Wirecard: Marsalek weiter Direktor einer Moskauer Tochter

Mehr als ein Monat nach seiner Entlassung durch den Wirecard-Konzern ist der flüchtige Ex-Manager Jan Marsalek formal weiterhin ausführender Direktor einer Wirecard-Tochter in Russland. Nach einem unbestätigten Bericht des „Handelsblatts“ soll sich Marsalek derzeit unter Aufsicht eines russischen Militärgeheimdienstes außerhalb von Moskau aufhalten.

Marsalek fungiert laut der tagesaktuellen Datenbank der russischen Steuerbehörden seit April 2019 und bis zum heutigen Tag als ausführender Direktor der im September 2018 gegründeten OOO Wajerkard in Moskau, die ihrerseits eine Tochterfirma der Wirecard Sales International Holding GmbH und der Wirecard AG ist.

Keine Bestätigung

Gegenüber der APA wollte man gestern bei OOO Wajerkard trotz dieser offiziellen Angaben eine aufrechte Tätigkeit des flüchtigen Ex-Managers nicht bestätigen. „Wir haben keine Beziehung zu Jan Marsalek, er ist nicht Mitarbeiter der Firma“, sagte die laut Steuerbehördendatenbank als Generaldirektorin agierende Polina Dobrijan in einem Telefonat.

Bevor Dobrijan die Verbindung unterbrach, empfahl sie, bei der Zentrale in Deutschland nachzufragen. „Die Wirecard AG gibt derzeit keine weiteren Stellungnahmen ab“, hieß es anschließend in Aschheim auf APA-Nachfrage. Nach Angaben der Geschäftsdatenbank Dun & Bradstreet Firmenprofile wies diese Moskauer Firma 2018 einen Jahresumsatz von 550.000 Euro und Verluste in der Höhe von knapp 42.000 Euro auf.

Ist Marsalek in Russland?

Laut dem „Handelsblatt“ soll sich Marsalek zuletzt unter Aufsicht des Militärgeheimdienstes GRU auf einem Anwesen westlich von Moskau aufgehalten haben. Bereits zuvor hatte der „Spiegel“, „Bellingcat“ und „The Insider“ mit Verweis auf eine Datenbank von russischen Grenzbehörden berichtet, dass der Österreicher am 18. Juni im Weißrussland eingereist sei.

Die Rede war von einem Privatjet, der an diesem Tag aus Klagenfurt via Tallinn nach Minsk geflogen sei. Bestätigungen für diese Medienberichte fehlen. Marsalek hatte bereits Anfang Juli mit gefälschten Ein- und Ausreisedaten auf den Philippinen für Schlagzeilen gesorgt.

„Hätte der (für Grenzübertritte verantwortliche russische Geheimdienst, Anm.) FSB die eigene Datenbank verändert, um Marsalek zu schützen, wäre das noch eine größere Geschichte als ihn zu finden“, erklärte dazu „Bellingcat“-Autor Christo Grosew am Samstag auf Twitter und spielte damit auf eine kolportierte Affinität des 40-Jährigen zu russischen Geheimdiensten an.