Eisberg in der Antarktis
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„Nichts Gutes“

Methanleck in Meeresboden wirft Fragen auf

Im Boden der Antarktis dürfte ein Leck seit Jahren Methan freisetzen – ein Gas, das zum Treibhauseffekt beiträgt. Es handelt sich um das erste aktive Leck von Meeresbodenmethan in der Antarktis, das nun erforscht wurde. Nicht das Leck an sich bereitet den Wissenschaftlern Sorgen. Sie fürchten steigende Wassertemperaturen, die zur großflächigen Freisetzung des Gases führen kann.

Die undichte Stelle befindet sich in einer Tiefe von zehn Metern im McMurdo-Sund, einer Bucht im Rossmeer. Das aktive Leck wurde schon im Jahr 2011 von Tauchern entdeckt, konnte aber erst ab 2016 wissenschaftlich erforscht werden. Nun liegen die Ergebnisse vor, die in der Zeitschrift „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlicht wurden. Sie zeichnen ein düsteres Bild der möglichen Folgen der Entdeckung.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass das klimaschädliche Gas durch das Leck seit Jahren in die Atmosphäre gelangt. Der Ursprung des Gases sind wahrscheinlich zerfallende Algenablagerungen, die unter Sedimenten vergraben und Tausende Jahre alt sind. Großteils werden die Vorkommen unter Wasser von Mikroben im Sediment zersetzt – Methan ist nämlich auch ein Energieträger, der von einigen Mikroben für den Stoffwechsel genutzt wird. Nicht so bei dem aktiven Leck im Rossmeer.

Pinguine in der Antarktis
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Im Meeresboden der Antarktis wird Methan schnell zersetzt – nicht so bei dem nun erforschten Leck

Denn jene Mikroorganismen, die das Methan im Antarktischen Rossmeer normalerweise verbrauchen, hätten sich erst fünf Jahre nach Aktivwerdung des Lecks und in zu geringer Anzahl angesiedelt. So kam das Methan der Studie zufolge frei. Das sei die wichtigste Entdeckung des Teams, so Studienleiter Andrew Thurber von der Oregon State University. „Das ist nichts Gutes. Es dauerte mehr als fünf Jahre, bis sich die Mikroben zeigten, und selbst dann trat immer noch Methan schnell aus dem Meeresboden aus“, so Thurber gegenüber dem britischen „Guardian“.

Methanfreisetzung als „Tipping Point“

Die Forscher zeigten sich besorgt, dass das Gas in großen Mengen austreten wird. Es könnte weitläufig freigesetzt werden, wenn die Klimakrise die Wassertemperaturen steigen lässt. Zumindest der Grund für die Entstehung des Lecks dürfte aber nichts mit der globalen Erwärmung zu tun haben, da sich das Rossmeer noch nicht wesentlich erwärmt hat.

Die Freisetzung aus gefrorenen Unterwasserspeichern oder Permafrostgebieten gilt bei Klimaforscherinnen und -forschern als „Tipping Point“, ein möglicher Wendepunkt, an dem die Folgen der Klimakrise nicht mehr aufzuhalten sind. „Der Methankreislauf ist absolut etwas, worüber wir uns als Gesellschaft Sorgen machen müssen“, sagte Thurber. „Ich finde es unglaublich besorgniserregend.“

Methan ist nach Kohlendioxid das zweitwichtigste Treibhausgas, das in die Erdatmosphäre entweicht. Üblicherweise ist aber die Konzentration, verglichen mit CO2, geringer. Industrie und Massentierhaltung trugen in den vergangenen Jahrzehnten allerdings zur Verdreifachung bei.

Grafik zum Treibhauseffekt
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Laut zwei neuen Studien der Stanford University erreichte der jährliche Ausstoß des Treibhausgases einen Höchststand: 2017 gelangten Hochrechnungen zufolge knapp 600 Millionen Tonnen des Gases in die Erdatmosphäre, mehr als die Hälfte davon durch Aktivitäten des Menschen. Gegenüber dem jährlichen Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2006 hat sich der jährliche Ausstoß um rund 50 Millionen Tonnen erhöht, ein Zuwachs um neun Prozent. Demnach ist Methan für 23 Prozent der globalen Erwärmung aufgrund von Treibhausgasen verantwortlich. Weil Methan aber in der Atmosphäre sehr viel schneller abgebaut wird als CO2, könnte eine Verringerung des menschengemachten Methanausstoßes große Wirkung zeigen, so der Appell.