Dokumentationsstelle für Islamismus präsentiert

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hat heute die angekündigte Dokumentationsstelle für religiös motivierten politischen Extremismus vorgestellt. Beforscht werden soll der „politische Islam“, seine Strukturen und entsprechende Parallelgesellschaften.

Gegründet wurde die „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ als Bundesfonds nach Vorbild des Österreichischen Integrationsfonds, die Startfinanzierung erfolgt mit 500.000 Euro aus dem Budget des Integrationsministeriums, wie Raab sagte. Gleichzeitig betonte die Ministerin die Unabhängigkeit der Arbeit des Gremiums, das fünf bis sieben Mitarbeiter haben soll. Diese werden nun gesucht. Die Leitung ist ebenfalls ausgeschrieben, wobei Raab schon klarmachte, dass sie sich eine Frau wünscht.

Auch erste Aufträge hat die Ministerin der Dokumentationsstelle mitgegeben. Dazu zählt der Kampf gegen den politischen Islam, die wissenschaftliche Erforschung, Dokumentation und Information über religiös motivierten Extremismus sowie über die entsprechenden Vereinsstrukturen. Die Informationen sollen Behörden, Politik und Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. „Die Stelle soll Transparenz schaffen.“

„Keine Stelle gegen die Religion“

Argumentiert wird die Einrichtung damit, dass es bisher keine Einrichtung gebe, „die sich den Kampf gegen den politischen Islam zum Ziel gesetzt hat“. Querverbindungen zu Themen wie Antisemitismus und Rassismus werde sich aber auch die neue Dokumentationsstelle ansehen – etwa den muslimischen Antisemitismus oder die türkisch-nationalistischen „Grauen Wölfe“.

Dennoch versicherte Raab, dass sich die Meldestelle nicht gegen den Islam an sich richte, sondern lediglich gegen die „extremistische Ideologie des politischen Islam“. „Diese Dokumentationsstelle ist keine Stelle gegen die Religion.“ Sondern es gehe um gefährliche Netzwerke, die unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit agieren. Thematisieren will man etwa, wenn in Moscheen die Überlegenheit der eigenen Religion gepredigt wird oder wenn sich Buben am Schulhof zu den Wächtern religiöser Gesetze aufschwingen („Generation haram“).

Unterstützung von Experten

Wie viele Vereine im Visier der Dokumentationsstelle stehen könnten, wussten auch die vom Raab beigezogenen Experten nicht. Lorenzo Vidino, Extremismusforscher an der US-amerikanischen George Washington University, verwies darauf, dass sich Salafisten und Muslimbrüder nicht als solche outen würden. Daher sei die „Pionierarbeit“ der Meldestelle auch so wertvoll.

Und Mouhanad Khorchide, Religionswissenschaftler an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, verwies darauf, dass der politische Islam seine Zentren vielfach bereits eher in Europa als in den islamischen Ländern habe. Dazu gebe es aber noch kaum Forschungsarbeiten. Auch er betonte, dass es dabei nicht um den Islam an sich gehe, sondern um „eine gefährliche Ideologie des politischen Islam“.

Glaubensgemeinschaft fordert Einbindung

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) fordert unterdessen die Einbindung in die „Dokumentationsstelle Politischer Islam“. Präsident Ümit Vural kritisierte in einer Aussendung, dass die „türkis-blaue Politik der Ausgrenzung“ fortgesetzt werden könnte. Außerdem bestreitet Vural einen religiösen Hintergrund der Ausschreitungen türkischer Nationalisten bei Demonstrationen in Wien-Favoriten.

„Die Geschehnisse in Favoriten haben keinen religiösen Hintergrund. Sie sind bedauerliche Verlängerungen türkischer Innenpolitik, die in Österreich nicht vorkommen dürfen“, so Vural.

Die Schaffung einer Dokumentationsstelle für Antisemitismus, den religiös motivierten politischen Extremismus und Rassismus im 21. Jahrhundert würde die Glaubensgemeinschaft begrüßen. Wieso sich die „ungenaue und undefinierte Bezeichnung ‚politischer Islam‘“ im Namen der Dokumentationsstelle finde, wenn diese doch sinnvollerweise jeglichen religiös motivierten politischen Extremismus betrachten sollte, ist für Vural aber unverständlich: „Es könnte allen Bemühungen zum Trotz in diesem Punkt, die türkis-blaue Politik der Ausgrenzung und Kriminalisierung unserer muslimischen MitbürgerInnen fortgesetzt werden.“