Misshandlungsvorwürfe haben für Polizistinnen und Polizisten nur äußerst selten Konsequenzen. Das bestätigt eine aktuelle Anfragebeantwortung von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an die FPÖ. Demnach wurden seit 2018 zwar 350 Fälle bei der Justiz angezeigt, vorläufig suspendiert wurden aber nur drei Beamte.
In einem Fall wurde die Suspendierung von der Disziplinarkommission aufgehoben, der Beamte kam mit einem Verweis davon. In einem weiteren Fall verhängte die Kommission 2.000 Euro Geldstrafe. Im dritten Fall läuft das Verfahren noch.
Zur Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizistinnen und Polizisten hat die türkis-grüne Regierung eine eigene Behörde angekündigt, die auch als Beschwerdestelle fungieren und mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet werden soll. Ein Konzept dafür soll bis zum Herbst stehen.
Lepuschitz warnte
Die Wiener Polizei war in den vergangenen Monaten immer wieder wegen gewalttätiger Übergriffe von Polizisten auf Demonstrierende in die Schlagzeilen geraten. So hat am 1. Mai ein Polizist einen Teilnehmer einer Fahrraddemo aus dem fahrenden Auto heraus vom Rad getreten, ein am Boden sitzender Demonstrant wurde mit Fußtritten traktiert.
Der Vizepräsident der Wiener Polizei, Michael Lepuschitz, warnte seine Beamtinnen und Beamten daraufhin, dass in solchen Fällen „Verständnis und Schutz durch Vorgesetzte und Behörde“ ein Ende habe. Gleichzeitig lobte er das deeskalierende Auftreten der Polizei bei den Anti-Rassismus-Kundgebungen im Juni.
Dass die bei den Staatsanwaltschaften angezeigten Misshandlungsvorwürfe meist nicht vor Gericht landen, hat eine vor eineinhalb Jahren veröffentlichte Studie des Austrian Center for Law Enforcement Sciences (ALES) gezeigt. Untersucht wurden 1.518 Fälle der Jahre 2012 bis 2015 – davon wurden nur sieben gerichtsanhängig, Verurteilung gab es keine. Die damalige Studienleiterin Susanne Reindl-Krauskopf wird laut Nehammer nun als eine von vier Universitätsexpertinnen und -experten bei der Konzeption der neuen Beschwerdestelle eingebunden.