Federal Correctional Institution in Terre Haute, Indiana
APA/AFP/Getty Images/Scott Olson
Nach 17 Jahren

US-Bundesgefängnisse dürfen wieder töten

Erstmals nach 17 Jahren kann in den USA wieder die Todesstrafe in Bundesgefängnissen vollstreckt werden. Das Oberste Gericht hat am Dienstag einen von einem anderen Gericht verhängten Stopp gekippt und grünes Licht dafür gegeben.

Die Entscheidung des unteren Gerichts war am Montag zwei Stunden vor der angesetzten Hinrichtung des verurteilten Mörders Daniel Lee per Giftspritze erfolgt. Die Richterin Tanya Chutkan hatte mit möglichen Schmerzen durch den Einsatz von Pentobarbital für die tödlichen Injektionen argumentiert. Mehrere Gerichte hatten den Einsatz des Giftes zuletzt genehmigt.

Ein Berufungsgericht hatte die Entscheidung Chutkans zunächst bestätigt. Das Oberste Gericht befand die Aussetzung der Vollstreckung in letzter Minute nun jedoch als nicht gerechtfertigt und hob die einstweilige Verfügung auf, damit die „Hinrichtungen wie geplant durchgeführt werden können“. Neben Lee geht es um zwei weitere Todeskandidaten, die im Laufe dieser Woche hingerichtet werden sollen.

Angehörige fürchten CoV-Gefahr

Lees Hinrichtung wäre die erste auf US-Bundesebene seit dem Jahr 2003. Er war 1999 wegen der Ermordung eines Ehepaares und dessen achtjähriger Tochter zum Tode verurteilt worden. Die Angehörigen der Opfer wollten bei seiner Exekution im Bundesgefängnis in Terre Haute im US-Staat Indiana anwesend sein. Eine Teilnahme stelle derzeit wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus aber ein übermäßiges Gesundheitsrisiko dar, hatten sie argumentiert und ebenfalls eine Verschiebung der Hinrichtung beantragt.

Federal Correctional Institution in Terre Haute, Indiana
Reuters/Bryan Woolston
Ein Polizeiwagen patrouilliert vor dem Bundesgefängnis Terre Haute, in dem Daniel Lewis Lee hingerichtet werden soll

In den vergangenen Monaten hatte es in US-Gefängnisses besonders viele Erkrankungen mit Covid-19 gegeben. Ein Berufungsgericht gab dem Antrag der Familie am Wochenende aber nicht statt. Er entbehre „jeglicher diskutabler Rechtsgrundlage“, hieß es. Der Oberste Gerichtshof bestätigte nun die Ablehnung. Die Exekution könne daher wie geplant stattfinden. Die Entscheidung der Richter sei mit fünf zu vier Stimmen gefallen, hieß es in Medienberichten.

Drei solche Hinrichtungen seit 1988

Die meisten Kriminalfälle in den USA werden vor Gerichten in den einzelnen US-Staaten verhandelt, einige Prozesse finden allerdings vor Bundesgerichten statt. Darunter fallen Hassverbrechen, eine Reihe besonders schwerer Verbrechen sowie Straftaten, die auf militärischen Einrichtungen oder in Reservaten der indigenen Bevölkerung geschehen.

Mann demonstriert gegen Hinrichtungen in Indiana
Reuters/Bryan Woolston
Der Chef der schwarzen Bürgerrechtsbewegung NAACP, Sylvester Edwards, protestiert vor Terre Haute gegen die Todesstrafe

Auf Bundesebene wurde die Todesstrafe seitdem zwar weiter verhängt, seit 2003 aber nicht vollstreckt. Justizminister William Barr drängte zuletzt darauf, die Hinrichtungen auszuführen. Fälle, in denen Straftäter von Bundesgerichten zum Tode verurteilt wurden, liegen in der Hand der Bundesregierung. Die Vollstreckung war aber auch vor 2003 äußerst selten. Seit 1988 wurden nur drei Häftlinge hingerichtet – darunter war 2001 Timothy McVeigh, der bei einem Anschlag in Oklahoma City 1995 mehr als 160 Menschen getötet hatte.

Auch von den US-Staaten verhängen bzw. vollstrecken nur noch wenige die Todesstrafe, die meisten davon im Süden der USA. Nach Angaben des Death Penalty Information Centers gibt es diese Höchststrafe inzwischen in etwa 20 der 50 US-Staaten nicht mehr. Im März 2019 setzte auch Kalifornien – der Bundesstaat mit der größten Zahl von Häftlingen in Todestrakten – die Todesstrafe per Dekret aus. Im vergangenen Jahr wurden 22 Menschen in den USA hingerichtet.

Giftspritzen umstritten

Nicht nur die Todesstrafe an sich, sondern auch die Hinrichtungsmethode und einige für die Giftspritzen verwendete Mittel sind umstritten. Barr hatte im Juli 2019 angeordnet, dass den Todeskandidaten künftig nur eine tödliche Injektion, und zwar mit dem Mittel Phenobarbital, verabreicht werden soll. Sie ersetzt einen Giftcocktail aus drei Mitteln.

Barr hob hervor, dass seit 2010 Pentobarbital in 14 US-Bundesstaaten bei mehr als 200 Hinrichtungen zum Einsatz gekommen sei. US-Bundesgerichte, darunter der Supreme Court, hätten immer wieder die Vereinbarkeit dieser Hinrichtungsmethode mit dem achten Verfassungszusatz festgestellt, der grausame und ungewöhnliche Strafen verbietet.