Rudolf Anschober (Grüne)
APA/Helmut Fohringer
Neben CoV-Regeln

Grippeimpfung als Vorbereitung auf Herbst

Der Ausblick auf den kommenden Herbst und Winter stimmt viele besorgt: zum einen ob einer möglichen zweiten Coronavirus-Welle, zum anderen ob der parallel dazu auftretenden Grippe. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat nun in einer Pressekonferenz mit Expertinnen darüber informiert, wie sich Österreich darauf vorbereitet – neben den bereits geltenden Vorsichtsmaßnahmen ist vor allem die Grippeimpfung zentral.

Das Coronavirus und die Grippeviren seien „extrem unterschiedlich, und dennoch gibt es viele Parallelen“, so Anschober. Einerseits ähneln sich die Symptome bei Erkrankungen sehr stark, doch auch Doppelinfektionen „sind nicht auszuschließen“ und können sich gegenseitig „verstärken“. Es sei daher „in besonderem Interesse, die Infektionen an Influenza möglichst gering zu halten“, so Anschober. Eine zentrale Rolle kommt – neben dem Mund-Nasen-Schutz, dem Abstandhalten und den Hygieneregeln – hier der Grippeimpfung zu.

Die Durchimpfungsrate bei Influenza ist jedoch „höflich formuliert äußerst gering“, sagte Anschober. „Wir schwanken irgendwo zwischen fünf und acht Prozent.“ Das sei weit unter dem internationalen Schnitt. Als möglichen Grund sieht er eine große Anzahl an Impfskeptikern, aber auch die Verunsicherung bei Menschen. Und wir hätten uns an die jährliche Grippesaison gewöhnt und vergessen, dass es etwas dagegen gibt, erläuterte Anschober.

Beschaffungsprozess als Problem

Bei der Influenza-Impfung stellt sich der Beschaffungsprozess als ein Problem dar, so Anschober zudem. Der Rahmen für die Bestellungen sei bereits vor zwölf bis 13 Monaten definiert worden, erläuterte Anschober. Seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie hätten sich zahlreiche Länder bemüht, Nachbestellungen zu bekommen.

„Das haben wir auch gemacht“, und zwar „sehr erfolgreich“, befand Anschober. „Wir sind mittlerweile bei 1,1 Millionen Dosen.“ Das ist ein Drittel bis 40 Prozent plus zur Bestellung für die vergangene Grippesaison. Im Vorjahr wurden demnach 756.000 Dosen verkauft. Außerdem wurde die Influenza in das Gratis-Kinderimpfprogramm aufgenommen. Der Minister hob auch hervor, dass erstmals 100.000 Dosen Hochdosisimpfstoff für Personen über 65 Jahren beschaffen wurden. Die Stadt Wien bietet zudem ab Oktober eine Gratis-Grippeimpfung für alle an. Damit will die Stadt auch die Situation im Hinblick auf das Coronavirus verbessern – mehr dazu in wien.ORF.at.

Christa Wirthumer-Hoche
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Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der Medizinmarktaufsicht vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG)

Auf Zwang wolle man in puncto Impfen aber nicht setzen. „Im Wesentlichen geht es um Information“, so der Gesundheitsminister. Zunächst werde eine Impfstrategie erstellt und im Anschluss überlegt, wie möglichst barrierefrei geimpft werden könnte. Dabei wird auch die Option, dass Apotheker Impfungen verabreichen könnten, nicht außer Acht gelassen. „Ich bin im Gespräch mit der Apothekerkammer“, sagte Anschober.

Impfstoffbedarf unklar

Als Grund dafür, dass die Planung und Herstellung so lange dauert, nennt Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der Medizinmarktaufsicht vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG), zwei Gründe. Einerseits würden Grippeviren stetig mutieren. Daher sei es auch notwendig, „jedes Jahr neu eine Empfehlung zu erarbeiten“. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlicht diese jährlich Ende Februar.

Andererseits würde ein Großteil der Impfstoffe unter Zuhilfenahme von Eiern, die speziellen Kriterien entsprechen müssen, produziert. „Jährlich sind mehr als 500 Millionen Eier nötig“, erklärte Wirthumer-Hoche. Der Herstellungsprozess allein würde von Start bis Ende der Produktion sechs Monate dauern. Parallel zur Produktion würden zudem auch regulatorische Prozesse gestartet. Allerdings müsse nicht jedes Jahr ein neuer Impfstoff zugelassen werden, so die Expertin.

Ende August kommen erste Influenza-Impfstoffchargen auf den Markt und werden geprüft. Die Bedarfsberechnung erfolgt anhand der laufenden Influenza-Saison und den Durchimpfungsraten der Länder. „Ich glaube, keiner kann im Moment eine Antwort auf die Fragen geben: Haben wir genug Impfstoff, wie viele werden sich impfen lassen?“, so Wirthumer-Hoche. Man werde sich mit den Herstellern, dem Großhandel und Apotheken zusammenschließen, „um sicherzustellen, dass nicht Impfstoff an einer Stelle in Österreich liegt, aber an der anderen Stelle noch gebraucht wird“.

Monika Redlberger-Fritz
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Virologin Monika Redlberger-Fritz

CoV-Regeln können „zur Beruhigung beizutragen“

„Bei der Grippe ist es nicht so einfach wie bei vielen anderen Viren, denn da gibt es viele Typen und Subtypen“, erklärte die Virologin Monika Redlberger-Fritz zudem. „Das ist nämlich gemein, es zirkuliert nicht immer nur ein Typ oder Subtyp, sondern die zirkulieren immer gemeinsam“, so die Expertin. Welcher Typ gerade dominant ist, ist einerseits von Jahr zu Jahr, aber auch regional unterschiedlich, erklärt Redlberger-Fritz weiter.

Die Grippesaison beginnt jedenfalls jährlich im Jänner, wenngleich erste Erkrankungen bereits im November oder Dezember auftreten können. Respiratorische Erkrankungen, die im Herbst auch wegen des Schulbeginns zunehmen, lassen sich in der Regel auf eine Fülle anderer Viren zurückführen. „Da helfen uns in diesem Jahr die Hygienemaßnahmen, das Abstandhalten, MNS und Händedesinfektion“, so die Expertin. „Das kann helfen, im Herbst zur Beruhigung beizutragen.“

„Summa summarum haben wir abhängig von der Saison 90.000 bis 440.000 Influenzaerkrankte“, sagt Redlberger-Fritz. Auch rund 1.300 Tote gebe es im Schnitt pro Jahr. Um die Grippesaison möglichst gut in den Griff zu bekommen, sind ihr zufolge eine gute Überwachung, die CoV-Maßnahmen und vor allem auch die Impfung wichtig. Man dürfe nämlich nicht vergessen, dass die Grippe nicht nur Schnupfen und Fieber auslöse, sondern dass „es dadurch auch zu einer erhöhten Anzahl von Herzinfarkten und Schlaganfällen kommt“.