Israel: Coronavirus-Beauftragter ernannt

Nach heftiger Kritik an ihrem Krisenmanagement hat die israelische Regierung einen Coronavirus-Beauftragten ernannt. Ronni Gamzu, der den Sourasky-Medizinkomplex in Tel Aviv leitet, soll die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie koordinieren, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu heute mitteilte.

Das israelische Parlament hatte zuvor am Mittwoch trotz der Kritik ein Gesetz verabschiedet, das der Regierung weitreichende Kompetenzen bei der Eindämmung des Virus einräumt. Gamzu sei gut für die Aufgabe geeignet, hieß es in der Erklärung von Netanjahu. Er habe jahrelange Erfahrung im Gesundheitswesen, unter anderem als Verwaltungschef des Gesundheitsministeriums.

Erstmals mehr als 2.000 Neuinfaktionen an einem Tag

Erstmals seit Beginn der Pandemie wurden indes mehr als 2.000 Neuinfektionen an einem Tag registriert. Das Gesundheitsministerium teilte mit, am Vortag seien 2.033 Fälle gemeldet worden – ein Rekordhoch. Ein Wert von 2.000 Neuinfektionen pro Tag gilt als Marke für noch schärfere Einschränkungen bis hin zu einem kompletten „Lock-down“.

Insgesamt wurden in Israel mehr als 57.450 SARS-CoV-2-Infektionen registriert. Aktive Fälle gibt es derzeit mehr als 33.000, davon sind 302 Personen schwer erkrankt. 440 Menschen sind in Israel bisher nach einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben

Eigentlich anderer Beauftragter erwartet

Am Dienstag hatten israelische Medien noch übereinstimmend berichtet, Professor Gabi Barabash solle den Posten erhalten. Danach hieß es jedoch, es habe in letzter Minute Meinungsverschiedenheiten zwischen Netanjahu und Barabash gegeben. Die israelische Regierung steht wegen einer zweiten Coronavirus-Infektionswelle und ihres chaotischen Umgangs mit der Pandemie stark in der Kritik. Restaurants, Strände und Sportstudios wurden geschlossen, wieder geöffnet und dann wieder geschlossen.

Am Mittwoch verabschiedete das israelische Parlament, die Knesset, trotz der Kritik ein Gesetz, das der Regierung umfassende Befugnisse bei der Eindämmung des Virus einräumt und die Kontrolle durch die Knesset einschränkt. Zuvor hatte die parlamentarische Kontrollkommission mehrere Coronavirus-Beschränkungen der Regierung gestoppt. Die Abgeordneten hatten dem Gesundheitsministerium vorgeworfen, strikte Maßnahmen ohne wissenschaftliche Grundlage anzuordnen.

Regierung unter Druck

Das „Große Corona-Gesetz“ soll bis Juni 2021 in Kraft bleiben und ermöglicht der Regierung, weitreichende Maßnahmen bis hin zu Ausgangssperren zu verhängen. Der Chef der linken Oppositionspartei Merez, Nitzan Horowitz, nannte es „eine Schande“, dass das Parlament seine Macht an die Regierung abgebe. Die Beschränkungen haben zu einer Wirtschaftskrise geführt, die Arbeitslosenquote liegt bei mehr als 20 Prozent. In Tel Aviv und Jerusalem gibt es immer wieder Massenproteste gegen die Regierung.