„Europa hat die Weichen in Richtung Zukunft gestellt. Die österreichischen Verhandler haben dabei gemeinsam mit anderen Ländern wichtige Impulse eingebracht“, schrieb WKÖ-Präsident Harald Mahrer in einer Aussendung. IV-Präsident Georg Knill sprach von einem „wichtigen Schritt, um die Wirtschaftskrise bewältigen zu können“. „Ich gratuliere der Bundesregierung zu dem erfolgreichen Abschließen der Verhandlungen und dem effizienten Einsatz von Steuergeldern“, schrieb Knill in einer Aussendung.
Die beiden Wirtschaftsvertreter lobten auch den EU-Wiederaufbaufonds. Hier sei „ein guter Mix unterschiedlicher Maßnahmen gelungen“, meinte Mahrer. Er hob hervor, dass die Mittel zielgerichtet für Reformen und die Modernisierung des Standorts Europa verwendet werden und die Inanspruchnahme an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit geknüpft ist. Auch Knill sagte, die eingebauten Konditionalitäten für eine korrekte und sachgerechte Mittelverwendung in den Nationalstaaten seien wichtig für das europäische Projekt. Mahrer und Knill drängten zudem auf eine stärkere Unterstützung von Zukunftsthemen wie Forschung, Innovation und Digitalisierung im EU-Budget. Der IV-Präsident beklagte aber, dass das Engagement der Staats- und Regierungschefs diesbezüglich „ausbaufähig“ sei.
Landwirtschaftskammer dankt Kurz
Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger dankte in seiner Reaktion explizit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dass er „in den Verhandlungen konsequent seine Linie gehalten hat und damit auch für Österreichs Bäuerinnen und Bauern erfolgreich war“. Statt der ursprünglich geplanten Kürzung des Agrarbudgets gebe es nun ein Plus von 35 Millionen Euro. „Damit ist gewährleistet, dass wir den österreichischen Weg der Landwirtschaft mit starker Betonung der ländlichen Entwicklung weitergehen können.“
Konkret heiße das Verhandlungsergebnis, dass für die Gemeinsame Agrarpolitik in Österreich im Vergleich zur jetzigen Finanzplanungsperiode 18 Mio. Euro (-2,6 Prozent) weniger für die Säule 1, also für Direktzahlungen, hingegen aber 23 Mio. Euro (+4,2 Prozent) mehr für die Säule 2, die ländliche Entwicklung, zur Verfügung stehen werden, hieß es in einer Aussendung der Landwirtschaftskammer Österreich. Ursprünglich hatte die Europäische Kommission Kürzungen in der Höhe von insgesamt 770 Mio. Euro vorgesehen, nun gebe es ein jährliches Plus von fünf Mio. Euro (+0,4 Prozent).
Moosbrugger will in den nun folgenden Detailverhandlungen klargestellt sehen, dass weiterhin eine nachhaltige Produktion möglich sei. Die ‚Farm-to-Fork‘- und die Biodiversitätsstrategie ließen diesbezüglich noch einige Fragen offen. Klimaschutz und nachhaltige Landwirtschaft seien kein Gegensatz, sondern bedingen einander.
NGOs enttäuscht
Die Klimaschutzaktivisten von „Fridays For Future Österreich“ übten nach dem EU-Finanzdeal scharfe Kritik an Bundeskanzler Kurz. Aufgrund des Beharrens der „sparsamen vier“ sei es nämlich zu „massiven Kürzungen“ unter anderem beim Klimaschutz gekommen, hieß es am Dienstag in einer Aussendung. Auch Greenpeace und WWF reagierten enttäuscht.
„Als junge Europäer*innen sind wir entrüstet über die Kurzsichtigkeit mancher Regierungschefs gegenüber globalen Krisen“, kritisierte Veronika Winter von „Fridays For Future“. „Meine Generation und alle kommenden müssen später für das Desaster bezahlen, das heutige europäische Regierungschefs mitverursachen“, beklagte sie etwa die Kürzung des „Just Transition Fund“ von 30 auf zehn Milliarden Euro.
Kurz und seine „sparsamen“ Kolleginnen würden keinerlei Bewusstsein für globale Verantwortung und die klimapolitische Vorbildsfunktion der EU zeigen, kritisierte auch Leo Doden von „Fridays For Future“. „Wer in Österreich ständig davon redet, dass wir EU-weite Lösungen brauchen, darf dieselbigen dann nicht blockieren“, forderte er.
Greenpeace: Visionslose Kurzsichtigkeit
Ähnlich fielen die Reaktionen der arrivierten Umweltorganisationen Greenpeace und WWF aus. „Die visionslose Kurzsichtigkeit von Sebastian Kurz hat sich in Brüssel durchgesetzt – auf Kosten der Gesundheit, der Wissenschaft und der Zukunft unserer Kinder“, kritisierte Greenpeace-Klimaexperte Adam Pawloff die „unsolidarische Haltung der geizigen vier“. Die Milliardenkürzungen bei Programmen wie Horizon oder Just Transition seien „eine Schande, gerade für ein Land, das sich im Regierungsprogramm Klimaschutz auf die Fahnen geheftet hat“, so Pawloff mit Blick auf die Regierung.
WWF Österreich kritisierte das Gipfelergebnis als „verpasste Chance für einen klima- und naturverträglichen Neustart“ nach der Coronavirus-Krise. WWF-Programmleiterin Hanna Simons bezeichnete die Kürzungen beim Just Transition Fund ebenfalls als „völlig falsches Signal“ und attestierte den Staats- und Regierungschefs, die Klimakrise nicht ernst genug zu nehmen. „Mut und Willen für echte Reformen fehlen.“