Abgeordneter mit Mappe in dem Lokal 7 im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz
Opposition ließ prüfen

Geleaktes Dokument stammt aus der ÖVP

Die Oppositionsfraktionen im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss haben jenes Dokument untersuchen lassen, das angeblich Medien zugespielt worden sein soll, um die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in ein schlechtes Licht zu rücken. Dessen technischer Fingerabdruck sei eindeutig „türkis“, befanden SPÖ, FPÖ und NEOS in einer gemeinsamen Aussendung. Die ÖVP müsse Konsequenzen ziehen.

Im Zuge der Befragung von Staatsanwalt Gregor Adamovic war es vergangene Woche im U-Ausschuss zu Aufregung gekommen. Er selbst hatte eine nicht öffentliche Unterlage mit ÖVP-Wasserzeichen mit, die seiner WKStA samt anonymem Schreiben auf einem USB-Stick geschickt wurde. Es handelt sich um einen SoKo-Sachstandsbericht zu den „Ibiza“-Ermittlungen. Laut Adamovic wurde das Dokument schon im Februar erstellt. Das habe die forensische Untersuchung der WKStA gezeigt. Laut einem beigefügten Schreiben ist das Papier zwecks „Dirty Campaigning“ gegen die WKStA auch an Medien gegangen.

Die Opposition ließ nun das geleakte Dokument von den eigenen IT-Experten überprüfen. Das Dokument ist laut diesen „unbestreitbar und unwiderlegbar aus dem ÖVP-Parlamentsklub“ und „direkt der ÖVP-Fraktion im Untersuchungsausschuss zuzuordnen“. Der Dateiname sei bei allen Fraktionen identisch und decke sich mit dem Dateinamen jener Datei, die an die WKStA übermittelt wurde und das Wasserzeichen der ÖVP aufweist.

Aufklärung von ÖVP gefordert – auch von Kurz und Sobotka

Als Konsequenz forderten SPÖ, FPÖ und NEOS eine Aufklärung seitens der ÖVP über das Leak. Die Verantwortlichen innerhalb der ÖVP-Fraktion müssten zudem „festgemacht und zur Rechenschaft gezogen werden“. Die Verantwortlichen gehörten umgehend aus dem Untersuchungsausschuss ausgeschlossen, forderten die Fraktionen in ihrer gemeinsamen Aussendung. Deren Zugang zu den Akten und Daten des Ausschusses gehöre sofort gekappt.

Gregor Adamovic
ORF.at/Lukas Krummholz
Staatsanwalt Adamovic vergangene Woche im Ausschuss

In der Pflicht sieht die Opposition auch den Ausschussvorsitzenden, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), sowie ÖVP-Obmann Sebastian Kurz. Eine Rückverfolgung des Zugriffs auf die Datei sei nämlich „rasch und einfach und sofort durchführbar“, die Verantwortlichen innerhalb der Partei könnten somit schnell ausfindig gemacht werden.

SPÖ sprach von „Niedertracht“

Das Dokument hatte schon vergangene Woche die Wogen hochgehen lassen. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sagte, es zeige sich, „welch Geistes Kind die türkise ÖVP ist“. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sah darin eine „neue Dimension türkiser Niedertracht“. Deutsch erinnerte in einer Aussendung an ein Hintergrundgespräch von Bundeskanzler Kurz mit Medienvertretern, in dem dieser die WKStA kritisiert hatte. Kurz habe damals von „roten Netzwerken in der Justiz fabuliert“ und der WKStA vorgeworfen, Daten illegal weiterzugeben, so Deutsch: „Wie sich heute herausstellt, war es die ÖVP selbst, die Daten leakt, um es der WKStA in die Schuhe zu schieben“.

Dem Versuch, die WKStA zu „desavouieren“, müsse vehement begegnet werden, so Leichtfried bei einer Pressekonferenz am Freitag. Es zeige jedenfalls, dass die ÖVP offenbar mit parlamentarischer Demokratie und Moral „nicht viel am Hut hat“. Der Wähler werde „entsprechend“ reagieren, meinte der SPÖ-Vizeklubchef.

NEOS forderte Gerstl-Rücktritt

NEOS forderte vergangene Woche den Rücktritt von Wolfgang Gerstl als Fraktionsführer der Volkspartei. „Abgeordneter Gerstl lässt keine Gelegenheit aus, einerseits der WKStA und andererseits den aufklärungswilligen Kräften im U-Ausschuss Leaks vorzuwerfen, Stephanie Krisper hat er kürzlich sogar unterstellt, Akten zu fälschen. In Wahrheit ist es die Volkspartei, die leakt“, kritisierte NEOS-Generalsekretär Nikola Donig in einer Aussendung. „Gerstl ist in einem Aufklärungsgremium absolut fehl am Platz und muss den Fraktionsvorsitz im Untersuchungsausschuss sofort zurücklegen.“

ÖVP-Fraktionschef Gerstl selbst bezeichnete es beim Auftauchen des USB-Sticks im Ausschuss als „unglaublich“, dass ein Dokument – auf welchem Wege auch immer – den Weg aus dem Datenraum des U-Ausschusses gefunden hat. Selbst habe er dieses Dokument auch einmal im U-Ausschuss vorgelegt. „Die Sache ist sehr aufklärungsbedürftig“, betonte Gerstl.