Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Herbert Neubauer
„Fehler passiert“

Anschober kündigt Ministeriumsreform an

Rund 100 Rechtsschritte, darunter Erlässe und Verordnungen, sind in den vergangenen Monaten im Rahmen der Pandemie umzusetzen gewesen. Teile davon hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) vergangene Woche auf. Auch an der aktuellen Einreiseverordnung gab es harsche Kritik. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) reagierte nun darauf und kündigte am Dienstag eine Reform im Gesundheitsministerium an.

Im Zuge der Reform will Anschober etwa eine Umstellung des Ressorts durch seine Vorgängerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) rückgängig machen. Diese Organisationsreform habe die Krisenbewältigung geschwächt, kritisierte der Gesundheitsminister. Im kommenden Jahr will er auch das Epidemiegesetz aus dem Jahr 1913 auf neue Beine stellen.

Auch das juristische Team soll aufgestockt werden. Nach dem „Paukenschlag“ (Anschober) des VfGH, der Teile des Covid-Maßnahmengesetzes für unzulässig erklärte, müssen diese Formulierungen nun „schnell repariert werden“. Ziel sei, die Novelle im September im Nationalrat zu behandeln. Dafür werde es auch eine Begutachtung geben. Das Gericht bezog sich auf Formulierungen im Covid-Maßnahmengesetz und sah generelle Ausgangsverbote davon nicht gedeckt.

Abstandsregeln außer Kraft setzen

Laufende Verfahren in Bereichen, die vom VfGH aufgehoben wurden, werden laut Anschober eingestellt. Ein nachträglicher Straferlass werde geprüft, sei aber „rechtlich hochsensibel“.

Teil der VfGH-Beanstandungen waren auch die Abstandsregeln. Diese werden nun in den nächsten Tagen außer Kraft gesetzt. Damit wird österreichweit nicht mehr gestraft. Anschober appellierte dennoch zu Eigenverantwortung im Umgang mit Kontakten.

Auch ÖVP-Klubobmann August Wöginger kündigte bei einer anderen Pressekonferenz angesichts des jüngsten Spruchs der Verfassungsrichter Novellierungen an, „damit es die notwendigen rechtlichen Grundlagen gibt“. In den Ministerien werde nun geprüft, ob Novellierungen nötig sind. „Sollte es sie brauchen, sind wir jederzeit bereit, das umzusetzen.“

„Das war schlechte Arbeit“

Zudem sollen die Prozesse bei der Erstellung von Rechtsakten neu aufgestellt werden. Hintergrund dafür sind auch die Beanstandungen bei der Einreiseverordnung, die selbst Anschober kritisch sieht: „Das war schlechte Arbeit. Punkt.“ Es sei eine Reihe von Fehlern passiert. Anschober: „Das darf sich nicht wiederholen.“

Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt müsse umfangreicher vor der Veröffentlichung etwa von Verordnungen einbezogen werden. Dafür kündigte Anschober eine Weisung an. Das sei eine Holschuld aus seinem Ministerium gewesen, die bei der Einreiseverordnung nicht erfüllt worden sei. Es habe mit Rivalitäten und Unstimmigkeiten mit dem Verfassungsdienst aber nichts zu tun, betonte Anschober. Zudem brauche es externes Controlling. Die fehlerhafte Einreiseverordnung wird nun kurzfristig korrigiert. „Die Inhalte werden aber bleiben. Mittelfristig soll sie auf neue Beine gestellt und lesbarer werden“, so Anschober. Das sei wichtig, da es derzeit einige reiseassoziierte Cluster gebe.

Unterschiedlich interpretierbar

Juristen orteten erst am Montag „Schlampigkeit“ bei der aktuellen Einreiseverordnung. Sie sei zu ungenau und unterschiedlich interpretierbar. Die Verordnung wurde am späten Freitagabend erlassen und gilt seit Montag. Am Wochenende sorgte sie für Verwirrung und Missinterpretationen.

Es gilt nun, dass für die Rückkehr nach Österreich aus CoV-Risikogebieten ein verpflichtender PCR-Test notwendig ist. Liegt ein solcher bei der Einreise nicht vor, müssen die Betroffenen in Heimquarantäne und den Test innerhalb von 48 Stunden nachholen. Keinesfalls verlassen können die Quarantäne Drittstaatsangehörige – und zwar auch bei Vorlage eines negativen PCR-Tests, außer sie haben ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Während in einer ersten Presseunterlage die verpflichtende PCR-Testung erwähnt wurde, interpretierte man dann die Verordnung im Ministerium so, dass alternativ zum (nun doch obligatorischen) Test auch ein Verbleib in der zehntägigen Quarantäne möglich sei – und zwar ohne Testung. Das ist nun doch nicht der Fall. Der Test muss auf jeden Fall nachgeholt werden, so die finale Auskunft aus dem Gesundheitsministerium.

NEOS erfreut über „Selbsterkenntnis“

Es sei „positiv anzuerkennen, dass Gesundheitsminister Anschober Fehler zugibt und Besserung gelobt“, reagierte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. Das „chaotische Bild“ der vergangenen Woche sei aber „sicher nicht“ an zu wenigen Mitarbeitern gelegen. Loacker forderte einen „echten nationalen Schulterschluss“ und ein stärkeres Einbeziehen der Opposition.

Scharfe Kritik an der „Häufung von Fehlern“ in den CoV-Verordnungen des Sozialministeriums kommt von der FPÖ. „Wären einem freiheitlichen Minister solche Fehler passiert, gäbe es ein Rauschen im Blätterwald und es würde Rücktrittsforderungen hageln“, kritisierte Parteichef Norbert Hofer in einer Aussendung. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei die Kontrolle über seine Regierung entglitten.