Casinos Austria und Österreichische Lotterien Zentrale
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Casinos Austria

Nachfolge für Rothensteiner gesucht

Nachdem Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner am Dienstag seinen Abgang als Aufsichtsratschef der Casinos Austria (CASAG) angekündigt hat, wollen die Eigentümer „zeitgerecht“ über die Nachbesetzung entscheiden. Gemäß einem Syndikatsvertrag wird wohl ÖBAG-Chef Thomas Schmid bei der Auswahl ein Wörtchen mitzureden haben.

In dem Syndikatsvertrag zwischen den beiden Großaktionären, der tschechischen Sazka-Group (55 Prozent) und der Österreichischen Beteiligungs AG (33 Prozent), wurde unter anderem festgelegt, dass die ÖBAG das Recht erhält, die Leitungsfunktionen in Vorstand und Aufsichtsrat zu besetzen. ÖBAG-Alleinvorstand ist Schmid, der davor Kabinettschef und Generalsekretär unter ÖVP-Finanzministern war. Schmid ist auch selbst Parteimitglied der ÖVP, wie er im „Ibiza“-U-Ausschuss auf Nachfrage bestätigte. Die ÖBAG verwaltet die milliardenschweren Anteile des Bundes, wie etwa an den Casinos Austria, an der OMV, der Telekom und der Post.

Am Dienstag kündigte Rothensteiner an, dass er nach fast 25 Jahren als Chef des Aufsichtsrats seinen Vertrag nicht verlängern wird. Zu den Gründen für diese Entscheidung kursierten zunächst unterschiedliche Einschätzungen, Rothensteiner wies jene, dass er sich den U-Ausschuss nicht mehr antun wolle, als „Blödsinn“ zurück, wie der Manager dem „Kurier“ mitteilte. „Nachdem sich die Mehrheitsverhältnisse bei den Casinos komplett verändert haben, ist es Zeit für neue Leute“, sagte er. Das Finanzministerium, das über die ÖBAG die Anteile an der CASAG hält, sei bereits Mitte Juli informiert worden.

Walter Rothensteiner
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Rothensteiner wird die Casinos Austria verlassen, mehr als 30 Jahren war er Aufsichtsrat, seit 25 Jahren Chef des Kontrollgremiums

Berichte: Siemens-Österreich-Chef als Nachfolger

Rothensteiner musste im U-Ausschuss zu Postenschacher-Vorwürfen unter der ÖVP-FPÖ-Regierung – die Bestellung von Ex-FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos – Stellung nehmen, außerdem gab es auch bei ihm und seinem Aufsichtsratskollegen Josef Pröll (ÖVP) in der Causa Casinos Hausdurchsuchungen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führt Rothensteiner, wie viele andere prominente (Ex-)Politiker und Manager, in der Causa als Beschuldigten. Rothensteiner werden strafbare Handlungen im Zusammenhang mit der Bestellung Sidlos vorgeworfen, auch die millionenschweren Ablöseverträge mit zwei Ex-Casinos-Vorständen, die er unterzeichnet hat, hat die Justiz im Visier. Rothensteiner hat bisher alle Vorwürfe bestritten, es gilt die Unschuldsvermutung.

Bis Herbst muss nun ein Nachfolger für Rothensteiner bei den Casinos gefunden werden. Von der ÖBAG hieß es dazu nur: „Die Aktionäre der Casag werden ihrer Verantwortung, eine geeignete Nachfolge zu bestimmen, ordnungsgemäß nachkommen.“ Das Finanzministerium bestätigte den Rücktritt Rothensteiners: „Herr Rothensteiner hat uns darüber informiert, dass er seine Funktion im September nicht verlängern wird. Wir nehmen den Rücktritt zur Kenntnis und bedanken uns bei Walter Rothensteiner für seinen jahrelangen intensiven Einsatz im Sinne des Unternehmens und der Steuerzahler. Über die Nachfolge wird zeitgerecht von den zuständigen Gremien der ÖBAG entschieden“, so das Finanzressort in einer Stellungnahme.

Thomas Schmid beim „Ibiza“-U-Ausschuss
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ÖBAG-Chef Thomas Schmid war ebenfalls schon Auskunftsperson im „Ibiza“-U-Ausschuss

Als Rothensteiner-Nachfolger bei den Casinos hatte die ÖBAG bereits vor einigen Monaten versucht, Ex-Erste-Chef Andreas Treichl zu gewinnen, dieser hat aber abgesagt. Der „Kurier“ und der „Standard“ berichteten bereits über einen weiteren Namen: Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun. Weder das Finanzministerium noch die ÖBAG wollten „etwaige Gerüchte“ über die potenziellen Nachfolger bzw. Nachfolgerinnen kommentieren. Auch die Sazka-Gruppe hielt sich bei „etwaigen Spekulationen rund um die Nachbesetzung des Aufsichtsratsvorsitzes“ zurück. Rothensteiner wünschte der tschechische Konzern in einer schriftlichen Stellungnahme „weiterhin alles Gute und viel Erfolg“, sein „Engagement und seine Amtsführung waren stets professionell und zum Wohle des Unternehmens“.

FPÖ schießt sich auf Schmid ein

Rothensteiner ist seit 1989 Aufsichtsrat und seit 1996 Chef des Kontrollgremiums der CASAG. Bei den Lotterien ist er seit 1999 Mitglied und seit 2001 Vorsitzender des Aufsichtsrats. Der Honorarkonsul der Republik Singapur in Österreich hat seine Karriere bei der Raiffeisenlandesbank Wien-Niederösterreich begonnen. Von 1995 bis 2017 war Rothensteiner dann Vorstandschef und Generaldirektor der Raiffeisen Zentralbank Österreich, die mittlerweile in der RBI (Raiffeisen Bank International) aufgegangen ist. Der gebürtige Sankt Pöltener gilt als bestens mit der Politik und der ÖVP vernetzt.

Die FPÖ nahm den Abgang von Rothensteiner zum Anlass für neuerliche Kritik an ÖBAG-Chef Schmid. Dieser dürfe keinesfalls über die Nachfolge Rothensteiners entscheiden. „Er ist selbst Beschuldigter im CASAG-Verfahren, jede Aktivität Schmids hinsichtlich dieses Unternehmens ist unter dieser Voraussetzung völlig undenkbar“, so FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst, Mitglied im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss, am Dienstag in einer Aussendung.

Nach allen aktuellen Ermittlungsergebnissen sei Schmid zudem „die Spinne im schwarzen Postenschacher-Netzwerk“ und aus diesem Grund „generell völlig ungeeignet, Personalentscheidungen für die Republik zu treffen“, so Fürst. Schmid dürfte „nicht einmal davor zurückgeschreckt sein, seine eigene Beförderung an die ÖBAG-Spitze durch entsprechende Beeinflussung der Ausschreibung massiv anzukurbeln“, so die FPÖ-Mandatarin mit Blick auf jüngste Medienberichte.

„Ich glaub, ich spinn“

Einen Rücktritt von der Spitze des Aufsichtsrates hatte Rothensteiner nach eigenen Angaben bereits in der Vergangenheit ins Auge gefasst. Er habe aus „persönlicher Empfindlichkeit“ wegen der Art, wie Sidlo mit ihm gesprochen habe, den Aufsichtsratsvorsitz zurücklegen wollen, sagte der Manager bei seiner Befragung im U-Ausschuss. Im Vorfeld der Bestellung habe es mit Sidlo „Begegnungen“ gegeben, bei denen ihm „die Art und Weise, wie Herr Sidlo mit mir sprach“, als unpassend erschienen war.

Sidlo habe ihn etwa gefragt, ob es für die FPÖ auch einen Job in der CASAG gebe. „Da bin ich ausgeflippt“, so Rothensteiner. Später sei dann Novomatic-Chef Harald Neumann zu ihm gekommen, um ihn über die Bestellung in Kenntnis zu setzen. Seine Reaktion damals: „Ich glaub, ich spinn“, so Rothensteiner. Politische Interventionen ihm gegenüber habe es allerdings keine gegeben. Auch eine Abmachung zwischen FPÖ und Novomatic sei ihm nicht bekannt, so der Aufsichtsratschef gegenüber dem U-Ausschuss im Juni.

Thema der Befragung war damals auch der Besuch Rothensteiners beim Sektionschef des Justizministeriums, Christian Pilnacek, im Jänner 2020. Rothensteiner wies zurück, dass er bei dem damaligen Termin – gemeinsam mit seinem Aufsichtsratskollegen Pröll – versucht habe, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen. Das sei „lebensfremd“, so der Manager. Er sei aber schon lange mit Pilnacek bekannt und habe bei dem Termin seine Betroffenheit zum Ausdruck gebracht, dass er sein Handy so lange nicht wiederbekomme. Er habe schließlich „noch nie so etwas (ein Verfahren, Anm.) gehabt“, sagte Rothensteiner.