.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) verteidigte das Vorgehen indes als Selbstverständlichkeit in einem Strafverfahren. "Der Begriff „Stammbaumforschung" ist da fehl am Platze“, sagte Strobl. „Unsere Polizei arbeitet professionell und korrekt.“