Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Helmut Fohringer
Österreich bei CoV zweigeteilt

Aktionsplan soll auf Herbst vorbereiten

Die Zahl der CoV-Infizierten im Land steigt weiter an. Dafür sind vor allem Cluster in drei Bundesländern verantwortlich. Sollten bundesweite Maßnahmen nötig werden, könnten diese kurzfristig wieder umgesetzt werden, so Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Freitag. Als Vorbereitung auf den Herbst soll ein 17-Punkte-Plan kommen.

Am Freitag gab es insgesamt 1.393 aktive Fälle, die Zahl der Neuinfektionen stieg weiter an. Der Grund für den Anstieg, so Anschober, seien regionale Cluster in Oberösterreich mit 60 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden, in Niederösterreich mit 38. In Wien sind es 57 neue Fälle, der Großteil davon im Familienverbund – mehr dazu in wien.ORF.at.

In den meisten anderen Bundesländern war es jeweils eine Neuinfektion. „Das heißt, wir haben so eine Zweiteilung in Österreich“, sagte Anschober bei einem gemeinsamen „Corona-Update“ mit der Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl von der MedUni Wien.

Österreich befinde sich nach dem „Lock-down“ und den darauf folgenden Öffnungsschritten nun in Phase drei, der Stabilisierung der Infektionszahlen. Regionale Ausbrüche, wie sie nun vorkommen, seien zu erwarten gewesen, sagte Anschober. Manche Ansteckungen seien auch „reiseassoziiert“. Daher habe man mehr Landeverbote für Österreich ausgesprochen, die Reisewarnungen würden ständig aktualisiert und Grenzkontrollen durchgeführt.

Herbst als Herausforderung

Puchhammer-Stöckl verwies auf das Surveillance-System, das nicht nur die Entwicklung bei SARS-CoV-2 beobachtet, sondern auch den gewöhnlichen Rhinovirus, verantwortlich für Schnupfen: „Sei drei Wochen beobachtet man, dass die Kommunikationswege über Tropfeninfektionen wieder intensiver werden.“ Das zeige eine gewisse Sorglosigkeit bei Übertragungswegen.

169 Neuinfektionen innerhalb 24 Stunden

Bei 169 Menschen ist in Österreich innerhalb von 24 Stunden eine Coronavirus-Infektion festgestellt worden. Hotspots bleiben Oberösterreich, Wien und Niederösterreich. Gesundheitsminister Anschober (Grüne) sieht dennoch keinen Grund für bundesweite Maßnahmen.

Die Virologin erklärte, wieso der Herbst eine Herausforderung werde: Die Menschen hielten sich mehr in den Häusern auf als im Freien, die Infektionsgefahr steige. Sie mahnte einmal mehr, Abstand zu halten und – wo das nicht möglich ist – eine Maske zu tragen.

Kommission und Ampelsystem

In Vorbereitung auf den Herbst kündigte Anschober einen 17-Punkte-Aktionsplan an. Ein Teil soll bereits im Sommerministerrat Ende Juli verankert werden. Der Plan sieht unter anderem eine „Corona-Kommission“ aus Fachleuten und das bereits angekündigte Ampelsystem vor. Es soll sich von jenem in Deutschland unterscheiden, das bedeutet, keine „Einpunkte-Entscheidung“, sondern eine aus vier Indikatoren, bestehend aus Spitalskapazitäten, dem prozentuellen Anteil an positiven Tests, den täglichen Steigerungen und als viertem Punkt den Clusteranalysen. „Entscheidend ist, woher der Cluster kommt“, so Anschober.

Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl
APA/Helmut Fohringer
Puchhammer-Stöckl plädierte einmal mehr dafür, Abstand zu halten

Leitlinien für die Ampel sollen bis auf Bezirksebene gelten, wobei der Einwand von Wien verständlich sei, dass es von „Bezirk zu Bezirk“ nicht geht. Außerdem will Anschober die Hotline 1450 evaluieren. Diese habe „in Grundzügen hervorragend funktioniert“. Nunmehr solle geprüft werden, „wie viel zusätzliches Personal braucht es“.

„Wir wollen den Zugang über 1450 zu den Testungen deutlich erleichtern und niederschwelliger ansetzen“, sagte der Gesundheitsminister. Durch ein Screening, also ein Testen auch von symptomlosen Menschen oder Personen in prekären Lebenssituationen oder Arbeitsplätzen will man potenzielle Herde schnell entdecken. Anschober sprach auch einmal mehr die angekündigte Beschleunigung der Testungen an. Bald solle ein Bescheid mit dem Ergebnis binnen 48 Stunden nach der Information an die Hotline vorliegen. Geregelt werden soll das per Erlass, sagte Anschober.

Bundesweite Maßnahmen schnell umsetzbar

Bei den Testungen liege man derzeit „in einer Größenordnung, wie wir sie noch nicht hatten“. So wurden in den vergangenen Tagen immer „knapp über, knapp unter 10.000 Tests durchgeführt“. Ende März hatte der Gesundheitsminister 15.000 bis 17.000 Tests täglich als Ziel vorgegeben, davon ist Österreich weiterhin deutlich entfernt.

Derzeit könnten die regionalen Ausbrüche mit regionalen Maßnahmen eingegrenzt werden. Sobald es Hinweise auf eine bundesweite Steigerung der Zahlen gebe, „werden wir von regionalen zu bundesweiten Maßnahmen übergehen“, so Anschober. „Da könnte auch der Mund-Nasen-Schutz bundesweit ein Thema sein und kurzfristig umgesetzt werden. Manche könnten überrascht sein, wie schnell das gehen könnte, wenn es bundesweit erforderlich ist“, sagte der Gesundheitsminister.

Heer und Polizei im Einsatz

Das Bundesheer im Einsatz gegen das Coronavirus soll in Österreich nicht der Normalzustand werden, aber Anschober ist gegenwärtig „durchaus froh, dass Assistenzeinsatz da ist, wie jetzt in Kärnten“. Was die Rolle der Polizei betrifft, so sei das „ein Unterstützungsangebot, das okay ist“, entscheiden würden jedoch die Bundesländer. Eine Novelle zum Epidemiegesetz soll der Exekutive ermöglichen, künftig auch Krankheitssymptome zu erheben – ein Veto des Bundesrats durch die Oppositionsparteien droht jedoch.